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Das dunkle Lied des Todes

Das dunkle Lied des Todes

Titel: Das dunkle Lied des Todes
Autoren: Bjarne Reuter
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Projekt?«
    »Ist es dir gelungen, es zu verdrängen?«
    Er schaut weg.
    »Ich lebe damit, jeden Tag. Ich habe es archiviert. Wieich dieses Haus in einer kleinen schwarzen Schachtel archiviere, die ich in einer großen schwarzen Schachtel unten in eine noch größere Schachtel werfen werde, die nie mehr das Licht des Tages erblicken wird. Tu dir einen Gefallen und mach es genauso.«
    »Aber das kann ich nicht.«
    Eva steht auf und läuft hin und her.
    »Ich kann es nicht unter den Teppich kehren. Es sitzt fest. In meinem Kopf. Namen, Orte, das Haus, der Kaufmann und die Mühlen, die wie in der Hölle dröhnen. Sie haben sich seit den Dreißigerjahren nicht einen Millimeter bewegt und jetzt wirbeln sie herum. Wir können die nicht einfach in eine Schachtel stopfen. Du hast sie nicht gesehen, Lars, im Gegensatz zu mir. Der Himmel war schwarz und braun und gefleckt, alle Bäume lagen am Boden, kein Mensch zu sehen, kein Vogel, aber diese verdammten Mühlenflügel hämmerten herum, dass man sich vorkam wie in der Hölle. Es gibt keine Schachtel, in der das Platz hat.«
    Eva schlägt die Hände vors Gesicht.
    »Ich kann es jedenfalls nicht vergessen und ich will das nicht allein tragen müssen. Ich könnte es nicht ertragen, wenn du in drei Monaten sagtest, du könntest dich nicht daran erinnern, was passiert ist. Oder dass es nur in meinem Kopf passiert ist.«
    Er zieht sie neben sich.
    »Hör mal: Wir haben einen Blick getan in   … ja, in etwas, das wir nicht verstehen, einen Zusammenhang, einewahnwitzige Verbindung, in der wir für den Rest unseres Lebens herumbohren können. Aber das führt zu nichts. Glaub mir, es ist besser, das alles auf sich beruhen zu lassen. Verdammt, wir müssen doch weiterkommen in unserem Leben. Unserem ganz normalen alltäglichen Leben, weit weg von Burgsvig, weit weg von Pemba. Max Savannah ist tot. Die Familie Schiøler ist tot. Weg, verschwunden, fort. Sie waren auf einem Schiff, das 1934 untergegangen ist. Aber wir leben. Darauf wollen wir uns konzentrieren. Und uns gegenseitig dabei helfen.«
    Eva greift zu einem Papiertaschentuch und putzt sich die Nase.
    »Ich komme nie wieder hier herauf. Werde nie wieder einen Fuß in diesen Ort setzen. Nie im Leben.«
    »Ich auch nicht.«
    »Aber was ist mit den Kindern, Lars?«
    »Die sind es jetzt los. Hast du nicht gesehen, wie erleichtert sie waren? Ganz abgesehen davon, dass die Alte möglicherweise nichts Besseres verdient hatte.«
    »Möglicherweise.«
    »Auch wenn man das natürlich nicht vertreten kann.«
    Eva schüttelt den Kopf.
    »Ich werde sie immer wieder mit verbundenen Augen im Wasser liegen sehen. Ertrunken wie ihre Schwester und ihre Eltern. Frau Wagner. Die Dämonin Wagner.«
    »Lass sie liegen, Eva.«
    Bromsen geht zum Fenster, das von den schweren Blenden verdeckt ist.
    »Kannst du es hören?«, sagt er. »Ich glaube bei Gott, der Wind flaut ab. Der Sturm wütet nicht mehr so sehr. Ich glaube, das Schlimmste ist überstanden. In einer Stunde sind wir auf der guten dänischen Autobahn. Auf der Herfahrt sind wir an einer Raststätte mit einer orangen Cafeteria vorbeigekommen. Du weißt, eine von denen mit Plastikburgern und Pappwürsten, einarmigen Banditen und Bällebad, wo Kinder Amok laufen können. Genau das, was wir jetzt brauchen. Ein Wahnsinn, den wir kennen. Hysterischer Kunststoff. Fast Food. Uääh!«
    »Du bist so gut wie Jim Beam.«
    »Ich bin Jim Beam. Ich will jetzt nach Hause.«
    »Ja«, flüstert Eva. »Das will ich auch. Das wollen wir alle. Ich freue mich auf meine zweieinhalb Zimmer. Auf Blumen, Fernseher, Küchentreppe und meine alte Stereoanlage. Ganz zu schweigen von dem Balkon, wo das Unkraut so gut gedeiht. Auf den Duft des verdammten Milcheimers. Home sweet home. Ich habe so unendliches Heimweh.«
    Eva starrt den Boden an.
    Wo das Wasser unter der Tür durchsickert.
    Es breitet sich aus als lautlose, aber rasch wachsende Lache, die an den Brettern leckt.
    »Lars!«
    »Was ist los?«
    »Da kommt Wasser rein.«
    »Wo?«
    »Unter der Tür.«
     
    »Was in aller Welt?«
    Bromsen reißt die Tür auf. Draußen stehen Filip und JB.
    »Was ist los?«
    »Die Klos sind durchgeknallt«, sagt Julius. Eva starrt ins Badezimmer, wo die Waschbecken überlaufen. Das Wasser schäumt aus den Hähnen und schießt wie Geysire aus den Kloschüsseln.
    »Warum habt ihr das nicht abgedreht?«, ruft Bromsen.
    »Das geht nicht.«
    »Es muss doch einen Haupthahn geben!«
    Franz steht in der Duschkabine. Er zeigt auf die
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