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Das Echo der Vergangenheit

Das Echo der Vergangenheit

Titel: Das Echo der Vergangenheit
Autoren: Kristen Heitzmann
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kritisiert und seine Gedanken und Überzeugungen wurden skeptisch beäugt.
    Es sah sehr nach Verfolgung aus. Er hatte die Worte Jesu darüber gelesen, dass man in der Welt Probleme haben würde, gefolgt von der Zusicherung, dass er sie überwunden hatte. Aber Christus hatte zu seinen Jüngern gesprochen. Fiel er auch in diese Kategorie?
    Es hatte keinen besonderen Moment der Erkenntnis gegeben, sondern nur kleine Augenblicke auf dem Weg dorthin. Kleine Hinweise. Bestätigungen von Dingen, die er früher einmal für so überzeugend gehalten hatte, dass er sich hatte taufen lassen. Oder war das auch nur eine von vielen Erwartungen gewesen, die er erfüllt hatte? Wie das Jurastudium, mit dem er seinem Vater etwas beweisen wollte.
    Er öffnete den Kühlschrank, nahm den Krug mit grünem Tee heraus, den er an diesem Morgen aufgegossen hatte, schenkte sich ein Glas ein und stellte es auf den Tisch. Dann tat er Hühncheneintopf auf einen Teller und überlegte, ob er ein Tischgebet sprechen sollte. War selbst das Gottes Gnade?
    Er kannte das vorformulierte Gebet, das sie alle bei Sofie gesprochen hatten, nicht, deshalb sagte er einfach: »Herr Gott, bitte segne dieses Essen, das du mir gegeben hast. Amen.« Es fühlte sich nicht so merkwürdig an, wie er erwartet hatte. Aber andererseits war niemand da, der zusah und irgendein Urteil fällte. Nach manchen Arbeitstagen, wie er sie erlebte, war das Alleinsein eine gute Sache. Aber im Moment fühlte er sich einfach nur einsam.
    Er hatte so viele Menschen vor den Kopf gestoßen. Oder sich von ihnen abgewendet, wie bei Sybil. Wahrscheinlich würde er sie bei Murphy’s finden, wo sie mit ein paar anderen die Happy Hour nach der Arbeit genoss. Aber sie taten ihm alle nur leid. Was war nur mit ihm los? Ein Wunsch, den er wirklich hatte, war, in der Villa zu sein. Was würde geschehen, wenn er einfach dort auftauchte?
    Er aß einen Bissen von dem Hühnchen, das mit frischem Rosmarin gewürzt war. Nicht schlecht. Eigentlich sogar gut. Vielleicht nicht ausgefallen, aber gesund und lecker. Er schaltete seinen iPod in der Dockingstation ein und ließ die Musik nach dem Zufallsprinzip abspielen. Als er fertig gegessen hatte, machte er einen Spaziergang. Das Zwitschern der Vögel, das Bellen der Hunde und die Stimmen anderer Spaziergänger waren alles, was er vernahm.
    Als er wieder zu Hause war, nahm er den Roman zur Hand, den er am Abend zuvor weggelegt hatte, weil er die Augen kaum hatte offen halten können. Die Story war fesselnd, voller Action und schnell, aber dem Buch fehlten Elemente, die er genießen konnte. Es war wie in seinem Leben.
    Gedankenversunken lehnte er sich zurück und rieb sich den Unterkiefer. Nichts hatte sich verändert außer ihm selbst. Seine Arbeit, sein Zuhause, seine Entscheidungen; sie waren alle noch da. Genau wie vorher. Er wollte immer noch etwas bewirken, immer noch Unrecht verhindern. Aber irgendwie war er aus dem Gleichgewicht geraten.
    Er legte das Buch auf den Couchtisch, lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen. Was willst du von mir? Aber er wusste es. Die Zweideutigkeit im Niemandsland akzeptierte keine Wanderer mehr. Er musste sein Zelt in dem einen oder im anderen Lager aufschlagen. Die entscheidende Frage war: Wollte er Gott oder Menschen vertrauen?
    Seine früheren Argumente meldeten sich zu Wort. Warum hatte Gott Jacky sterben lassen? Aber es war so, wie er es im Krankenhaus selbst gesagt hatte: Sie alle hatten Jacky im Stich gelassen. Warum nur gab Gott Dummköpfen Macht über andere Menschen? Es waren gläubige Freunde und Kollegen gewesen, die Webb Hammond dazu befähigt hatten, seine Söhne zu quälen und seine Frau zu erniedrigen.
    Am Jüngsten Tag würden die Leute, die »Herr, Herr!« geschrien hatten, diejenigen sein, die bestimmte Dinge in Gottes Namen getan, aber ihn nie kennengelernt hatten. Matt musste sie nicht zur Rechenschaft ziehen, nachdem er selbst die Wahrheit geleugnet hatte. Es war nicht seine Aufgabe, andere zu richten.
    »Also gut. Wir machen es so, wie du es willst.« Er sank auf die Knie. »Bitte vergib mir meine Rebellion. Befreie mich von meinem selbstgefälligen Widerstand dir und anderen Menschen gegenüber und mach mich frei von allen meinen anderen Fehlern.« Vielleicht war es der Jubel der Engel im Himmel über ein verlorenes Lamm, das gefunden worden war. Er spürte jedenfalls, wie die Schwere sich hob und ihn ein Gefühl von Freude überkam wie eine warme Decke in einer kalten Winternacht.

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