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Das erste Jahr ihrer Ehe

Das erste Jahr ihrer Ehe

Titel: Das erste Jahr ihrer Ehe
Autoren: Anita Shreve
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Söhne, von denen der eine, ein Teenager, schon jetzt gelangweilt schien, während der andere, vielleicht zehn oder elf, aufgeregt herumsprang und es offenbar kaum erwarten konnte, die Löwen zu sehen.
    In einer anderen Gruppe bohrte eine Frau, die der Sprache nach aus dem Mittleren Westen der USA kam, mit einem Zahnstocher in ihrem Gebiss herum. Sie sei völlig fertig, erklärte sie, von der Anstrengung, den Inhalt von vier Koffern in zwei hineinzuquetschen. Mehr Gepäck war auf einer Safari nicht erlaubt.
    »Ich bin immer noch ganz außer Atem«, sagte sie.
    »An welchem Tag ist dieses Jahr eigentlich die Antrittsrede?«, fragte der Mann neben ihr.
    »Welche Antrittsrede?«
    »Na, die von Jimmy Carter. In Amerika.«
    »Woher soll ich das wissen?«
    Ein anderer Mann stellte einen Koffer zu denen, die auf ihre Abholung warteten.
    »Ich hab nur diesen kleinen Koffer mit«, bemerkte er. »Was Sie hier an mir sehen, werde ich die nächsten drei Tage anhaben.«
    Margaret sah blaue Turnschuhe, eine braun-weiß gemusterte Hose und ein weiß gepaspeltes rotes Polohemd.
    »Ich hab gehört, dass es da Unmengen Elfenbein gibt«, sagte er.
    Margaret trank im Thorn Tree Café ein großes Glas Eistee. Nie, schien ihr, hatte ihr Eistee so gut geschmeckt. Sie rieb die Minze zwischen den Fingern und las die Nachrichten am Schwarzen Brett neben ihr. Sheenaz, ich brauche meine Waschmaschine wieder. Peter Shandling, wenn Sie diese Nachricht erhalten, melden Sie sich bitte bei Mark im New Stanley Hotel. Gesucht: Bedienungen für ein Fest der Schweizer Botschaft am 19. Fragen Sie im InterContinental nach Roger.
    Im Thorn Tree Café war es einer Afrikanerin nicht gestattet, ohne männliche Begleitung an einem Tisch Platz zu nehmen. Tat sie es doch, wurde sie aufgefordert, das Lokal zu verlassen. Es spielte keine Rolle, ob sie Bankerin, Journalistin oder Unternehmerin war und vielleicht genauso heftig nach einem großen Glas Eistee lechzte wie Margaret. Afrikanerinnen konnten nur Prostituierte sein.
    Ein dunkelhäutiger Mann in einer bestickten Kufiya und einer Jacke mit Nehrukragen starrte sie so unverfroren an, dass es ihr nicht möglich war, ihn genauer zu beobachten. Von den Sprachen, die sie um sich herum hörte, konnte sie fünf identifizieren: Englisch, Swahili, Urdu, Deutsch und Französisch. Es mussten, dachte sie, noch mindestens vier oder fünf weitere darunter sein, die sie nicht einordnen konnte.
    Sie sah sich die Speisekarte an. Die Preise waren beeindruckend. Merkten die Touristen eigentlich nicht, dass sie geneppt wurden?
    Am Nebentisch erklärten vier Leute dem Kellner ihre Wünsche in so übertriebenem Detail, als verstünde er kein Wort Englisch. Nachdem er gegangen war, verdrehte eine der Frauen die Augen.
    Zu Margarets Linken unterhielten sich zwei afrikanische Studenten in ausgezeichnetem wenn auch nicht akzentfreiem Englisch. Den größten Teil des Gesprächs bekam sie nicht mit, aber sie schnappte etwas auf, das sie entsetzte. In der Universität seien fünfzig Studenten verhaftet worden, berichtete einer der jungen Männer. Sie seien alle umgebracht und in einem Massengrab verscharrt worden.
    Margaret konnte es nicht glauben. War das ein Gerücht oder war es eine Tatsache? Wenn es stimmte, wieso wussten dann sie und Patrick und alle anderen nichts davon? Wieso stand es nicht in allen Zeitungen? Margaret saß ganz still und versuchte, mehr zu hören, aber die Studenten sagten nichts mehr. Vielleicht hatte einer von ihnen bemerkt, dass sie lauschte. Vielleicht hatte der andere zum Schweigen gemahnt.
    Auf ihrer Suche nach dem Stiefelgeschäft übersah Margaret zwei Mal das diskrete Schild, das nicht gerade dazu gedacht war, Kunden anzulocken. Sie öffnete endlich die Tür aus glänzendem Holz und nahm die Sonnenbrille ab, als sie in den Laden trat. Etwas Besseres würde in Nairobi wohl nicht zu finden sein, wenn man ein Geschäft für Maßkonfektion suchte. Die Männer hinter den Verkaufstischen und in dem kleinen Ladenraum waren Weiße. Ihr fiel gleich auf, dass neben Herrenbekleidung auch Damenmode ausgestellt war. Sie würde sich nicht auf Arthur berufen, auch wenn sie beim Abendessen vielleicht würde sagen müssen, sie hätte es getan und wäre daraufhin hervorragend bedient worden.
    Sie konnte sich in Ruhe umschauen, ohne dass jemand sie ansprach. Aber dann musste sie doch um Hilfe bitten. Sie brauche Wanderstiefel, erklärte sie. Sie wolle in zehn Tagen auf eine Klettertour gehen und brauche etwas Festes, aber
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