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Das dunkle Lied des Todes

Das dunkle Lied des Todes

Titel: Das dunkle Lied des Todes
Autoren: Bjarne Reuter
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Süden, und wir tragen mit
uns den Plantagenduft der Gewürznelken, als wir unter vollem Segel am Osten von Dar-es-Salaam vorüberfahren. Kapitän
Barrets grüne Augen leuchten wie die eines erfahrenen Piraten. Seine roten Haare flammen in der Sonne. Wir haben
Glück damit, einen so guten Mann zum Kapitän zu haben.
Er hat sich selbst seinen Steuermann ausgesucht, den mageren, ernsten, aber überaus höflichen Herrn Flint, und wir
geben nun unser Schicksal und all unser Hab und Gut in
ihre Obhut.
    Die Pemba ist beladen mit Bananen, Kopra, Mais und
Kästen voll Gewürznelken sowie dem Vermögen, das Edward
und ich uns in den Jahren zusammengespart haben und das
uns in der Zeit, die uns noch bleibt, willkommen sein wird.
    An den ersten Tagen geht es schnell, dann tritt eine Flaute
ein. Die Segel hängen schlaff herab und die Mannschaft
verlegt sich aufs Trinken. Bootsmann und Koch haben sich mit dem törichten Zimmermann zusammengetan. Steuermann
Flint scheint nicht mit ihnen fertigzuwerden.
    Bei uns ist Frederik Schiøler, ehemaliger Missionar in
Zentralafrika, zusammen mit seiner Gattin Gudrun und ihrer
beider Tochter Amalie, die aussieht wie aus dem feinsten
chinesischen Porzellan. Mein Bruder glaubt nicht, dass sie die
Strapazen aushalten wird, wenn wir die Südspitze umrunden.
Dagegen haben wir viel Spaß mit den munteren Damen
Friis-Hansen, die Canasta spielen und immer gern lachen.
Aber als der Wind dann endgültig aussetzt, wird uns die Zeit
lang. Amalie kann sich mit ihrem Seidenäffchen amüsieren,
wenn sie sich nicht von der schwarzen Miss Limbo bedienen
lässt, einem großen, schönen Dienstmädchen, das die Familie
Schiøler vom Festland mitgebracht hat.
     
    Als der Wind endlich wieder einsetzt, sitzen wir im Kreis an
Deck. Die Damen Friis-Hansen kennen unendlich viele
Gesellschaftsspiele.
    Wir halten einander an den Händen und lassen unsere Gebete um Wind von Hand zu Hand gehen. Frederik Schiøler findet das gar nicht gut. Ich nehme in der Runde eine gewisse
Spannung wahr. Die Luft steht still und die Hitze ist unerträglich. Amalie ist blass. Sie kann die Hitze nicht ertragen und liegt in der Kajüte, bekommt kalte Umschläge und lässt sich von ihrer Mutter und von Miss Limbo pflegen, die noch immer kein Wort gesagt hat. Auf meiner einen Seite sitzt Lærke Friis-Hansen, auf meiner anderen der grobe Bootsmann.
    Da sagt Steuermann Flint:
    »Kapitän Barret, ich glaube, Wind kommt auf.«
    Welche Erleichterung. Endlich geht es weiter. Das gute
Schiff Pemba durchpflügt die Wellen wie nie zuvor und ich
mache mir Notizen in meinem Tagebuch, denn ich habe
soeben unserem neuen Haus einen Namen gegeben, es soll
ebenfalls Pemba heißen.

5
    Mein Sohn rief uns von der Fähre aus an. Ich sagte, er sollte tapfer sein, und versprach ihm sein Lieblingsessen, wenn er erst zu Hause wäre.
    Bolette Blumendorph, Mutter
     
    Licht auf den Augenlidern. Die Wärme der Sonne, die durch das Fenster auf der Südseite des Hauses scheint. Licht und Geräusche. Von einem Dieselmotor und vielen Stimmen. Rufend, lachend und herumalbernd: Vibe, Tineke, Franz und nicht zuletzt JB.   Sein ewiger Wortschwall von gutmütigem Spott über alles zwischen Himmel und Erde verbindet diesen vertrauten Chor.
    Eva hat verschlafen. Genauer gesagt, sie hatte den Wecker nicht gestellt. Kann sich nicht erinnern, wann sie zuletzt so lange geschlafen hat. Mit einem kleinen Lächeln schwingt sie die Beine aus dem Bett, stellt die Füße auf den nackten Boden, richtet sich auf und muss sich am Bettpfosten festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Sie schaut in den Spiegel, zieht einen Pullover über ihr Nachthemd und hört die anderen an die Tür hämmern.
    »Schon unterwegs, schon unterwegs. Hätt ich nur Zeit, schon wär ich bereit.«
    Sie bleibt auf der Treppe stehen und wiederholt diesen Satz.
    »Hätt ich nur Zeit, schon wär ich bereit? Habe ich das gesagt? Wenn man vom Dortmunder so wird, kaufe ich morgen einen ganzen Kasten.«
    »Liegst du immer noch im Bett, Eva?« Gustavs helle Stimme. Die einfach nicht in den Stimmbruch kommen will.
    »Was zum Teufel ist das denn für eine Bruchbude?« Franz’ männertiefe Stimme.
    Dazu das notorische Kichern von Tineke und Vibe.
    »Ihr sammelt eure Sachen zusammen. Habt ihr gehört? Ihr sammelt eure Sachen zusammen.« Bromsen hat zu seiner Kommandostimme gegriffen.
    Eva lässt sich Zeit.
    »Ganz ruhig jetzt«, sagt sie, öffnet die Tür und wird von brüllendem Lachen empfangen. Aus irgendeinem
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