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Das Engelsgrab

Das Engelsgrab

Titel: Das Engelsgrab
Autoren: Jason Dark
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Hose ab. »Wenn du mir glaubst, dann müssen wir etwas tun, Mum. Das geht nicht anders.«
    »Und was, bitte?«
    »Irgendwas.«
    Lilian lachte auf. »Das ist nicht so einfach, Junge, glaube es mir. Ich weiß es nicht, ehrlich.«
    »Du bist doch bei der Polizei!«
    Wieder musste Lilian lachen, obwohl sie es nicht wollte, denn Toby konnte Angst bekommen, nicht ernst genommen zu werden. »Was hat das denn damit zu tun?«
    »Sogar bei Scotland Yard.«
    »Klar, stimmt.« Sie nickte einige Male. »Da hast du schon recht, aber ich bin keine Polizistin. Ich arbeite in der Telefonzentrale. Den Job hätte ich auch ebenso gut bei einer anderen Firma annehmen können. Es ist reiner Zufall, dass ich beim Yard arbeite.«
    Toby ließ nicht locker. »Aber du kennst die Leute da.«
    »Ja - schon«, gab Lilian widerwillig zu, als ahnte sie, worauf ihr Sohn hinauswollte.
    Er war plötzlich Feuer und Flamme. »Da gibt es doch einen Mann, von dem hast du mir öfter erzählt. Er hat da einen besonderen Job, das weiß ich. Sogar du hast mal von einem Geisterjäger gesprochen, wie sie ihn nennen. Stimmt das?«
    »Du meinst John Sinclair?«
    »Ja, genau den.«
    »Stimmt, der ist auch bei Scotland Yard.«
    »Dann frag ihn doch mal, ob er uns helfen kann. Wenn er wirklich nett ist, wie du gesagt hast, wird er das bestimmt tun, Mum. Geh einfach hin und frage ihn.«
    »Hör auf, Toby. So einfach ist das nicht. Ich kenne John Sinclair kaum. Vier Jahre bin ich beim Yard. Die Sätze, die ich in dieser Zeit mit ihm gesprochen habe, die kann ich an einer Hand abzählen. Das ist wirklich so, Toby, und keine Ausrede.«
    Toby ließ sich nicht beirren. »Dann mache ich es!«
    »Du?« staunte sie.
    »Ja, ich rufe ihn an und erzähle ihm alles. Er wird bestimmt auf mich hören, wenn er so nett ist, wie du gesagt hast. Ich rufe ihn morgen einfach an.«
    »Das tust du nicht!«
    »Warum denn nicht?« beschwerte sich Toby. »Ich mache doch nichts Schlimmes.«
    »Das nicht, da gebe ich dir recht. Aber ein John Sinclair hat bestimmt etwas anderes zu tun, als sich von einem Kind anzuhören, was es während seiner Zeit als Schlafwandler erlebt hat.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, damit können wir ihm beim besten Willen nicht kommen. Das kannst du vergessen, Kind.«
    Stur schüttelte Toby den Kopf, und seine Mutter schaute ihn dabei von der Seite her an. Wie sein Vater, dachte sie. Was der sich einmal in den Kopf gesetzt hatte, das führte er auch durch. So war er dann auch gestorben. Er hatte nicht auf die Warnungen des Wetterberichts gehört.
    Eine Lawine hatte ihn und seinen Freund erwischt, und beide Männer waren jämmerlich erstickt.
    Für Lilian war es eine sehr schwere Zeit gewesen. Sie war über Monate hinweg in eine tiefe Depression verfallen, und eigentlich hatte sie nur die Existenz ihres Sohnes daraus hervorgeholt.
    »Ich mache es, Mummy.« Lilian schüttelte den Kopf.
    »Doch!«
    »Nein!« sagte sie so laut, dass Toby zusammenzuckte. »Du wirst nichts tun, mein Sohn.«
    »Wieso? Was denn?«
    »Ich werde es für dich übernehmen.«
    Toby glaubte, sich verhört zu haben. »Du… d… du…?« stotterte er schließlich.
    »Ja, ich.«
    Lilian stand vom Bett auf und legte die Hände auf Tobys Schultern.
    »Glaubst du mir nicht?«
    Auf einmal lag ein Strahlen in seinen Augen. »Doch, Mummy, ich glaube dir. Ich weiß, dass du mich noch nie belogen hast. Du wirst es wirklich tun, nicht wahr?«
    Sie streckte Toby ihre Hand entgegen, und er schlug darauf.
    »Versprochen, Mum?«
    »Ja, versprochen…«
    ***
    Der Engel schwebte und floh!
    Er war zu einem weichen Geschöpf der Nacht geworden, zu einem Nebelstreif, der sich durch die Luft bewegte und dabei kein Geräusch hinterließ. Er wurde möglicherweise von irgendwelchen Augen wahrgenommen, aber niemand erkannte ihn, denn seine Körperkonturen hatten sich innerhalb des hellen Streifens aufgelöst. So sah er aus wie ein Nebelfetzen, der vergessen worden war und sich verirrt hatte.
    Unter ihm lag die Stadt, lag London. Ein gewaltiges Gebilde, sehr hell und auch dunkel. Farben, die ineinander überliefen, die sich vermischten, wo sich das Herz der Stadt befand.
    Dann wiederum gab es die dunklen Stellen mit den nur wenigen Lichtern, den Parks, in denen sich kaum etwas bewegte, abgesehen von einsamen Strahlen.
    Es war die Welt der Menschen und nicht seine. Er gehörte nicht zu ihnen, denn er bewegte sich in den Sphären, die zwischen dem Diesseits und dem Jenseits lagen, und die auch so unendlich vielfältig
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