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Das Erbe der Vryhh

Das Erbe der Vryhh

Titel: Das Erbe der Vryhh
Autoren: Jo Clayton
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wenige Siedlungen sich nur auf einen Teil des Kontinents beschränken. Nun, Grey suchte jenen Ort auf, verbrachte dort einige Tage, sah sich um - und verschwand. Er ging in den Wald und kehrte nicht zurück. Du kennst Ticutt ja. Methodik ist ein Teil seines Wesens. Er machte das Schiff Greys zu einem Komsatelliten und übermittelte jeden Abend codierte Meldungen, die an uns weitergeleitet wurden. Dann ging er ebenfalls in den Wald, wie vor ihm Grey. Und es trafen keine Berichte mehr ein. Das war vor drei Monaten. Die Pajungg stellen mir dauernd Fragen. Sie sind sehr betrübt. Aber ich habe auf dich gewartet. Hagan hat sich in seiner Zungenfertigkeit geübt - bis Sybille sich bei ihm erkundigte, ob er sich freiwillig melden
    wolle.«
    »Hm.« Aleytys setzte sich auf. »Und jetzt möchtest du, daß ich mich auf den Weg mache.«
    »Vorausgesetzt, du bist dazu bereit.«
    Eine angespannte Stille entstand. Das Knistern des Feuers schien lauter zu werden, und in der Flammenglut zischte und knackte es. Der Wind ließ die Spitzen von Adoradeezweigen und ranken über die hohen und schmalen Fenster hinwegschaben. Das Leder seufzte unter Aleytys, als sie ihr Gewicht verlagerte. »Du weißt sicher, wie wenig Grey davon hielte, wenn ich ihm nachlaufe wie eine überängstliche Mutter ihrem unvorsichtigen Kind.
    Madar, Canyli!« Mit der einen Hand schlug sie auf die Armlehne des Sessels - ein jähes Klatschen. Linfyar verschluckte sich, spuckte Cha auf sein Bein, zuckte zusammen und rieb sich den Pelz mit einer Serviette ab, die Shadith ihm in die Hand drückte.
    Shadith beobachtete Aleytys besorgt. Sie wußte gut um das Auf und Ab in der Beziehung der jungen Frau zu Grey Bescheid, kannte auch die bittere Festigkeit der Bande zwischen ihnen. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf Haupt und dachte über die Worte nach, die jene Frau gerade formuliert hatte. Ich habe auf dich gewartet.
    FALLE. Dieser eine Begriff manifestierte sich in großen schwarzen Lettern vor dem inneren Auge Shadiths. Sie biß sich auf die Lippe und fragte sich, ob sie etwas sagen oder besser warten sollte. Sie schwieg, und nach einigen Sekunden fuhr Aleytys fort:
    »Du stellst mich vor eine sehr schwierige Wahl«, sagte sie. »In einigen Wochen trifft meine Mutter hier ein, um mich nach Vrithian zu bringen. Du weißt, wie lange ich darauf gewartet habe.«
    Geistesabwesend strich sie sich durchs Haar. Ihre Hand zitterte leicht, und sie ließ sie rasch sinken und faltete sie mit der anderen zusammen. »Aber was ist, wenn ich die einzige bin, die Grey helfen kann? Ihm und Ticutt? Wobei ich natürlich von der Annahme ausgehe, daß sie noch nicht tot sind …« Sie beugte sich vor, und ihr Haar wallte wie ein Schleier und verbarg die Züge. In rhythmischen Schüben erbebte ihr Leib. Shadith hatte die ganze Zeit über neben Linfyar auf dem Boden gesessen, und nun stand sie auf, ließ sich neben Aleytys auf die Knie sinken und griff nach ihren vibrierenden Händen.
    »Ich habe darüber nachgedacht«, sagte Haupt sanft. »Und meine Überlegungen galten auch dem Damals, als uns jemand eine andere Jagd mit ähnlichem Ergebnis anbot. Daß Grey verschwand, mag sich auf einen Zufall gründen. Bei Ticutt hingegen wird das schon zur Routine. Eine Routine, Lee, der wir unbedingt ein Ende machen müssen. Für uns gilt die gleiche Verpflichtung wie für dich
    - wir können es uns nicht leisten, zu versagen. Unser Ruf ist nur so gut wie unser letzter Erfolg. Wir müssen einen anderen Jäger schicken, um den Auftrag abzuschließen, aber wir dürfen es dabei nicht riskieren, noch weitere Leute zu verlieren. Es sind nur noch zwei unserer besten Mitarbeiter übriggeblieben: Sybille und Taggert. Doch ich befürchte, auch sie kämen in dieser Sache nicht weiter. Wir mußten also früher oder später auf dich kommen. Interessant, nicht wahr? Wir hatten gar keine andere Wahl, als dich anzusprechen.«
    Shadith spürte, wie sich Aleytys abrupt versteifte, und sie nickte sich selbst zu. »Eine Falle, ja«, sagte sie. »Jemand will offenbar verhindern, daß du nach Vrithian gelangst.«
    Aleytys machte ihre Hände frei, preßte die Handballen auf die Augen und ließ die Arme dann langsam wieder sinken. »Kell.«
    »Das ist einem der letzten Berichte Ticutts zu entnehmen.«
    Haupt blätterte durch die Fax-Folien, zog eine hervor und legte sie auf den Stapel. »Er meinte, er habe die Spur eines Fremden gefunden, die sich mit der Witterung des Sikin Ajin vereine, eines Meistergestalters, der
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