Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das elfte Gebot

Das elfte Gebot

Titel: Das elfte Gebot
Autoren: Lester del Rey
Vom Netzwerk:
war kein Aberglaube, die Kirche hatte recht. Kein Wunder, daß es hier keine Revolution gab, da die Notwendigkeit dieser Doktrin wahrscheinlich von allen eingesehen wurde, die intelligent genug waren, um eine Opposition gegen sie bilden zu können.
    Fakten und der Glaube waren einander kongruent.
    Ganz sanft drang Bonafortes Stimme in seine Gedanken ein. „Akzeptieren Sie nun die Autorität der Kirche, Boyd Jensen?“
    Das war keine Frage mehr. „Ja, Vater“, sagte er. „Das tue ich. Rufen Sie Ihre Wachen, ich werde keinen Widerstand leisten.“ Er senkte den Kopf.
    Er fühlte die Hand des Erzbischofs auf seiner Schulter und sah auf, das gütige Gesicht lächelte auf ihn herab.
    „Sie haben vieles getan, das falsch war, und auch viel Böses“, sagte Bonaforte, doch in seiner Stimme lag kein Vorwurf. „Man hätte Sie wegen wesentlich geringerer Verstöße hinrichten können, und vielleicht hätte man das auch tun sollen. Aber glauben Sie wirklich, ich hätte mir all die Mühe mit Ihnen gemacht, um Sie nun aufzugeben?“
    Er zog seine linke Hand aus dem schweren Ärmel, wobei er ein Objekt mit einigen Knöpfen und einem dünnen Draht, der in der Robe verschwand, enthüllte. „Die Wachen umgaben Sie die ganze Zeit, Boyd. Es sind alles trainierte Männer, die Ihnen Ihre Pistole noch vor Ihrem ersten Schuß aus der Hand hätten schlagen können. Nur ein hastiges Signal damit bewahrte Sie davor, von Kugeln durchbohrt zu werden, als Sie mich angriffen. Nein, es war nicht einfach, Sie zu überzeugen und zu retten. Aber ich kann auch störrisch sein. Die Kirche begleicht ihre Schulden. Wir können gnädig zu jemandem sein, der uns gedient hat und unsere Gnade verdient, wie das bei Ihnen der Fall ist. Und ich habe genug Macht, um sogar Ihre Sünden zu vergeben.“ Er kicherte leise. „Zudem würde der Blinde Stephan zu einem Kreuzzug gegen mich aufrufen, wenn ich eine Strafe gegen Sie verhängen würde. Sie sind frei – oder werden es sein, sobald Sie mir Zeit geben, die nötigen Formalitäten zu erledigen.“
    „Und Ellen?“ fragte Boyd.
    „Und Ellen auch, natürlich. Wir können es uns nicht leisten, Erbgut, das so stark und so gesund wie Ihres ist, zu vergeuden.“ Bonaforte schickte sich an, eine Hand zu heben. Dann hielt er inne und grinste erneut. „Sagen Sie lediglich einem der Männer im Nebenzimmer, wo Sie den armen Bischof Mendez gelassen haben, und geben Sie ihm seine Robe zurück. Er muß inzwischen halb erfroren sein, und Ihnen steht sie sowieso nicht.“

20
     
     
     
    Es dämmerte bereits, und jener Platz, an dem die Kathedrale erbaut werden sollte, war dichtgedrängt mit Menschen. Harry kam mit der Rikscha nicht mehr weiter. Als Ellen und Boyd abstiegen, wollte er sofort mitkommen, er war sogar bereit zu riskieren, daß das kleine Fahrzeug gestohlen wurde.
    „Ich habe keine ruhige Minute mehr, wenn ich euch wieder aus den Augen lasse“, sagte er. Doch schließlich willigte er ein und ließ sie gehen, aber nicht ohne das Versprechen, wieder hierher, an dieselbe Stelle, zu kommen, wenn alles vorüber war. Er würde hier warten, ganz egal wie lange, und sie zu ihrem Quartier zurückbringen.
    Sie hatten schon früher kommen wollen. Auf der Rückfahrt mit dem Dreirad, das der Erzbischof ihnen bestellt hatte, war es ihnen nur logisch erschienen, sofort den Blinden Stephan zu suchen, wenn Boyd auch keine Ahnung hatte, wann sie zu dieser Entscheidung gekommen waren. Aber als sie erst einmal in ihrem Wohnhaus angekommen waren und Pete sie gesehen hatte, war es unmöglich gewesen, rasch wieder zu gehen. Pete war gegangen, um Harry zu holen, und Harry wiederum hatte einen raschen Abstecher ins Labor unternommen, um Ben und die anderen zu informieren. Die beiden Zimmer hatten nicht ausgereicht, um all jene aufzunehmen, die alle Details hören wollten, und das Treffen war sehr bald in eine Art Zeremonie ausgeartet. Überhaupt wegzukommen war ein Problem gewesen, doch Boyd hatte seine guten Vorsätze gehabt.
    Die Menge war die größte, die Boyd jemals gesehen hatte. Zwei Tage zuvor hatte der Blinde Stephan bekanntgegeben, daß dies seine letzte Ansprache in der Stadt war, bevor er mit seiner Pilgerfahrt durch das Land beginnen wollte, um weitere Leute zu rekrutieren – in jenen letzten verbleibenden Monaten, bevor er nach Australien aufbrechen konnte. Dieses Mal war die Botschaft von der Ansprache nicht über den Rundfunk übertragen worden, doch sie war von Mund zu Mund weitergegeben worden, bis die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher