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Das Erbe der Azteken

Das Erbe der Azteken

Titel: Das Erbe der Azteken
Autoren: Clive Cussler
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Rechercheurin hatte sich Selma schon bald als begnadete Reiseagentin und Logistik-Spezialistin erwiesen, indem sie mit geradezu militärischer Effizienz Sams und Remis Transport an ihre jeweiligen Zielorte organisierte. Selmas einzige Leidenschaft schien die Recherche zu sein, für die sie aß, trank und lebte. Sie fand ihre Glücksmomente darin, Geheimnissen, die sich standhaft jeder Aufklärung verweigerten, und Legenden mit einem winzigen Funken Wahrheit auf den Grund zu gehen.
    »Was ist es diesmal?«, fragte Selma.
    »Eine Schiffsglocke«, rief Remi.
    Sie konnte das Rascheln von Papier hören, als Selma sich einen Notizblock angelte. »Lassen Sie hören«, sagte sie.
    »Die Westküste von Chumbe Island«, sagte Sam und nannte dann die Koordinaten, die er in seinem GPS-Gerät gespeichert hatte, ehe er zum Boot zurückgeschwommen war. »Sie müssen zuerst …«
    »Den Grenzverlauf und die Ausdehnung des Reservats und der Naturschutzzonen überprüfen, ich weiß«, sagte Selma, wobei ihr Bleistift über das Papier flog. »Wendy wird sich mal die tansanischen Seerechtsbestimmungen vornehmen. Sonst noch etwas?«
    »Eine Münze. Rautenförmig, etwa so groß wie eine amerikanische Halbdollarmünze. Wir haben sie etwa einhundertzwanzig Meter nördlich der Glocke gefunden …« Sam schaute fragend zu Remi, die seine Aussage mit einem Kopfnicken bestätigte. »Wir werden versuchen, sie zu säubern, aber zurzeit ist nichts darauf zu erkennen.«
    »Hab’s notiert. Was als Nächstes?«
    »Es gibt nichts mehr. Das war’s. So schnell wie möglich, Selma. Je eher wir diese Glocke an den Haken nehmen können, desto besser. Die Sandbank sah nicht sehr stabil aus.«
    »Ich melde mich«, erwiderte Selma und unterbrach die Verbindung.

2
Mexico City, Mexiko
    Quauhtli Garza, der Präsident der Vereinigten mexikanischen Staaten und Vorsitzender der Mexica (traditionell Meh-SCHII-kah ausgesprochen) Tenochca Party, blickte durch die deckenhohen Fenster auf die Plaza de la Constitución hinunter, wo einst der Große Tempel gestanden hatte. Jetzt war er nicht mehr als eine wunderschöne Ruine und eine touristische Attraktion für all jene, die die traurigen Überreste der prachtvollen aztekischen Stadt Tenochtitlán und den großen Sonnenstein mit seinen über dreieinhalb Metern Durchmesser begaffen wollten.
    »Das ist der blanke Hohn«, murmelte Quauhtli Garza, während er das Gedränge der Schaulustigen betrachtete.
    Ein Hohn, den er nur mit geringem Erfolg hatte korrigieren können. Sicher, seit seinem Wahlsieg zeigte das mexikanische Volk zunehmend Interesse an seiner eigenen Herkunft – es verstand mittlerweile, dass die wahre Geschichte seines Landes durch den spanischen Imperialismus so gut wie ausgelöscht worden war. Sogar der Name, Azteken-Partei, den viele Reporter und Journalisten in ihren Berichten über die Partido Mexica Tenochca benutzten, stellte eine Beleidigung und fortgesetzte Irreführung dar. Hernán Cortés und seine blutrünstigen spanischen Konquistadoren hatten das mexikanische Volk Azteken genannt, abgeleitet von Aztlán, dem Namen der legendären Heimat der Mexikaner. Es war jedoch ein notwendiger Kunstgriff. Einstweilen war der Begriff Azteken ein Wort, welches das mexikanische Volk verstand und in seinem kollektiven Herzen tragen konnte. Mit der Zeit würde Garza dem Volk die Augen öffnen und ihm die eigene Vergangenheit nahebringen.
    Tatsächlich war es eine Grundströmung nationalistischer Rückbesinnung auf die Zeit vor der spanischen Eroberung gewesen, die Garza und die Partido Mexica Tenochca an die Macht gebracht hatte, aber Garzas Hoffnung auf eine landesweit zunehmende Bereitschaft Mexikos, sich die eigene Geschichte bewusst zu machen und sich mit ihr auseinanderzusetzen, verflüchtigte sich zusehends. Er war im Laufe der Zeit zu der Überzeugung gelangt, dass sie die Wahl teils wegen der Inkompetenz der vorangegangenen Regierung und teils wegen ihrer geschickten Azteken-Show, wie ein politischer Experte es nannte, gewonnen hatte.
    Von wegen Azteken-Show! Dieser Vorwurf war absurd.
    Hatte Garza nicht schon vor Jahren seinen spanischen Vornamen gegen einen aus dem Nahuatl ausgetauscht? Hatte sein gesamtes Kabinett nicht das Gleiche getan? Hatte Garza seinen eigenen Kindern nicht ebenfalls Nahuatl-Namen gegeben? Und mehr noch: Texte und Bilder über die spanische Eroberung Mexikos wurden nach und nach aus den Lehrplänen der Schulen getilgt; Straßen und Plätze trugen zunehmend Namen aus dem
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