Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit

Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit

Titel: Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
Autoren: Peter F. Hamilton
Vom Netzwerk:
fast gespenstisch. Um dem Gefühl von Einsamkeit zu entgehen, griff er ins Gaiafield, in der Hoffnung, etwas Trost aus den darin immerzu umherwirbelnden Gedanken zu ziehen. Sofort umhüllte ihn das emsige Hintergrundgemurmel wie ein lautstarker Spuk; Gedanken, die riefen, schwermütig und drängend, Gefühle, die Neugierde weckten, wenngleich die traurigeren von ihnen ihn zurückschrecken ließen.
    Sich etwas besser fühlend, nun, da er wusste, dass immer noch andere Menschen um ihn herum lebten und wach waren, beschleunigte Chris seine Schritte. Bis zum Morgen waren noch acht weitere Universalbots zu überholen. Selbst mithilfe des Firmensmartcores, der mit den Wartungsbuchten im Versorgungsdepot verbunden war, würde er alle Hände voll zu tun haben, wollte er rechtzeitig fertig werden. Einmal mehr fragte er sich, ob die Nachtschichtzulage die Sache wirklich wert war. Seine Freunde sahen ihn nur noch am Wochenende, und dann war er wegen seines Schlafrhythmus eine ziemlich miese Gesellschaft.
    Er schritt die lange Reihe von Landefeldern entlang, trat mit den Stiefeln in Pfützen, die sich über die weite Betonfläche ausdehnten. In sanften grünlichen Kräuselungen reflektierte in ihnen das Leuchten der Lichtgloben auf ihren hohen Pfählen. Dicke Regentropfen trommelten geräuschvoll auf die dunklen Rümpfe abgestellter Schiffe.
    Plötzlich flackerte zehn Meter über dem glatten Beton ein kleiner Stern blauviolett auf. Chris sackte die Kinnlade herab. Jeder, der im Raumschiffbusiness tätig war, und sei es auch in einer so unbedeutenden Position wie dieser, erkannte das Signaturspektrum von Cherenkov-Strahlung sofort. »Da stimmt was nicht«, murmelte er entgeistert.
    Der Stern verschwand, und an seiner Stelle kräuselte sich die Luft. Unversehens starrte Chris auf einen perfekten schwarzen Kreis, der den Boden berührte. Die Schwärze veränderte sich nochmals, hellte sich auf zu Graublau und wich zurück mit einer Geschwindigkeit, die ihn schwindelig machte. Instinktiv riss er die Arme hoch, um die Balance nicht zu verlieren, hatte das sichere Gefühl, nach vorne zu stürzen. Nachdem er sein Gleichgewicht wiedererlangt hatte, blickte er in einen endlosen Tunnel. Plötzlich erhellte sich dessen matt glühende Substanz, und im nächsten Moment strömte unerträglich grelles Sonnenlicht daraus hervor. Nicht von Viotias Sonne, wie er erkannte. Dies hier war ein völlig anderer Stern.
    Einen Augenblick lang verfinsterte sich das Licht, als eine große Kapsel aus der Öffnung glitt. Hastig huschte Chris zur Seite und aus dem Weg. Er sah, dass das Wurmloch sich noch etwas gesenkt hatte, um der langen Reihe von gepanzerten Gestalten, die nun von ihrer Welt aus hindurchmarschierten, eine breite Bahn zu bieten. Über ihren Köpfen schwebten Bug an Heck Kapseln aus dem Wurmloch hervor. Stiefel schlugen in stetem, von den hohen Mauern der Dockgebäude widerhallendem Rhythmus auf den nassen Beton. Es war ein unheimlich brutales Geräusch, wie Chris fand. Mehr als hundert Soldaten befanden sich inzwischen auf Viotias Seite. Soldaten? Aber wie sonst sollte er sie nennen?
    Schließlich begann ihm die Unmöglichkeit dessen, was er sah, ins Bewusstsein zu dringen. Hektisch setzte sein U-Shadow Notrufe ab; an seine Familie, seine Freunde, seine Arbeitskollegen, an Firmenbüros, die Polizei, die Stadtverwaltung, die Regierung … Sein Geist entließ einen gewaltigen Schrei des Entsetzens ins Gaiafield, der ein paar unmittelbare überraschte Reaktionen örtlicher Teilnehmer hervorrief, umso mehr, als Chris ihnen seine Sicht öffnete.
    »Sie da!«, dröhnte eine verstärkte Stimme aus der ersten Reihe der marschierenden Gestalten. Es mussten jetzt an die dreißig Kapseln in der Luft sein, die beschleunigend in Richtung Stadt ausschwärmten, und es wurden immer noch mehr. Von seiner Position aus bot das Wurmloch Chris ein schmales Fenster auf das enorm große Feld auf der anderen Seite. Dort schien warmes Nachmittagssonnenlicht anheimelnd auf Reihen um Reihen gepanzerter Gestalten, auf Tausende von ihnen – Zehntausende. Die meisten standen im Schatten einer Armada von Regrav-Kapseln, die über ihnen in der Luft schwebte.
    Chris Turner wirbelte herum und begann zu rennen.
    »Stehenbleiben«, befahl die barsche Stimme. »Hier spricht die legitimierte Polizei von Viotia, bevollmächtigt durch Ihre Premierministerin. Bleiben Sie stehen, oder Sie tragen die Konsequenzen.«
    Chris rannte weiter. Das alles konnte doch nicht wahr sein.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher