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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert
Autoren: Anna Kashina
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noch etwas hörte Skip: gedämpften Hufschlag.
     Pferde, die über die Ebenen galoppierten.
    »Lauft!«, kommandierte sein Bruder.
    Sie waren schon durch die Hecke und fünfzig Schritt weit im Wald, ehe sie es schließlich wagten, anzuhalten und Atem zu holen.
     Acht Lidschläge darauf lagen sie wieder in der vertrauten Sicherheit der wogenden Tentakelgewächse auf dem Boden und beobachteten.
    Die drei Männer in den schwarzen Kapuzenmänteln waren zurückgekehrt. Einer von ihnen war abgesessen und beugte sich über den
     Leichnam des Edelmanns.
    Ein Eissplitter fuhr Skip ins Herz. »Glaubt ihr, die haben uns gesehen?«, hauchte er.
    Niemand antwortete ihm.
    Draußen im Grasland gerieten die Kapuzenmänner in Panik – auch sie hatten jetzt die heraneilenden Cha’ori bemerkt. Ihr Anführer
     gestikulierte mit beiden Händen und beendete damit wohl eine hitzige Diskussion. Die Mörder schwangen sich auf ihre Reitechsen
     und preschten erneut in nördlicher Richtung davon. Dieses Mal nahm der Cha’ori-Spähtrupp |22| die Verfolgung auf, doch Skip wusste, dass die falschen Priester davonkommen würden. Echsen-Ungeheuer waren wirklich um vieles
     schneller als Pferde.
    Zwei Cha’ori-Reiter blieben zurück und nahmen den Leichnam in Augenschein. Rasch wickelten sie ihn in seinen Mantel und legten
     ihn quer über den Rücken des Kastanienbraunen, den sie vorhin eingefangen hatten. Und abermals waren sie binnen weniger Augenblicke
     verschwunden wie Spukbilder. Einsam und verlassen lagen die Grasebenen, ein gigantischer Ozean, dessen Oberfläche der Wind
     peitschte.
    Skip zog mit spitzen Fingern das Päckchen aus seiner Tasche und zeigte es Erle und Ellah: Ein schmales Lederbündel, zusammengehalten
     von einer Schnur. Der Knoten war mit Wachs umhüllt, und darin eingeprägt prangte ein Siegel, das an ein Schloss mit einem
     quer darübergelegten Schlüssel erinnerte.
    »Und jetzt?«, murmelte Skip unsicher. »Sollen wir zurückgehen und es da draußen wegwerfen?«
    »Das geht nicht!«, protestierte Ellah. »Wir müssen jetzt in die Sumpfstadt. Wir sind schon viel zu spät dran.«
    »Der Mann da draußen ist gestorben, weil er dieses Päckchen überbringen wollte.«
    In Ellahs Augen glomm eine weitere unausgesprochene Drohung. Skip atmete tief durch und zupfte sich, wie stets, wenn er nervös
     wurde, am linken Ohrläppchen.
    Erle spuckte aus und traf einen herankriechenden Tentakel. »Ich sag euch, was wir tun!«, brummte er schließlich. »Warum sehen
     wir nicht einfach nach, was da drin ist?«
    »Nein!«, rief Ellah und stampfte mit dem Fuß auf. »Es gehört uns nicht! Bruder Nikolaos würde es merken, wenn es geöffnet
     worden ist!«
    Skip drehte und wendete das Päckchen in seiner Hand. Wahrscheinlich hatte sie recht – es war unmöglich aufzubekommen, ohne
     das Siegel zu zerbrechen. Es sei denn   ...
    |23| Er untersuchte es genauer. Auf der Rückseite hatte sich die Schnur verdreht und mehrfach verheddert, als sei das Päckchen
     in großer Eile geschnürt worden. Aber das war kein Zufall. Skip wusste plötzlich, dass er so etwas schon einmal gesehen hatte.
     Er hielt seinem Bruder das Päckchen hin. »Was meinst du?«
    »Kenne ich«, murmelte Erle. »Nennt man Totmann’s Schlinge. Kein Problem.«
    Das kleine Päckchen verschwand nahezu in Erles großer Hand. Geschwind dröselte er das komplizierte Gewirr auseinander. Die
     lederne Umhüllung fiel zu Boden.
    »Gesegneter Shal Addim!«, entfuhr es Ellah.
    Sie alle starrten verblüfft.
    Am ehesten sah das Ding, das zum Vorschein gekommen war, noch wie eine Waffe aus. Kaum größer als eine Handfläche, das Zentrum
     ein Quadrat, dessen vier Ecken in gefährlich geschwungenen Zacken ausliefen, wies es einige Ähnlichkeit mit dem Heiligen Stern
     auf. Und doch glichen die langgezogenen, scharf geschliffenen stählernen Spitzen auf ganz beunruhigende Art und Weise gefährlichen
     Messerklingen. Es war, als habe jemand vier Wurfmesser genommen, die Griffe abgesägt und die Klingen zu einem Zerrbild des
     heiligen Allschöpfer-Symbols und seiner Kirche verschmolzen. Im Zentrum des Gegenstandes erkannte man ein filigranes Muster
     aus Gold. Und dort, im Mittelpunkt des Quadrats, funkelte ein weißer Stein so strahlend hell wie ein Regenbogen.
    »Was in aller Welt ist das?«, entfuhr es Skip.
    »Es ist wunderschön.« Andächtig berührte Ellah das Ding.
    Ein fernes Wiehern riss sie aus ihrer Versunkenheit.
    »Burka!«
    Skip war der erste, der zur Straße
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