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Das Erbe der Vryhh

Das Erbe der Vryhh

Titel: Das Erbe der Vryhh
Autoren: Jo Clayton
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ureigenes Terrain, das weiß ich, ja, aber dort hat er keine Vorbereitungen in bezug auf eine Konfrontation mit dir treffen können. Hörst du mir zu, Lee? Verstehst du, was ich dir klarzumachen versuche?«
    »Wenn ich zulasse, daß du getötet wirst - ist das etwa der größte Gefallen, den ich dir erweisen kann?«
    »Meine Güte, ich bin begeistert davon, wieviel du von mir hältst.« Abfällig schnalzte Shadith mit der Zunge, und anschlie
    ßend musterte sie eingehender die in dem großen Ledersessel sitzende Frau. »Hör auf damit zu versuchen, mich zu manipulieren.
    Ich kenne dich - hast du das etwa vergessen? Ich habe viel zu lange in deinem Kopf gelebt.«
    Aleytys seufzte und straffte den Rücken. »Es ist nicht nötig, daß du mich dauernd an diesem Punkt festnagelst, Schatten. Ich bin ja deiner Meinung.« Sie streckte die Beine lang aus und lehnte sich mit geschlossenen Augen im Sessel zurück. Ihr Gesicht wirkte plötzlich leer und hohlwangig. Bewegungslos und schlaff ruhten ihre Hände auf den Armlehnen. »Canyli, bitte gib uns in dieser Sache alle Informationen, die dir zur Verfügung stehen. Die Berichte Ticutts, die Unterlagen der Pajungg und so weiter. Alle Daten, die du irgendwo zusammenkratzen kannst.« Einige Sekunden lang schwieg Aleytys und rührte sich nicht. Dann beugte sie sich mit einem Ruck vor und stand auf - eine geschmeidige und sehr kraftvolle Bewegung wie ein Aufschrei ihrer Muskeln, so als liefe sie Gefahr, die Kontrolle über das in ihr rumorende Konglomerat aus Kummer, Furcht und Zorn zu verlieren. »Ich gehe nach Norden in die Wildnis. Ich brauche Ruhe und Zeit zum Nachdenken.« Rasch durchquerte sie das Zimmer, und im Flur drehte sie sich um. »Schatten, wenn Shareem kommt … Wenn sie hier eintrifft, bevor ich zurück bin … frag sie … du weißt schon …« Sie wandte sich ab, stieß mit der Schulter an den Türpfosten, fand das Gleichgewicht wieder und eilte durch den Gang. Nach einer Weile verklang das Klacken ihrer Stiefelabsätze.
    »Es war sehr schwierig auf Ibex«, sagte Shadith, als Haupt sie ansah und fragend die Augenbrauen hob. »Eine schmerzliche Erfahrung für Aleytys.«
    Haupt strich sich mit einer breiten und knochigen Hand über das dichte und wie ein Helm aussehende zinngraue Haar, über den Cabochonsaphir, der in einem silbernen Band eingelassen war, das nun unstet das Flackern der Flammen im Kamin reflektierte und in einem blauen Schein erstrahlte - einem intensiveren Blau als dem der Augen Haupts, in denen jetzt Besorgnis glänzte. »Von ihren drei Freunden ist nur einer übriggeblieben.«
    »Ja.« Shadith rieb sich den Rücken am Rand des Kamins. »Aber bald wird sie mit ihrer Mutter zusammen sein, einer vollblütigen Vryhh. Was ist mit Taggert und mir, unserer Reise nach Avosing?
    Bist du einverstanden?«
    »Habe ich eine andere Wahl?«
    »Sicher. Du kannst auch einfach die Hände in den Schoß legen.
    Ich bin es, die keine Wahl hat. Um Grey zu befreien, muß ich offenbar auch die Jagd für dich beenden.« Sie gab ein leises und abfälliges Schnauben von sich und bedachte Haupt dann mit einem Lächeln. »Wäre es nicht angebracht, wenn du mir mitteilst, worum es bei jener Jagd überhaupt geht?«
    »Ist alles in den Dateien gespeichert«, erwiderte Haupt geistesabwesend, sah aus einem der hohen und schmalen Fenster und schien Dinge zu erblicken, die sie sehr besorgten. »Nun, warum ein Geheimnis daraus machen? Bei Avosing handelt es sich um eine Pajungg-Kolonie. Der Sikin Ajin ist ein Pajungg von der Heimatwelt und bekleidete einen hohen Rang in der Schatten-Regierung, wie man den kriminellen Aspekt jener Zivilisation nennt. Er schuf sich viele Feinde, machte sich schließlich auf und davon und endete auf Avosing, wo er eine Rebellion anstachelte und zum Dorn im offiziellen Auge wurde. Grey sollte ihn den Kolonialautoritäten übergeben.« Haupt stand auf, durchquerte das halbdunkle Zimmer, blieb neben dem Fenster stehen und beobachtete den Sonnenuntergang, der die Gletscher an den Berghängen rötlich färbte. »Aleytys und Grey - sie verbrachten nie viel Zeit miteinander. Eigentlich war einer von ihnen immer mit einer Jagd befaßt oder sagte auf Helvetia aus. Und es gab einige spektakuläre Auseinandersetzungen zwischen ihnen. Ich habe nie begriffen, warum sie zusammenblieben.« Mit der Hüfte stieß sie an den Sims und lehnte sich an den Rahmen. »Diese Sache hat Lee schwerer getroffen, als ich dachte.«
    Shadith sah von Tamris zu Linfyar und gab keine
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