Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Echo aller Furcht

Das Echo aller Furcht

Titel: Das Echo aller Furcht
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
Augen wirkte es nackt, weil ihm 150 Hektar Hügelland, ein Stall mit Vollblütern und vielleicht ein Fuchs fehlte, dem der Besitzer nicht allzu entschlossen nachstellte. Eine solche Umgebung aber hatte das Anwesen nie besessen, und Ryan fragte sich, warum Welles, der sich in Washington so gründlich auskannte, jenen Bau, der so offensichtlich im Widerspruch zu den Realitäten der Stadt stand, an diesem Platz und in diesem Stil errichtet hatte. Die Kriterien für die Mitgliedschaft in dem laut Satzung für die Intelligenzija gedachten Club gründeten sich nicht auf Reichtum, sondern auf Leistung – in Washington war er als Ort bekannt, wo die Konversation kultiviert und die Küche unterentwickelt war. Ryan führte Alden in ein kleines Privatzimmer im ersten Stock.
    Pater Timothy Riley SJ erwartete sie, eine Bruyerepfeife zwischen den Zähnen und die Washington Post vor sich auf dem Tisch. Daneben stand ein Glas mit einem Rest Sherry. Er trug ein ungebügeltes Hemd und ein knittriges Jackett. Seine Soutane, die er bei einem der besseren Schneider in der Wisconsin Avenue maßschneidern ließ, hob er sich für offizielle Anlässe auf. Der steife Kragen war strahlend weiß, und dem Katholiken Ryan schoß plötzlich durch den Kopf, daß er nicht sagen konnte, woraus das Ding gemacht war. Gestärkte Baumwolle? Zelluloid, wie der Vatermörder zu Großvaters Zeiten? Wie auch immer, das einengende Stück mußte den Träger an seinen Platz im Dies- und Jenseits erinnern.
    »Hallo, Jack!«
    »Tag, Pater Riley.« Ryan machte die Männer miteinander bekannt, sie gaben sich die Hand und setzten sich an den Tisch. Ein Kellner erschien, nahm die Getränkebestellung auf und schloß beim Hinausgehen die Tür hinter sich.
    »Nun, Jack, wie gefällt Ihnen der neue Job?« fragte Riley.
    »Er erweitert den Horizont«, antwortete Ryan und ließ es dabei bewenden. Der Priester mußte schon über seine Probleme in Langley Bescheid wissen.
    »Wir haben einen Friedensplan für den Nahen Osten, und Jack meinte, Sie seien der richtige Mann für ein sondierendes Gespräch«, schnitt Alden das Thema an. Er mußte unterbrechen, als der Kellner mit Getränken und Speisekarten zurückkam. Sein anschließender Diskurs über die Friedensplan-Idee dauerte mehrere Minuten.
    »Interessant«, meinte Riley, als er alles gehört hatte.
    »Was halten Sie von dem Konzept?« wollte der Sicherheitsberater wissen.
    »Hochinteressant.« Der Priester verfiel in Schweigen.
    »Wird der Papst...?« Ryan gebot Alden mit einer Handbewegung Einhalt. Riley ließ sich ungern drängen, wenn er nachdachte. Immerhin ist bei Historikern der Faktor Zeit weniger entscheidend als bei Ärzten.
    »Sicherlich eine elegante Lösung«, bemerkte Riley nach einer halben Minute. »Nur die Griechen werden große Schwierigkeiten machen.«
    »Die Griechen? Wie das?«
    »Am streitsüchtigsten ist im Augenblick die griechisch-orthodoxe Kirche. Wegen der banalsten administrativen Details geraten wir immer wieder aneinander. Seltsamerweise sind die Imams und Rabbis im Augenblick umgänglicher miteinander als die christliche Geistlichkeit. Wie auch immer, die Probleme zwischen Katholiken und Orthodoxen sind vorwiegend verfahrenstechnischer Natur – wem welche Stätte anvertraut wird, wer in Bethlehem die Mitternachtsmesse liest. Eigentlich schade.«
    »Sie sagen, der Plan müsse scheitern, weil zwei christliche Kirchen sich nicht einigen können?«
    »Ich sprach von Schwierigkeiten, Dr. Alden, nicht davon, daß der Plan aussichtslos ist.« Riley verstummte wieder. »Sie werden die Troika ausbalancieren müssen ..., aber angesichts der Natur des Vorhabens wird man Sie wohl unterstützen. Die Orthodoxen werden Sie sowieso hinzuziehen müssen; die kommen nämlich sehr gut mit den Moslems aus.«
    »Wie das?« fragte Alden.
    »Nach der Vertreibung des Propheten Mohammed aus Medina durch vorislamische Heiden gewährte das orthodoxe Katharinenkloster im Sinai ihm Zuflucht. Die Mönche versorgten ihn, als er Freunde nötig hatte. Mohammed war ein ehrenhafter Mann, und das Kloster genießt seitdem den Schutz der Moslems. Seit über tausend Jahren hat trotz aller häßlichen Vorfälle in der Region niemand diesen Ort gestört. Am Islam ist vieles bewundernswert, was wir im Westen wegen der Fanatiker, die sich Moslems nennen, oft übersehen. Er hat edle Gedanken und eine respektable intellektuelle Tradition hervorgebracht, mit der bei uns leider kaum jemand vertraut ist«, schloß Riley.
    »Gibt es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher