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Das dunkle Lied des Todes

Das dunkle Lied des Todes

Titel: Das dunkle Lied des Todes
Autoren: Bjarne Reuter
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ist so, wie er es entworfen hat. Vom Keller bis zur Mansarde. Abgesehen von der geteerten Säule im Esszimmer. Die steht nicht ganz richtig. Mein Vater hat sie als persönliche Geste hineingestellt, nachdem das Haus errichtet worden war. Sie ist ein Teil des Großmasts. Aber ansonsten ist es so, wie Savannah das gewollt hat.«
    Eva räusperte sich.
    »Savannah?«
    »Der Besitzer. Sein Grab ist unten im Keller.«
    Eva starrte hinter der Frau her, die auf den Gang hinausgetreten war.
    »Verzeihung, aber haben Sie gesagt, dass er unten im Keller liegt?«
    »Er braucht wirklich ein wenig frische Luft«, die Frau stützte eine Hand an die Wand, »auch wenn man die Blenden fest geschlossen hält, lässt es sich nicht vermeiden,dass die Dinge ihre Farbe verlieren. Es wird Pemba guttun, wieder bewohnt zu werden. Verzeihung, was haben Sie gesagt, Frau Bergman? Ach ja, Savannahs Grab ist unten im Keller. Sein Bruder, Edward, war Gürtler. Er hat die Maske angefertigt.«
    Eva folgte der alten Dame, die jetzt die Treppe hinunterging.
    »Entschuldigung, aber was ist das für eine Maske, von der Sie da reden?«
    »Der Keller ist ein wunderbarer Kühlraum. Für den Milchkakao der Kinder. Savannahs Totenmaske liegt im hintersten Raum. Er und sein Bruder hatten Sansibar verlassen, wo sie mehrere Plantagen besaßen. Sie wollten ihr Leben zu Hause in Dänemark beenden. Dieses Haus heißt nach der Insel, die nördlich von Sansibar liegt, Pemba.«
    Eva wühlte in ihrer Tasche, ohne wirklich zu wissen, wonach sie suchte.
    »Sie haben vielleicht oft Besuch   … ich meine, von Schulklassen?«
    Die Frau runzelte die Stirn und versank in ihren eigenen Gedanken.
    »Haben Sie die Figur gesehen, Frau Bergman, die Jolly Nigger Bank?«
    Die Frau ging zum Regal mit der schwarzen Figur.
    »Das ist eine Sammelbüchse aus einer Missionsstation in Afrika. Sie ist aus Gusseisen. Das Ganze ist doch in Kisten und Kästen nach Hause gekommen. Ja, nicht das Ganze, aber einiges. Die leblosen Dinge.«
    Eva setzte sich auf den nächsten Stuhl und sehnte sich nach dem köstlichen Dortmunder.
    »Ich habe plötzlich einen so trockenen Mund«, murmelte sie.
    »Mein Vater war Tischlermeister«, die hochgewachsene Frau schaute aus dem Fenster. »Er hat Pemba für die Gebrüder Savannah erbaut. Es sollte doch fertig sein, wenn sie nach Hause kamen. Aber dazu ist es nicht gekommen.«
    Eva schaute auf.
    »Was ist passiert?«
    »Das Schiff ist gekentert.«
    »Gekentert?«
    »Ja, das war 1934.«
    Eva faltete die Hände vor der Brust.
    »Sie sind also nie nach Hause gekommen?«
    Die Frau hob eine Augenbraue.
    »Ich finde es spannend, dass die Kinder herkommen. Das muss doch eine ziemlich lange Reise sein. Wie viele sind in der Klasse?«
    »Elf, dazu ich und ein Kollege.«
    »Wirklich? Wie viele Mädchen und wie viele Jungen?«
    Eva antwortete, es handele sich um sieben Jungen und vier Mädchen.
    »Und Kinder würde ich sie kaum nennen. Die werden heutzutage rasch erwachsen. Die Küche, liegt die da draußen? Ich habe plötzlich solchen Durst. Das muss von dem vielen Salz in der Luft kommen.«
    »Salz, Frau Bergman?«
    »Vom Meer«, murmelte Eva. »Es hängt sozusagen in der Luft. Wenn man aus der Stadt kommt   … man ist wohl ein wenig empfänglicher.«
    Die Frau trat ganz dicht vor Eva hin. So dicht, dass ihre Füße einander berührten.
    »Kennen Sie das, Frau Bergman, man begegnet einem fremden Menschen und hat sofort das Gefühl, diesen Menschen zu kennen, obwohl man weiß, dass das nicht sein kann? Ich habe mich so darüber gefreut, dass Sie gesagt haben, Sie fühlen sich hier zu Hause. Es ist wichtig, sich zu Hause zu fühlen. Es ist von entscheidender Bedeutung zu wissen, woher man kommt. Sie können einfach durch das Esszimmer gehen, schon stehen Sie in der Küche.«
     
    Sie trank mit großen, gierigen Schlucken. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie zuletzt solchen Durst gehabt hatte. Dieses Wasser schmeckte heimlich nach Eisen, während das Wasser in der Stadt nur nach Chlor schmeckte. Doch, heimlich war das richtige Wort, sie wiederholte es in Gedanken, als sie mit dem Glas in der Hand durch das Esszimmer ging und zurück in die Halle wollte.
    »Ich hatte plötzlich solchen Durst.«
    Eva wirbelte um sich selbst herum.
    »Hallo?«
    Die Haustür stand offen.
    Sie ging hinaus in den Windfang.
    »Gehst du einfach, ohne dich zu verabschieden? Seltsame Person.«
    Eva stellte das Glas weg, holte ihre Einkäufe aus dem Auto und musterte die Küche, die in jeder
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