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Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling

Titel: Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling
Autoren: Max Frei
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Magie hingegen arbeitet eher mit abstrakten Dingen, beispielsweise mit Stimmungen, Gedanken oder dem Gedächtnis. Freilich haben die Bewohner des Vereinigten Königreichs eigene Vorstellungen davon, wo das Materielle endet und das Spirituelle beginnt. Spiritualität ist unter den Einwohnern von Echo sehr beliebt, gilt ihnen interessanterweise aber als Teil der Schwarzen Magie, weil sie fest daran glauben, dass ihre Wirkungen nicht weniger materiell sind als zum Beispiel die Töpfe in der Küche. Es gibt daher einige Dutzend Methoden, seine Widersacher zu töten - Methoden, die objektiv allesamt ins Gebiet der Weißen Magie fallen, weil der Tod dort als eine der höchsten Äußerungen des Abstrakten gilt. Aber all das ist äußerst verwirrend.
    Zu Beginn der Epoche des Gesetzbuchs mussten die besiegten Ordensmitglieder das Vereinigte Königreich verlassen. Man kann vermuten, dass selbst die mächtigsten Magier außerhalb der Grenzen von Echo einen Großteil ihrer Kraft verlieren und das berüchtigte Weitende nicht heraufbeschwören können. Ab und an schauen einige dieser Magier in Echo vorbei, und dann wird es bei uns lustig.
    Die Nutzungssperre der Weißen Magie betrifft den Orden des Siebenzackigen Blattes nicht, denn seine Mitglieder verfügen über Wissen, das es ihnen erlaubt, die Auswirkungen ihrer Experimente auf ein Minimum zu reduzieren. Ökologisch saubere Magie - so etwas in der Richtung.
    Außerdem gibt es zahlreiche verdiente, verehrte und gefährliche Magier, die unangefochten in Echo leben und gewisse Privilegien besitzen. Sie haben es rechtzeitig geschafft, sich mit den künftigen Siegern zu arrangieren, oder sich dem Krieg einfach entzogen. Sie alle sind bewundernswerte und schillernde Persönlichkeiten, und ich bin der so festen wie naiven Überzeugung, dass auf ihrer charmanten Klugheit das Wohlergehen der Hauptstadt des Königreichs ruht.
    Meiner Ansicht nach stehen ausreichend viele Grade von Alltagsmagie zur Verfügung, so dass man sich nicht langweilen kann. Wer die Epoche der Orden noch erlebt hat, ist allerdings womöglich anderer Meinung.
    Und noch etwas. Neben der Alltagsmagie gibt es die Unsichtbare oder Reine Magie. Man hat mir mal erklärt, sie könne nicht nur die Welt zerstören, sondern bilde zugleich ein unerlässliches Element ihres Daseins. Da ich diese Theorie nicht widerlegen kann, glaube ich einfach daran.
    Nur wenige kennen und beherrschen die Reine Magie, und ich möchte darauf hinweisen, dass die Gabe, sich mit ihr zu beschäftigen, vom Geburtsort unabhängig ist. Dafür bin ich selbst ein erstaunlicher Beweis. Sir Juffin Halli - mein bester Freund, Vorgesetzter und Lehrer - behauptet, die Reine Magie komme in allen Welten vor: eine ziemlich gute Nachricht.
    Ihr Max Frei

Debüt in Echo
    M an weiß nie, wohin es einen verschlägt. Was das angeht, bin ich Spezialist. Die ersten neunundzwanzig Jahre meines Lebens war ich ein klassischer Versager. Der Mensch hat die Neigung, die verschiedensten Gründe für seinen Misserfolg zu suchen und zu finden. Mit so etwas habe ich mich nie beschäftigt, denn bei mir war die Ursache stets klar.
    Schon als Kind hatte ich Probleme, nachts durchzuschlafen. Morgens hingegen schlief ich angenehm tief, besonders in den Stunden, da man das Glück verteilt. Am Osthimmel der ungerechtesten aller Welten stand in Flammenschrift der Spruch Morgenstund hat Gold im Mund. Ist es tatsächlich so?
    Der wahre Alptraum meiner Kindheit war das tägliche Warten auf den schrecklichen Moment, da es hieß: »Gute Nacht, mein Schatz, gib Mami ein Küsschen und ab ins Bett.« Die Zeit unter der Bettdecke war vergeudet, denn sie bestand allein aus hoffnungslosen Einschlafversuchen. Natürlich habe ich auch angenehme Erinnerungen an die unvergleichliche Freiheit, die man - wie ich schnell begriff - hat, wenn alle anderen schlafen. Man muss allerdings lernen, keine Geräusche zu machen und die Spuren seines geheimen Tuns zu verbergen.
    Doch das Schlimmste war das mühsame Aufstehen morgens, nachdem es mit dem Einschlafen endlich geklappt hatte. Natürlich hasste ich meine Schule, verspottete mich darüber aber selbst. Die ersten zwei Jahre fand der Unterricht nur nachmittags statt, und ich gehörte prompt zu den besten Schülern. Das war ich danach nicht mehr - bis zum Treffen mit Sir Juffin Halli.
    Wie zu erwarten, vergrößerten sich meine Schlafprobleme im Laufe der Zeit ständig, was mein gedeihliches Hineinwachsen in die Gesellschaft verhinderte. Als ich mich
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