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Das elfte Gebot

Das elfte Gebot

Titel: Das elfte Gebot
Autoren: Lester del Rey
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Verfehlung zuschulden kommen lassen, dann versuchen sie manchmal, sie zu verbergen. Ihre Ellen hätte eigentlich ordnungsgemäß informiert werden müssen, weshalb man ihr Kind weggenommen hat. Vielleicht war der Priester zu beschäftigt oder zu sorglos. Daher kann niemand ihr einen Vorwurf machen für das, was sie getan hat. Ihre einzige Sünde war, daß ihr die Glaubenskraft fehlte, ihr Problem dem richtigen Mann zu offenbaren – und das ist eine weitverbreitete Sünde, fürchte ich.“ Wieder lächelte er bitter und sah Boyd an. „Eine Sünde, die man den Erdbewohnern verzeihen sollte. Die Kirche existiert, um zu helfen und zu informieren, nicht nur, um zu regieren.“
    Das hörte sich so wunderbar vernünftig an. Aber jede verdrehte und monströse Ideologie seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte hatte einen vernünftigen Grundgedanken gehabt. Boyd schüttelte den Kopf, als er darüber nachdachte.
    „Das paßt nicht zusammen. Was Sie mir da erzählen, ist wahrscheinlich alles wahr – aber es erklärt nicht alles. Es erklärt nicht Ihr wohlgehütetes elftes Gebot. Sie könnten die Deformationen einschränken, indem Sie das Geburtsrecht auf relativ gesunde Menschen beschränken, und Sie könnten die Bevölkerungszahl so niedrig halten, daß jeder das Beste aus seinem Leben machen kann. Aber anstatt das zu tun, forcieren Sie Ihren Vermehrungskult nur noch und zwingen ihn jedem menschlichen Wesen auf, das in der Lage ist, Kinder zu bekommen. Mit Ausnahme Ihrer eigenen Gruppe natürlich!“
    Bonaforte versteifte sich, sein Gesichtsausdruck wurde kalt. Dann seufzte er leise und entspannte sich wieder. „Ich nehme an, die Gründe der Religion allein werden Sie nicht zufriedenstellen. Dann nehmen Sie die wissenschaftlichen Gründe, Dr. Jensen. Die Priesterschaft und die meisten derjenigen, die der Kirche dienen, werden unter den Sterilen ausgewählt, wie auch ich. Wir können es uns noch nicht einmal zum Nutzen der Kirche leisten, wertvolles Erbgut zu verlieren. Und was unser Beharren auf größtmöglicher Vermehrung aller angeht, im Gegensatz zu dem selektiven Recht der Vermehrung, das Sie vorschlagen, möchte ich sagen, daß kein Mensch weiß, wen er von seiner eigenen Rasse zum Nutzen der Zukunft auserwählen soll. Wir glauben, daß man nur Gott eine Entscheidung von solcher Tragweite zutrauen kann; und die Asiaten, die nicht an Gott glauben, trauen eine solche Entscheidung nur dem Zufall und der natürlichen Auslese zu. Können Sie mir sagen, welche Typen von den uns zur Verfügung stehenden unsicheren Strängen wir erwählen sollten – und wie viele vonnöten sein werden, um ein Überleben der menschlichen Rasse in den dunklen Tagen sicherzustellen, wenn zehn weitere Generationen die Mutationen über die ganze Rasse verbreitet haben werden?“
    Er schwieg kurz, und als er fortfuhr, klang seine Stimme sanfter. „Es gibt viele in der Kirche, die den ersten Bonaforte für einen Fanatiker halten und nicht für einen von Gott Erwählten, wie dies andere tun. Aber das spielt keine Rolle, denn seine Botschaft entsprach der Wahrheit. In den kommenden Generationen werden die Schwächen und die Deformationen, die bereits vorhanden sind, sich noch weiter ausbreiten und immer gefährlicher für uns werden. Nur eine maximale Population mit einem Maximum an verschiedenen Typen kann sicherstellen, daß wir genügend viele finden, die den Fortbestand der Rasse sichern können. Der Mensch muß fruchtbar sein und sich vermehren, wenn er die Erde in einer Form erhalten will, die sein Überleben sichert. Und wenn es damit auch Schrecken gibt, so müssen wir sie ertragen; vielleicht erscheinen sie uns auf lange Sicht als eine Gnade, da sie eine natürlichen Testbasis für unsere Kinder bilden, um die schwächeren Stränge auszumerzen und unsere Stärken zu entwickeln. Deckt sich denn das nicht im Grunde genommen auch mit den wissenschaftlichen Lehren des Mars?“
    Boyd hatte im Moment keine Antwort parat. Er griff nach dem Dia, auf dem sein genetischer Kode aufgezeichnet war, und schob es in den Projektor, um es noch einmal zu betrachten. Da waren Hunderte, wahrscheinlich sogar Tausende winziger Abweichungen von der Norm. Konnte er etwas davon auswählen und sagen, dies wäre einer Erhaltung wert und jenes andere nicht? Und konnte er sicher sein, daß da nicht irgend etwas war, das in Verbindung mit anderen Genen erst seine wahre Gefährlichkeit zeigen würde? Er wußte natürlich, daß er dazu außerstande war.
    Das elfte Gebot
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