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Das Erbe des Atoms

Das Erbe des Atoms

Titel: Das Erbe des Atoms
Autoren: A. E. van Vogt
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und Ausbildung erhält.«
    Das war alles, was er sagte. Und es war genug. Der Oberherr saß mit geschlossenen Augen und überdachte die Möglichkeiten. Zuletzt nickte er langsam.
     

 
5.
     
    Schon als Säugling hatte Clane das Gefühl: Ich bin nicht erwünscht. Niemand mag mich.
    In der Behandlung durch die Sklavinnen, die ihn umsorgten, spiegelte sich der Antagonismus der Eltern. Sie wußten sehr gut, daß die Mutter und der Vater selten ihr Neugeborenes besuchten. Gelegentlich blieb die winzige Mutation stundenlang völlig allein. Und wenn seine Pflegerinnen Clane dann durchnäßt und kotbeschmiert fanden, waren sie nicht zu Freundlichkeit und Geduld aufgelegt.
    Hände, die durchaus der Zärtlichkeit fähig waren, wurden derb und energisch, wenn sie ihn berührten. Und tausend Augenblicke unsanfter Behandlung wurden so allmählich ein Teil seines Bewußtseins von der Umwelt, in der er lebte.
    Später, als die Worte der Erwachsenen einen Sinn zu ergeben begannen, gab es vorübergehend eine Veränderung in seinem Zustand. In seiner Unschuld sagte er Joquin Dinge, die diesem wackeren Mann zu der Erkenntnis verhalfen, daß die Sklavinnen seine Instruktionen mißachteten. Bohrende Fragen vervollständigten das Bild soweit, daß die pflichtvergessenen Sklavinnen ihrerseits den Unmut eines Mächtigeren zu fühlen bekamen und unter Peitschenhieben gehorchen lernten.
    Dennoch gab es Rückschläge in der sich entwickelnden Fähigkeit des Jungen, seine Umwelt zu verstehen. Als er drei oder vier Jahre alt war, erkannte Clane, daß er anders war. In einer unübersehbaren, schrecklichen Art und Weise anders. Zwischen dem vierten und sechsten Lebensjahr erlitt seine geistige Gesundheit einen Kollaps nach dem anderen, und jedesmal war es das Verdienst des alternden Gelehrten, daß er sich wieder erholte. Bald begriff Joquin, daß drastische Mittel notwendig waren, wenn Geist und Seele des Jungen gerettet werden sollten.
    »Es sind die anderen Kinder«, sagte Joquin eines Tages dem Herrscher, zitternd und weiß vor zorniger Erregung. »Sie quälen ihn. Sie schämen sich seiner. Sie hänseln ihn, wo sie können. Sie machen meine ganze Arbeit zunichte.«
    Der Oberherr betrachtete den Tempelmann mit einiger Verwunderung. »Nun, auch ich schäme mich seiner, schäme mich der bloßen Idee, einen solchen Enkel zu haben.« Nach einem Moment fügte er hinzu: »Ich fürchte, Joquin, daß Ihr Experiment mit einem Fehlschlag enden wird.«
    Nun war es Joquin, der den anderen verwundert anstarrte. In den sechs Jahren, die seit der Krise um die Tempel der Atomgötter vergangen waren, hatte er gelernt, den Oberherrn mit anderen Augen zu sehen. Während dieser Jahre war ihm zum ersten Mal klargeworden, daß er hier den größten Ziviladministrator seit legendären Zeiten vor sich hatte. Alter und Erfahrung hatten ihm zudem zu einer nahezu objektiven Betrachtung des Lebens und der Welt verholfen. Das war jetzt wichtig. Wenn Clane gerettet werden sollte, war die Unterstützung des Herrschers von Linn notwendig. Der Oberherr schien erkannt zu haben, daß Joquins Besuch einen bestimmten Zweck hatte. Er lächelte grimmig.
    »Was wollen Sie, daß ich tue? Ihn aufs Land schicken, wo er in Abgeschiedenheit von Sklaven aufgezogen werden kann?«
    »Das«, sagte Joquin, »wäre fatal. Normale Sklaven verabscheuen die Mutationen genauso, wie die Freien es tun. Der Kampf um seine gesunde geistige Entwicklung muß hier in der Stadt ausgefochten werden.«
    Der andere wurde plötzlich ungeduldig. »Nun, dann bringen Sie ihn zu den Tempeln, wo Sie nach Herzenslust an ihm arbeiten können.«
    »Die Tempel«, sagte Joquin, »sind voll von ungebärdigen, rüpelhaften Tempelschülern. Das Leben in ihrer Gemeinschaft wäre in diesem Alter die Hölle für ihn.«
    Der Herrscher blickte finster. Er merkte, daß er hingehalten wurde, was in diesem Fall bedeutete, daß Joquins Ansuchen schwierig zu erfüllen sein würde. Die ganze Affäre begann lästig zu werden. »Ich fürchte, alter Mann«, sagte der Oberherr ernst, »daß Sie in dieser Angelegenheit nicht vernünftig sind. Der Junge ist wie eine Treibhauspflanze. Sie können die Kinder von Menschen nicht so aufziehen. Sie müssen imstande sein, die Härten und Schwierigkeiten des Zusammenlebens mit ihren Mitmenschen auszuhalten, selbst wenn sie jung sind.«
    »Und was«, fuhr Joquin auf, »ist dieser Euer Palast anders als ein Treibhaus, wo die Kinder Eures Hofstaats aufwachsen, abgeschirmt gegen das rohe und
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