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Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling

Titel: Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling
Autoren: Max Frei
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Eingeborenen bis zu einem gewissen Grade dazu. Glücklicherweise hatte man die uralte Rivalität der magischen Orden durch den Frieden zwischen König Gurig VII. und dem Orden des Siebenzackigen Blattes beendet. Das war hundertzwölf Jahre vor meiner Ankunft in Echo gewesen. Seither dürfen sich die Bürger nur einfachster Magie bedienen - vor allem auf kulinarischem und medizinischem Gebiet. Magie braucht man hier beispielsweise zur Vorbereitung der Kamra, die man in Echo statt Tee und Kaffee trinkt. Dieses Getränk schmeckt ohne magische Formel zu bitter. Mit einem anderen Zauberspruch bleibt die Butterdose sauber - eine epochale Errungenschaft, wie ich finde!
    Ich kann gar nicht sagen, wie dankbar ich dem Orden des Siebenzackigen Blattes bin, dessen Umtriebe und Intrigen den Lauf der Geschichte verändert haben. Beispielsweise brauche ich den 234. Grad der Weißen Magie nicht zu erlernen, von dem Kenner behaupten, er sei der Gipfel der menschlichen Möglichkeiten. Ich habe mich entschieden, in den offiziell erlaubten Zaubertricks die Grenze meiner bescheidenen Möglichkeiten zu sehen. Ich bin gewissermaßen ein invalider Virtuose - wie Douglas Bader, das britische Flieger-Ass ohne Beine. Sir Juffin Halli behauptet dagegen, meine größte Stärke sei, der Wunderwelt anzugehören, was aber nicht die Fähigkeit einschließt, mit ihr zurechtzukommen.
    Am Abend des ersten Tages meines neuen Lebens stand ich in dem mir zugeteilten Schlafzimmer vor dem Spiegel und begutachtete mich. In den schmalen Falten der Skaba (einer langen, einfachen Tunika) und den breiten Falten des Lochimantels - des hiesigen Kompromisses zwischen langem Gewand und Poncho - kam ich mir wie eine Schaufensterpuppe vor. Der ausgefallene Turban stand mir sehr gut dazu. In diesem Aufzug fiel es mir leichter, das seelische Gleichgewicht zu bewahren. Ich brauchte mir keine Gedanken zu machen und versuchte nicht mehr zu begreifen, was eigentlich mit mir passiert war. Der Junge dort im Spiegel konnte jeder beliebige Mensch sein, auf keinen Fall aber mein guter alter Bekannter Max.
    Chuf tauchte auf, kläffte freundlich und stupste die Nase gegen mein Knie. »Wie groß und hübsch du bist!«, vernahm ich plötzlich und begriff dann, dass ich seine Gedankenstimme gehört hatte. Der kluge kleine Hund war der Erste, der mir die Stumme Rede dieser Welt beibrachte. Wenn ich irgendwann den vierten Grad der Weißen Magie verstehen sollte, gebührt diesem seltsamen Tier ein großes Kompliment.
    Die Zeit verging schnell. Ich schlief bis weit in den Tag hinein und stand erst abends auf, zog mich an und las mir mancherlei vor. Zum Glück gab es nie Verständigungsprobleme zwischen mir und den Bewohnern des Vereinigten Königreichs. Warum das so war, weiß ich bis heute nicht. Ich musste mich nur an die hiesige Aussprache gewöhnen und ein paar neue Ausdrücke lernen. Das war zu schaffen!
    Kimpa beobachtete meine Studien unaufdringlich, aber scharf. Er bekam den Auftrag, mich, den Barbaren, in einen echten Gentleman zu verwandeln, der irgendwo an der Grenze zwischen der Grafschaft Wuk und den Leeren Ländern geboren war. So lautete mein offizieller Lebenslauf für Kimpa und alle anderen.
    Eine gute Geschichte, wie ich jetzt weiß. Im Genre der improvisierten Fälschung ist sie ein echtes Meisterwerk von Sir Juffin. Von Echo aus gesehen ist die Grafschaft Wuk der am weitesten entfernte Teil des Vereinigten Königreichs. Die dünn besiedelten Ebenen an Wuks Grenzen gehen allmählich in die riesigen unbewohnten Gebiete der Leeren Länder über, die längst nicht mehr zum Vereinigten Königreich gehören. Wozu braucht man schon Leere Länder? Nur wenige Hauptstadtbewohner waren je dort gewesen, und man hielt jede Reise dorthin für ein leichtsinniges und riskantes Unternehmen. Nach Auffassung von Sir Juffin sind mehr als die Hälfte der Bewohner der Leeren Länder ungebildete Nomaden, während der Rest aus den vor hundertzwölf Jahren geflohenen rebellischen Magiern besteht, die man in der Hauptstadt auch nicht gerade mit Aufmerksamkeit verwöhnt.
    »Egal was du unternimmst«, erklärte Sir Juffin, während er genüsslich in seinem Lieblingssessel schaukelte, »du brauchst dich für nichts zu entschuldigen. Deine Herkunft bleibt für die snobistischen Blicke der Hauptstadt die beste Erklärung all deiner Verfehlungen. Das kannst du mir glauben. Ich bin selbst aus Kettari gekommen, einem kleinen Städtchen in der Grafschaft Schimar. Das ist Jahre her, doch man erwartet
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