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Das Dunkle

Das Dunkle

Titel: Das Dunkle
Autoren: Scott Westerfeld
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Fiats ausmachen.
    „Ich schätze, das war’s“, sagte sie in der plötzlich eingetretenen Stille.
    Jonathans Arme glitten von ihr ab, dann sank er auf seine Hände und Knie.

    Jessica wirbelte herum. Sein schweißüberströmtes Gesicht war schmerzverzerrt. „Jonathan!“
    „Ich werd’s überleben“, keuchte er. „Geh zu Rex.“
    Er hob den Kopf und spähte in die Wüste hinaus, wo er auf das zusammengesunkene, schmorende Häufchen deutete, das von dem gefallenen Halbling übrig war.
    Jessica biss sich auf die Lippe und suchte noch einmal den Himmel ab. Nichts.
    „Gut. Warte hier.“
    Sie stürzte los über die Salzwüste, den Strahl der Taschenlampe ließ sie über Rex’ Körper gleiten, als sie näher kam. Die Reste seines Darklingkörpers verbrannten wie eine große, weiße Feuergischt, die Schwingen wurden wie Papier zu Asche, seine äußere Hautschicht schälte sich von ihm ab wie Erde unter einer Feuersbrunst.
    Als das vorbei war, schaltete sie die Taschenlampe aus und rannte zu der Stelle, wo er zusammengekauert auf dem Salz lag.
    „Rex!“
    Er sah mit wildem Blick zu ihr auf und zischte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen an.
    „Rex, bist du …?“
    Ein Schauder durchlief seinen Körper. Er sah verwundert auf seine Arme hinab, die blass und nackt waren. Sein Haar war verbrannt, aber seine Haut sah halbwegs unverletzt aus, als ob das weiße Feuer von Überraschende Strahlenwaffe vor den Grenzen seines Menschseins haltgemacht hätte.
    „Rex?“
    „Habt ihr sie gesehen?“, krächzte er. „Die andere?“
    „Anathea? Ja, sie ist dahinten.“
    „Bring mich zu ihr.“

    Jonathan kam angestürzt, entsetzlich humpelnd. „Bist du sicher, dass du …?“
    Rex erhob sich, ohne einen Fetzen Bekleidung am Leib, und sagte: „Schnell. Sie stirbt.“

anathea
    12.00 Uhr Mitternacht
34
    Freiheit tötete sie, das wusste sie.
    Sie hatte die ganze Zeit an nichts anderes gedacht, nur daran, endlich den Darklingkörper zu verlassen und nach Bixby, zu Ma und Pa zurückzukehren. In ihren Träumen kam Billy Clintock immer wieder über die Wüste geflogen, um sie zu retten. Er schmiegte sich an sie, wenn die Sonne über der Wüste aufging, und befreite sie.
    Die Wirklichkeit hatte sich übler entwickelt. Sie war in dem anderen Körper zu schwach geworden. Sie hatten nicht genug von ihr übrig gelassen, um ohne die andere Hälfte zu überleben.
    Trotzdem fühlte es sich gut an, wieder sie selbst zu sein.
    Menschlich – mehr oder weniger.
    Anathea kauerte sich auf dem Salz zusammen, in der Hoffnung, sie würde bis zum Sonnenaufgang durchhalten, oder wenigstens bis zum Untergang des dunklen Mondes.

    Als sie zurückkehrten, wie es der junge Akrobat versprochen hatte, waren sie zu dritt.
    Sie landeten unsanft, der andere Seher stolperte. Er war nackt, bis er seinen langen Mantel anzog, der auf dem Salz zurückgeblieben war, aber irgendwie war er das Darklingfleisch losgeworden.
    Anathea fiel auf, dass sie verärgert und zugleich froh war, weil sie ihn gerettet hatten, während sie selbst nie gerettet worden war.
    Das rothaarige Mädchen hatte gesagt, sie hätte ihre eigene Sonne dabei. Anathea wunderte sich noch einmal über den seltsamen, intensiven Fokus, der an ihr haftete. Sie trug eine Art Metallstift in der Hand, eine Waffe, die Anathea beobachtet hatte, als sie in einen ganzen Schwarm hineinfuhr, um ihren Freund zu retten. Und ihre Augen waren falsch.
    Was war sie für ein Talent? Und warum kannte Anathea sie alle nicht? Hatte es so lange gedauert?
    „Du bist Anathea?“, fragte der andere Seher.
    „Ja“, sagte sie leise. Ihre Stimme war nach all der Zeit in dem Darkling schwach geworden.
    „Welches Jahr haben wir?“, fragte er.
    Sie runzelte die Stirn.
    „Ich meine, an welches Jahr erinnerst du dich?“
    Sie hatte so lange nicht über Jahre und Monate nachgedacht …
    Darklinge rechneten im Zwölfersystem, und grobe Überschläge lagen ihr inzwischen näher. „Neunzehnhundertzweiundfünfzig?“
    Er nickte, die Information schien ihn zu freuen. Sie ließ ihre Augen zufallen.
    „Weißt du, was passiert ist?“, fragte er. „Mit dem Rest von deinen Leuten, den Midnightern aus deiner Zeit?“
    „Aus meiner Zeit?“ Sie fing an zu zittern, jetzt fiel es ihr ein.
    Es hatte Befehle gegeben, vor langer Zeit, die sie selbst weiter-geleitet hatte, auf Zeichentafeln, damit verbrecherische Daylighter sie lesen konnten. Aber das war schon so lange her, zu lang, um sich zu erinnern. Ihr wurde kalt.
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