Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Engelsgrab

Das Engelsgrab

Titel: Das Engelsgrab
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
seinem Rücken wuchsen. Es waren Flügel, aber keine, wie man sie normalerweise kannte. Nur mehr helle, flügelartig geformte Streifen. Sie schienen ihm nur als Alibi zu dienen, möglicherweise auch, um die Menschen, denen er sich zeigte, nicht zu enttäuschen.
    Er sank nieder. Er streckte sich. Der Boden rückte näher, und alles passierte so gut wie lautlos. Nur ein leichter Hauch war zu spüren.
    Einige Blätter, die ihn mitbekamen, bewegten sich dabei, nahmen jedoch sehr bald wieder ihre alte Lage ein.
    Der Kontakt mit dem Boden. Auch jetzt erfolgte so gut wie kein Geräusch. Es war nur ein schlichtes darüber Hinweggleiten eines hellen Lichtflecks, in dem sich nur schwerlich die Gestalt eines menschlichen Umrisses abmalte.
    Der Engel wusste genau, wo er sterben wollte. Das Schicksal war unabänderlich, und seinen Platz hatte er sich zuvor ausgesucht. Es war ein Grab. Nur gehörte es nicht zu den protzigen, sondern eher zu den schlichten Grabstätten. Normal groß, und als Zeichen der Gesinnung stand auf der Kopfseite ein Kreuz aus Stein.
    Nicht eben klein, auch nicht besonders groß. Es hielt sich in der Mitte, aber es war kompakt gebaut. Das Grab war schon älter. Man hatte es auch nie richtig gepflegt. So hatte sich im Laufe der Zeit das Laub ansammeln können, das der Wind auf die Grabstätte gefegt hatte. Der Unterbau des Kreuzes war fest mit dem Erdboden verankert, und das Kreuz selbst ragte als verwittertes Zeugnis hervor. Wer hier einmal begraben worden war, das war nicht mehr zu lesen, denn das Kreuz hatte der Verwitterung Tribut zollen müssen. Es wies Risse auf, die sich von verschiedenen Seiten durch dieses Mahnmal zogen, als ständen sie dicht davor, es sprengen zu wollen.
    Der Schutzengel hatte bei seiner Landung die Mitte des Grabes erreicht. Er stand darauf wie eine Lichtgestalt, die sich nicht entscheiden konnte, ob sie bleiben oder verschwinden sollte. Noch war sie vom Licht umgeben, aber es schwächte sich ab, und ein normaler Körper trat deutlicher hervor.
    Der Engel wartete ab. Er war bis zum Kreuz vorgegangen und hatte sich mit seinem Rücken dagegen gelehnt, als wollte er Deckung haben.
    Er wusste nicht, wann sein Feind hier erscheinen würde, ihm war nur klar, dass er diesem Friedhof einen Besuch abstattete, denn er musste einfach seiner schrecklichen Berufung nachkommen. Er wollte töten, immer nur töten. Diejenigen aus dem Weg räumen, die ihn störten, und dazu zählten Wesen wie der Schutzengel. Der andere hasste die Menschen, der Schutzengel aber liebte sie, und das war der große Unterschied, der durch gewisse Taten noch vertieft wurde.
    Der Engel wartete. Er tat nichts weiter. Das Grab und das mächtige Kreuz hinter seinem Rücken sollte auch seine Sterbestelle werden.
    Wenn sich ihm jetzt ein Mensch genähert hätte und dabei auch sehr nahe an ihn herangekommen wäre, dann hätte dieser Mensch, vorausgesetzt, er war sensibel genug, einen bestimmten Geruch oder Duft wahrgenommen, denn Wesen wie der Schutzengel atmeten ihn aus.
    Es roch leicht nach Lavendel. Vielleicht auch nach Flieder. Jedenfalls war dieser Duft wunderschön, und er streichelte die Nasen der Menschen.
    Warten auf den Feind und damit auf den Tod. Der Engel gab sich gelassen. Seine Lichtaura war schwächer geworden, verlieh dem Kreuz dennoch einen matten Glanz. Als sollte gerade dieser wichtige Gegenstand hervorgehoben werden.
    Es war still in der Umgebung. Nur hin und wieder hörte der sensible Engel ein leichtes Rauschen, wenn es tatsächlich mal ein Windhauch schaffte, über den Friedhof zu gleiten und sich im Blätterwerk zu verfangen.
    Wo blieb der Mörder?
    Der einsame Schutzengel wusste, dass er kommen würde. Belial, der mächtige Lügenengel, der sich selbst gern als Vertreter Luzifers bezeichnete, hatte eine Drohung noch immer wahrgemacht. Er würde kommen. Die Gewichte hatten sich in der letzten Zeit verschoben. Das Böse war stärker geworden, und daran trugen auch Gestalten wie Belial einen Großteil der Schuld.
    Er wollte die alten Verhältnisse wiederherstellen. Nie konnte er überwinden, dass sein großes Vorbild damals in die ewige Verdammnis gestürzt war und somit die beiden extremen Pole, das Gute und das Böse, mitgeschaffen hatte.
    Der Engel lehnte mit seinem Rücken am Kreuz. Die menschliche Gestalt schimmerte durch das schwache Licht. Da malte sich der nackte Körper ab, und auch die Brust des Engels war zu sehen. Wesen wie dieser Schutzengel waren einfach nicht einzustufen. Niemand hätte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher