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Das Erbe

Das Erbe

Titel: Das Erbe
Autoren: Krystyna Kuhn
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konnte. Endlich das Geräusch von Hubschraubern, die ewig am Himmel zu kreisen schienen. Vor ihrem inneren Auge sah sie Security und Polizei durch das Gebäude schleichen, die Waffen im Anschlag.
    Ab und zu nahmen sie von draußen Schritte wahr, irgendjemand rüttelte an der verschlossenen Tür. Und wenn die Schritte verklangen, kam für einen kurzen Moment das Gefühl auf, in Sicherheit zu sein. Oder auch nicht, dachte Rose.
    Sie versuchte, ein Stöhnen zu unterdrücken. Das Schlimmste war, dass sie keine Informationen hatten. Hätte sie doch nur ihr Handy nicht draußen abgegeben! Hätte sie doch nicht wie immer brav ihre Pflicht getan.
    Ein Handy.
    Ihr fiel wieder ein, wie Chris sein Smartphone aus der Tasche gezogen hatte.
    »Chris?«
    Keine Antwort.
    »Chris, wo bist du?«
    »Wir sind hier«, hörte sie Julia flüstern.
    »Wo ist hier?«
    »Ganz hinten, am letzten Fenster.«
    Rose versuchte, Debbies Hand aus ihrer zu lösen, aber die Fingernägel ihrer Mitbewohnerin krallten sich in ihre Handfläche.
    »Debbie«, flüsterte sie, »lass mich los. Chris hat ein Handy, verstehst du? Wir können Kontakt nach draußen aufnehmen.«
    Debbie zögerte, aber dann spürte Rose, wie ihre Hand freigegeben wurde.
    Sie kroch auf den Knien ganz nach hinten. Ihre Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt. Durch die Rollläden drangen Lichtpunkte und sie erkannte Julia, die sich an Chris klammerte.
    »Ich weiß, du hast ein Handy, Chris. Wir müssen versuchen, nach außen Kontakt aufzunehmen.«
    »Was meinst du, was ich die ganze Zeit versuche?«, zischte er. »Ich erreiche den Sicherheitsdienst nicht. Und den Notruf auch nicht.«
    »Versuch es noch einmal.«
    Er zog das Handy aus der Hosentasche, wählte. Wartete. Schüttelte den Kopf, probierte es erneut und ließ das Handy schließlich sinken.
    »Ich komme nicht durch. Ich tippe mal, das Netz ist zusammengebrochen.«
    »Vermutlich versucht das ganze College zu telefonieren«, erklärte Julia. »Probier es mit einer SMS. Bei David oder Robert.«
    Hektisch wischte Chris über das Display und begann, eine Nachricht zu tippen. Seine Hände zitterten über der Tastatur, als er plötzlich unterbrochen wurde.
    »Gib mir das Handy.«
    Es war Tom und er war der Einzige, der nicht auf dem Boden lag oder versuchte, sich zu verstecken.
    »Geh in Deckung, Tom«, flüsterte Rose.
    Er ignorierte sie, weshalb sie sich aufrichtete und lauter zischte: »Leg dich auf den Boden.«
    Diesmal schien er sie gehört zu haben, doch anstatt zu tun, was sie sagte, verzog sich sein Gesicht zu einem breiten Lächeln.
    »Gib mir das Handy«, wiederholte er.
    »Meinst du, du hast Zauberkräfte? Wenn ich nicht durchkomme, dann du auch nicht.«
    »Ich sehe tote Menschen«, sagte Tom und hob die Hände. Er machte eine Pause und fuhr dann fort: »Die ganze Zeit. Sie sind überall.«
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis Rose das Zitat erkannte. The Sixth Sense.
    Plötzlich spürte sie einen seltsamen Druck in ihrem Magen. Etwas stimmte nicht. Sie konnte Toms Gesicht nur undeutlich erkennen, aber da war etwas an seiner Haltung, was sie erschreckte. Ihr schien, als strahle sein ganzer Körper Kälte aus. Eine Kälte, die auch aus seiner Stimme sprach, als er erneut befahl. »Das Handy, Chris.«
    Rose hörte einen Piepton. Chris hatte es geschafft, die SMS zu verschicken.

4. Im Zeichen der Ringe
    Ich steckte den Schlüssel in das kleine Schloss im Fahrstuhl und zögerte einen Moment. Ich war seit gut einem Jahr nicht mehr in dem versteckten Untergeschoss gewesen. Genauer gesagt seit dem Tag, an dem wir dem Labyrinth entkommen waren. Das Geschoss war normalerweise für die Studenten gesperrt, vermutlich, weil sich hier der Server für die Computeranlage befand. Zudem hatte die Security ihre Umkleidekabinen und Besprechungsräume dort unten. Wenn wir jemandem begegneten, dann würden Fragen folgen und ich hatte nicht die Absicht, in irgendwelche Schwierigkeiten zu geraten.
    Robert dagegen wurde nur von einem Gedanken beherrscht und nahm mein Zögern gar nicht wahr.
    »Rob, ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.«
    »Dreh schon den Schlüssel um. Wir haben nur einen Tag, um herauszufinden, ob ich auf dem richtigen Weg bin.« Robert wartete ungeduldig, bis ich das Schloss entriegelt hatte, dann drückte er die Taste auf dem Fahrstuhl, die nicht beschriftet war.
    Mit einem fast unhörbaren Surren fuhr der Fahrstuhl in die Tiefe. Es dauerte nicht lange, dann kam er wieder zum Stillstand. Die Tür schob sich lautlos
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