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Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling

Titel: Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling
Autoren: Max Frei
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gerade endgültig davon überzeugt hatte, dass eine Nachteule wie ich in einer Welt, in der die Frühaufsteher regieren, nichts zu suchen hat, traf ich Sir Juffin Halli.
    Seiner Initiative verdankte ich die Bereitschaft, mich von meinem Elternhaus zu entfernen, und einen Job, der meinen Neigungen und meinem Ehrgeiz voll entspricht: Ich bin das Nachtantlitz des Ehrwürdigen Leiters des Kleinen Geheimen Suchtrupps der Stadt Echo.
    Die Geschichte meines Eintritts in diesen Dienst ist so ungewöhnlich, dass ich sie später gesondert erzählen werde. Vorerst beschränke ich mich darauf, die weiter zurückliegenden Ereignisse zu skizzieren.
    Ich sollte wohl damit anfangen, dass Träume für mich seit eh und je ein wesentlicher Teil des Lebens sind. Wenn ich aus einem Alptraum erwachte, war ich zutiefst überzeugt, mir drohe tatsächlich Gefahr. Nachdem ich mich in eine Schönheit aus einem Traum verliebt hatte, konnte ich mich gleich von meiner Freundin trennen. In meiner Jugend hatte ohnehin jeweils nur eine Leidenschaft in meinem Herzen Platz. Wenn ich im Schlaf ein Buch gelesen hatte, zitierte ich meinen Freunden am nächsten Tag munter daraus. Als ich im Traum eine Reise nach Paris machte, behauptete ich danach dreist, die Stadt schon besucht zu haben. Dabei war ich kein Angeber, oh nein, doch ich spürte, sah und begriff tatsächlich keinen Unterschied zwischen Traum und Realität.
    Ab und an träumte ich auch von Sir Juffin Halli. Langsam freundeten wir uns an, wenn man das so sagen kann.
    Sir Juffin ist ein extravaganter Typ, den man leicht für den älteren Bruder des Schauspielers Rutger Hauer halten könnte. Sollten Sie genug Fantasie haben, so ergänzen Sie seine imposante Gestalt um sehr helle, schmale und starr blickende Augen. Dieser lebensfrohe Mann, dessen Allüren so ganz anders waren als die eines östlichen Kaisers oder eines Zirkusdirektors, eroberte das Herz des früheren Max, an den ich mich noch recht gut erinnere, wie im Flug.
    In einem meiner Träume grüßten wir uns plötzlich und redeten bald darauf über Kleinigkeiten, wie Stammgäste eines Cafes es so tun. Diese Art der Traumbegegnungen dauerte ein paar Jahre, und dann bot Juffin mir seine Hilfe an. Er sagte mir mit ganz normaler Stimme, ich würde über außergewöhnliche magische Kräfte verfügen, die es zu entwickeln gelte, wenn ich nicht den Herbst meines Lebens in einer psychiatrischen Klinik begrüßen wolle. Und er schlug vor, mein Trainer, Arbeitgeber und guter Onkel zugleich zu werden. Dieser absurde Antrag erschien mir damals gefährlich verführerisch. Bis zu jenem Zeitpunkt hatte ich bei mir keine besondere Begabung bemerkt, und mir wurde langsam klar, dass es mit meiner Karriere - gelinde gesagt - nicht recht bergauf ging. Sir Juffin, der sich so sehr für meine hypothetischen Fähigkeiten begeisterte, schöpfte mich aus der Realität wie ein Klößchen aus der Suppe. Bis zum letzten Moment glaubte ich fest daran, Opfer meiner Einbildungskraft zu sein. Fürwahr - der Mensch ist ein seltsames Wesen!
    Den Bericht über meine erste Reise zwischen den Welten verschiebe ich auf später. An die ersten Tage meines Lebens in Echo erinnere ich mich fast gar nicht, begriff davon noch weniger und betrachtete - ehrlich gesagt - alles, was ringsum geschah, teils als langen Traum, teils als Kette komplizierter Halluzinationen. Ich versuchte nicht, die Situation zu durchschauen, sondern war ganz darauf konzentriert, die auftauchenden Probleme zu lösen. Damit hatte ich genug zu tun. Zuerst nahm ich an einem Intensivkurs zur Integration in mein neues Leben teil. Es erwies sich, dass ich unbedarfter als ein Neugeborenes war. Das brüllt vor sich hin und macht in die Windeln, verletzt dabei aber keine lokalen Sitten und Gebräuche. Ich hingegen machte am Anfang alles falsch und musste ordentlich schwitzen, damit man mich nicht weiter für einen Dorftrottel hielt.
    Als ich mich zum ersten Mal im Haus von Sir Juffin Halli einfand, war er noch nicht da. Als Ehrwürdiger Leiter des Kleinen Geheimen Suchtrupps der Hauptstadt des Vereinigten Königreichs war Halli ein vielbeschäftigter Mann und musste irgendwo stecken geblieben sein.
    Der alte Haushofmeister Kimpa, der von seinem Herrn erfahren hatte, dass ich zu den Gästen der Kategorie de luxe gehörte, war ausgesprochen verblüfft, denn bisher hatten nur anständige Leute das Haus besucht.
    Ich begann mein neues Leben mit der Frage nach dem Klo. Auch das erwies sich als Fauxpas, denn alle Bürger
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