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Das einzige Kind

Das einzige Kind

Titel: Das einzige Kind
Autoren: Anne Holt
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Agnes umgebracht und die Messer mitgenommen hat, hatte wirklich nur Interesse an 267
    diesen Messern. Diese Person gehörte ins Heim. Die Fingerabdrücke gehörten in Agnes’ Büro. Nur eben nicht auf die Messer, die außer ihr eigentlich niemand berührt haben durfte.«
    Wieder ging die Hauptkommissarin zur Tür, um weiter ihre Rolle als Mordverdächtige zu spielen.
    »Vielleicht höre ich jemanden kommen. Vielleicht habe ich nur entsetzliche Angst. Auf jeden Fall muß ich das Haus schleunigst verlassen. Da ist es die einfachste Lösung, wenn ich die Messer mitnehme. Das haben Sie getan. Und dann sind Sie über die Feuerleiter nach unten geklettert. Zum Glück …«
    Hanne lachte laut.
    »Wirklich geistesgegenwärtig von Ihnen, die Leiter nach Ihrer Rückkehr wieder hochzuhieven. Ehe die Polizei eintraf. Das hat uns ziemliches Kopfzerbrechen bereitet. Aber egal.«
    Langsam ging sie zu ihrem Schreibtischsessel zurück und strich der Verdächtigen leicht über den Rücken, als sie an ihr vorbeikam.
    »So«, sagte sie mit Nachdruck und einem zufriedenen Lächeln, als sie wieder saß. »So ist das gewesen. Ungefähr so jedenfalls. Nicht wahr?«
    Maren Kalsviks Augen hatten nun wieder einen blauen Farbton angenommen. Sie hob die Hand und starrte sie an, als fände sie es überraschend, daß die Hand sich noch heben ließ.
    Dann fuhr sie sich durch die Haare und starrte Hanne Wilhelmsen in die Augen.
    »Und wie wollen Sie das alles beweisen?«
    Hanne Wilhelmsen fragte sich, wo zum Teufel Billy T. blieb.

    Billy T.s kleine Söhne schliefen fest nach allerlei Gequengel und drei Kapiteln aus »Mio, mein Mio«. Seine Schwester lächelte und scheuchte ihn aus der Wohnung, ehe sie es sich mit Pizza, Bier und Fernbedienung bequem machte.
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    Statt gleich zum Grønlandsleiret 44 zu fahren, schaute er beim Kinderheim Frühlingssonne vorbei. Die Vorzimmerdame hatte ihm eine Nachricht von Cathrine Ruge zugesteckt, ehe er losgefahren war, um seine Kinder abzuholen. Cathrine sei den ganzen Tag im Kinderheim anzutreffen, stand auf dem Zettel.
    Und da es kein großer Umweg war, konnte er sie auch persönlich aufsuchen., Im Aufenthaltsraum war es still und friedlich. Raymond, Anita und Glenn waren ausgegangen, Jeanette wollte bei einer Klassenkameradin übernachten. Die Zwillinge saßen vor dem Fernseher, während Kenneth und Cathrine auf dem großen Arbeitstisch ein Puzzle legten.
    Kenneth war aufgekratzt und unruhig, und Cathrine konnte ihn nur mit Mühe zum Stillsitzen bewegen.
    Billy T. beteiligte sich einige Minuten lang an dem Puzzle und mußte dann eine Dreiviertelstunde warten, bis Kenneth endlich eingeschlafen war. Cathrine stöhnte, als sie wieder nach unten kam.
    »Im Moment geht es dem Jungen wirklich schlecht«, sagte sie.
    »Zum Glück hat Christian sie alle im Haus halten können, bis Olavs … ja, bis Olav weggebracht worden war.«
    Sie war unbegreiflich dünn. Ihr Kopf sah aus wie ein mit Haut überzogener Totenschädel. Die Augen wirkten in dem schmalen Gesichtchen riesig groß, und Billy T. konnte auch eine Art Schönheit darin erkennen, nur wies die Frau nun einmal kein einziges Gramm Fett auf.
    »Ich weiß wirklich nicht, ob das überhaupt wichtig ist«, sagte sie, wie um sich zu entschuldigen, und zog zwei Blatt Papier aus einem Ordner, den sie aus dem ersten Stock mitgebracht hatte.
    »Aber an dem Tag, an dem Agnes ermordet wurde …«
    Billy T. drehte die beiden Blätter um.
    »Ich war doch oben bei ihr. Gleich nach Terje. Maren hat übrigens auch mit ihr gesprochen, aber nur ein paar Minuten.
    Wir haben uns über Fragen unterhalten, die mit der Arbeit zu 269
    tun hatten. Das hat vielleicht eine halbe Stunde gedauert. Ein bißchen über Kenneth, ein bißchen über Olav. Ja, wir haben ernsthaft Probleme mit Kenneth. Er war schon in drei Pflegefamilien, der Arme. Seine Mutter …«
    »Schon gut, schon gut«, sagte Billy T. und hob die Hände.
    »Kommen Sie zur Sache.«
    »Ich wollte wirklich nicht herumschnüffeln. Aber auf Agnes’
    Schreibtisch lag ein Zeugnis. Von der Sozialschule der Diakonie. Ich habe es sofort erkannt, schließlich habe ich selbst da Examen gemacht. Aber nach einer Weile steckte Agnes das Zeugnis in die Schublade. So als habe sie es gerade erst bemerkt und als sollte ich es nicht sehen. Aber ich habe noch gesehen, daß es Marens Zeugnis war. Es war einfach ein bißchen seltsam, daß es da lag und daß Agnes so hektisch wirkte. In so einem Zeugnis stehen doch keine Geheimnisse. Es gibt auch
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