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Das Dunkle Netz Der Rache

Das Dunkle Netz Der Rache

Titel: Das Dunkle Netz Der Rache
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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»Okay?«
    »Okay.«
    Erneute Grübchen waren seine Belohnung. »Du bist unmöglich, aber ich liebe dich.«
    »Ich bin unmöglich«, stimmte er zu.
    »Und …«
    »Und ich liebe dich auch.«
    Sie verschwand ins Wohnzimmer. Gott, sie war noch immer so schön. Als er sie vor fünfundzwanzig Jahren geheiratet hatte, hatte er sich nichts anderes gewünscht, als mit ihr alt zu werden. Und jetzt war genau das passiert. Heute war er fünfzig. Fünfzig Jahre alt und verliebt in eine andere Frau.

5:45 Uhr
    Clare hielt am Straßenrand und angelte ihre Taschenlampe aus dem Handschuhfach. Die Innenbeleuchtung in ihrem süßen kleinen Shelby Cobra, ein Schnäppchen, weil restauriert, funktionierte nicht. Sie schaltete die Lampe ein und studierte die Wegbeschreibung, die John Huggins ihr diktiert hatte. Mit dem Fuß drückte sie unterdessen fest auf das Bremspedal, denn auch die Handbremse funktionierte nicht. Seit sie ihn gekauft hatte, war die Steuerkette schon zwei Mal gerissen, und der Auspuff würde sich demnächst in einem Regen von Rostflocken verabschieden, aber der Shelby ging ab wie eine Rakete, und die Heizung war so warm wie ein Backofen, wofür sie an diesem eisigen Morgen besonders dankbar war.
    Okay, sie hatte die Asphaltstraße verlassen und war an zwei Feldwegen auf der linken Seite vorbeigefahren. Huggins hatte sie gewarnt, dass die vielen Zugangsstraßen nach Haudenosaunee verwirrend waren. Laut der Wegbeschreibung musste sie noch eine halbe Meile fahren und dann rechts in einen Feldweg abbiegen, der mit Steinpfeilern markiert war und sie zum Hauptcamp führen würde.
    Und schon nach wenigen Minuten fuhr sie zwischen zwei Obelisken aus Flussfelsen hindurch und kurvte auf einem von Herbstlaub bedeckten Kammweg immer höher in die Berge. Sie fing gerade an, sich Gedanken zu machen, ob sie trotz der Beschreibung irgendwo falsch abgebogen war, als sich der Wald zu beiden Seiten des Wegs öffnete und ihre Reifen über Kies knirschten.
    Der erste Blick auf Haudenosaunee überraschte sie. Sie hatte etwas Großartiges erwartet, eine von den Adirondacks beseelte Phantasie mit gotischen Verzierungen aus entrindeter Birke und einer Reihe Geweihe über dem Eingang. Stattdessen stand sie vor einem einfachen, zweistöckigen Blockhaus mit weit vorspringendem Dach und einer breiten Veranda, das ihr eher nach Wyoming als New York State zu gehören schien. Das Haus – Camp – stand an einer ebenso breiten wie langen Kreisauffahrt. Auf der anderen Seite der Auffahrt, gegenüber der Veranda, war der Baumbestand rigoros ausgedünnt worden, so dass sich jetzt eine grandiose Aussicht auf das sich nach Norden erstreckende Gebirge bot. Demnach war es vermutlich als Sommerhaus gebaut. Zu den Dingen, die Clare in ihren zwei Jahren in Millers Kill gelernt hatte, gehörte, dass niemand sein Haus mit der Front nach Norden baute, wenn er es vermeiden konnte. Eingerahmt wurde die Aussicht von einer Dreiergarage am anderen Ende, ebenfalls aus Holzbohlen. Ihre Tore waren, wie die Türen und Fensterläden des Hauses, Adirondackgrün gestrichen.
    Huggins’ schwarzer Dodge Ram stand vor einigen anderen Pick-ups und Geländewagen. Clare stellte ihr Auto daneben ab, ein Zwerg im Reich der Allradantriebe.
    Als sie ausstieg, spürte sie die klamme Kälte der frühmorgendlichen Luft. Sie beugte sich noch einmal hinein, um ihren Parka und die Handschuhe vom Beifahrersitz zu holen, und schlug sich fast den Kopf an, als jemand von der düsteren Veranda des Haupthauses »Reverend Fergusson?«, brüllte.
    »Ja, ich bin’s«, erwiderte sie.
    »Schön, dass Sie es geschafft haben.« Er trat von der Veranda in die graue Dämmerung, ein untersetzter Mann in leuchtend orangefarbener Jacke. »Ich weiß nicht, ob Sie sich an mich erinnern, ich bin Duane.« Er schüttelte ihr die Hand.
    »Sicher«, sagte sie. »Sie sind einer von Russ’ – von Chief Van Alstynes Teilzeitpolizisten, oder?«
    Seine Zähne schimmerten im Zwielicht. »Teilzeitpolizist, Teilzeitrettungsdienst, Teilzeitsanitäter, Vollzeitnervensäge, wie meine Frau mir versichert. Haben Sie etwas Oranges oder Reflektierendes da drin?«
    Sie nahm ihre reflektierende Laufweste vom Rücksitz. »Ich dachte, die würde gehen.«
    »Die reicht schon. Wir möchten doch nicht, dass man Sie mit einem Bock verwechselt und abknallt.«
    Sie streifte die Weste über ihren Parka, während sie Duane zum Haus folgte. »Passiert das wirklich?«
    Er sah zum heller werdenden Himmel hoch. »An einem schönen Samstag
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