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Das Erbe des Atoms

Das Erbe des Atoms

Titel: Das Erbe des Atoms
Autoren: A. E. van Vogt
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Menschenmengen um den Palast. Die Palastwachen hielten das Volk zurück, mußten sich aber schließlich hinter die Tore zurückziehen, und der Haushalt des Oberherrn bereitete sich auf eine Belagerung vor. Als das Pandämonium eine Stunde später seinen Höhepunkt erreicht hatte, kehrte Joquin, der unten in der Stadt gewesen war, durch einen unterirdischen Tunnel ins Schloß zurück und erbat die Genehmigung, zur Menge zu sprechen. Der Oberherr sah ihn lange und forschend an, dann nickte er. Joquin trat auf einen Balkon hinaus und sprach in die fächerförmig angeordneten Megaphone, die für Ansprachen an große Volksmengen fest installiert waren.
    Noch bevor er den Mund öffnete, begann die Menge zu brüllen: »Ein Gelehrter! Es ist ein Gelehrter!«
    Joquin hob seine Hand. Und sofort wurde es still, und er sah darin einen Hinweis, daß der Aufruhr so gut wie beendet war. Die Menge war lenkbar.
    Er gab sich keinen Illusionen über einen möglichen Erfolg hin, sollte die Menge doch noch den Palast angreifen. Er wußte, daß Brieftauben zu den drei Legionen unterwegs waren, die außerhalb der Stadt in Garnison lagen. Bald würde eine disziplinierte Streitmacht durch die Straßen marschieren, begleitet von Kavallerieeinheiten, deren Feldzeichen einen bedrohlich aussehenden riesigen Vogel aus mythischer Zeit darstellte, der Adler genannt wurde. Es war wichtig, daß die Menge sich verlief, bevor diese trainierten Killer den Schauplatz erreichten.
    »Bürger von Linn«, rief er mit klarer, zuversichtlicher Stimme, »ihr habt heute einen Beweis für die Macht der Götter gesehen.«
    Rufe und Geräusche, die einem vielstimmigen Stöhnen ähnelten, antworteten ihm. Dann herrschte wieder Stille. Joquin fuhr fort: »Aber ihr habt die Bedeutung der göttlichen Zeichen falsch gelesen.«
    Diesmal blieb alles still.
    »Wenn die Götter«, rief er, »den Oberherrn mißbilligten, so hätten sie statt vier von ihren eigenen Tempeln ebenso leicht seinen Palast zerstören können. Es ist nicht der Oberherr, dessen Handlungen die Götter verstimmt haben. Es ist vielmehr die Tatsache, daß gewisse Tempelgelehrte in letzter Zeit versucht haben, die Tempel in vier verschiedene Gruppen aufzuspalten, von denen jede nur einen der vier Götter verehren sollte. Das, und das allein ist der Grund für den Protest, den die Götter heute erhoben haben.«
    Jemand rief: »Aber dein Tempel war unter den zerstörten.«
    Joquin zögerte. Er legte keinen Wert darauf, ein Märtyrer zu sein. Er hatte zwei von den Briefen gesehen, die Alden verfaßt hatte – sie stammten von den zwei Tempeln, die seinen Befehlen nicht gehorcht hatten –, und er hatte persönlich beide Briefe vernichtet. Er war nicht sicher, wie er die Tatsache rational erklären sollte, daß eine rein mechanische Vereinigung von Götterstoff die Explosion verursacht hatte. Aber wenigstens eins war gewiß: Die Götter hatten nie etwas dagegen gehabt, zu viert in einem Tempel verehrt zu werden, und da dieser Status der einzige war, der es den Gelehrten ermöglichte, stark zu bleiben, könnte das Geschehene die Art der Götter sein, den Menschen zu zeigen, daß sie es so wollten.
    Joquin begriff mit Unbehagen, daß seine Überlegung eine Art von Sophisterei war. Aber dies war nicht die Zeit, den Glauben zu verlieren. Er neigte seinen Kopf in demütiger Gebärde, blickte dann auf und sagte: »Freunde, ich bekenne, daß ich zu denjenigen gehörte, die eine getrennte Verehrung der Götter wünschten. Es schien mir, daß die Götter es begrüßen würden, wenn jeder in seinem eigenen Tempel residiert. Ich war im Irrtum.«
    Er machte eine halbe Wendung zum Palast hinter ihm, wo weitaus bedeutendere Ohren als die in der Menge unten seiner Rede lauschten. »Ich weiß, daß jeder, der wie ich an die separatistische Häresie glaubte, ebenso fest meine Überzeugung teilt, daß weder die vier Götter noch ihr Volk eine solche Blasphemie dulden würden. Und nun, ihr guten Leute, geht nach Hause, bevor es zu weiteren Ausschreitungen kommen kann. Ich wünsche euch alles Gute.« Er hob seine Hände in einer segnenden Gebärde, dann machte er kehrt und verließ den Balkon.
    Der Oberherr war ein Mann, der Notwendigkeiten zu akzeptieren wußte. »Es bleibt eine ungeklärte Frage«, sagte er später. »Welches ist Ihr wahrer Grund, das Kind meiner Schwiegertochter am Leben zu erhalten?«
    Joquin sagte einfach: »Ich wollte schon lange sehen, was geschehen würde, wenn ein Kind der Götter eine normale Erziehung
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