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Das Echo der Vergangenheit

Das Echo der Vergangenheit

Titel: Das Echo der Vergangenheit
Autoren: Kristen Heitzmann
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Blick voller Wut und Entsetzen.
    »Carly ...«
    Das Kind stürzte sich mit geballten Fäusten auf sie und schlug auf sie ein. Sofie steckte die Schläge ein, bis Matt Carly zu fassen bekam und sie wegzog. Ihre Schreie wurden lauter und einige Leute drehten sich um und starrten sie an.
    Carlys Aggressivität hatte sie überrascht, aber sie hob die Hände. »Warte, Matt.«
    »Lass mich, Sofie. Ich möchte nur mit ihr reden.«
    »Aber das kann sie nicht.«
    »Ich sagte, ich will mit ihr reden. Vertrau mir.«
    Er hatte schon öfter mit wütenden, traumatisierten Kindern zu tun gehabt. Das war sein Beruf. Aber konnte sie ihm Carly anvertrauen? Sie holte Luft und nickte. Die Hände unterm Kind gefaltet, ließ sie zu, dass Matt Carly forttrug, während diese schrie und um sich schlug und ihm in die Schultern biss. Obwohl es ihr das Herz brach, das Kind so hysterisch zu sehen, hatte es etwas zutiefst Tröstliches, sie – wenn auch nur für kurze Zeit – jemandem zu überlassen, der so viel größer und stärker war als sie selbst.
    War das ein Fehler? Sie prüfte ihr Herz. Es fühlte sich nicht egoistisch an. Es fühlte sich … richtig an.

    * * *

    Obwohl ihre Zähne seine Anzugjacke nicht durchdrangen, war der Druck ihrer Kiefer, die sich an seiner Schulter festgebissen hatten, so unangenehm, dass er so schnell wie möglich mit ihr im Haus verschwinden wollte. Er hatte nicht vor, ihre Panik und Wut durch sein Eingreifen noch zu steigern. Er trug sie die Treppe hinauf in das weiße Zimmer, in dem Sofie mit Diego gewohnt hatte. Den Büchern auf dem Regal und ein paar Kuscheltieren nach zu urteilen war das jetzt Carlys Zimmer.
    Trotz des Lärms ließ er die Tür offen. Um jeden Verdacht auf sexuelles Fehlverhalten zu vermeiden und weil es einfacher war, sie in Schach zu halten, setzte er sie in einen Sessel und nicht aufs Bett. Sie hatte nichts gesagt, aber die Laute, die sie von sich gab, waren unzweideutig. Wenn sie ihm den Kopf hätte abreißen können, hätte sie es getan.
    Er hockte lange vor dem Sessel und versperrte ihr so den Weg nach draußen. Ihr Schreien und Umsichschlagen ließ er zu. Es war Pech, dass er sie überhaupt hatte anfassen müssen. Das würde die Erinnerung an jenen Tag auf dem Dach wecken. Aber er würde nicht zulassen, dass sie Sofie angriff.
    Obwohl sie so elfenhaft wirkte, gelang es Carly, sich in einen launischen Kobold zu verwandeln, bevor sie erschöpft auf dem Sessel zusammensackte. Bei ihr hatte sich wahrscheinlich ein Ventil geöffnet, das schon kurz vor der Explosion gestanden hatte. Als sie eine gewisse Selbstbeherrschung zurückgewonnen hatte, sagte er: »Ich erwarte nicht, dass du etwas sagst. Ich wäre dir sogar dankbar, wenn du es nicht tust. Aber ich habe dir ein paar Dinge zu sagen und das geht schneller und einfacher, wenn du zuhörst.«
    Sie schob Kinn und Unterlippe vor. Sofie hatte wahrscheinlich recht damit, dass sie auf ihre Stummheit keinen Einfluss hatte, denn es sah eindeutig so aus, als würde sie ihm am liebsten ihre Meinung sagen, wenn sie nur könnte.
    »Ich weiß, dass es dir nicht gut geht. Du fühlst dich schlechter, als du es dir jemals hast vorstellen können. So war es bei mir auch, als mein kleiner Bruder von einem Zug überfahren wurde. Der Schmerz ist da und du wirst ihn nicht los, sosehr du es auch versuchst.«
    Sie schluchzte lautlos, funkelte ihn aber weiterhin böse an.
    »Ich glaube, dass du reden würdest, wenn du es könntest, aber du hast Angst, dass das, was du sagst, die Sache nur noch schlimmer macht. Vielleicht denkst du, was du gesagt hast, hätte schon Ärger verursacht. Du hast Angst, Sofie zu verlieren, aber sie so zu behandeln, wie dein Dad dich behandelt hat, wird nur dazu führen, dass sie dir böse ist.«
    Sie schnappte nach Luft und frische Tränen traten ihr in die Augen.
    »Das weißt du. In deinem Innern weißt du, wie Sofie sich fühlen wird, wenn du sie von allen anderen abschottest, wenn sie nur dich lieben darf und du dich weigerst, auch mit anderen Freundschaft zu schließen.«
    Mürrisch wandte sie den Blick ab, aber er entdeckte einen ersten Riss in ihrem Panzer.
    »Es wird nicht einfach sein. Du kannst deinem Dad nicht die Schuld geben, wenn jemand dich nicht mag. Du musst durch das, was du selbst sagst und tust, Freunde finden und behalten. Und Sofie liebt dich, aber ehrlich gesagt hat jeder ab und zu genug von dem anderen.«
    Sie warf ihm einen Blick zu, dann wischte sie sich mit der Hand übers Gesicht und vergrub ihre
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