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Das dunkle Fenster (German Edition)

Das dunkle Fenster (German Edition)

Titel: Das dunkle Fenster (German Edition)
Autoren: Andrea Gunschera
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Absatz ohne Foto. Torpey holte scharf Luft und griff nach dem Telefonhörer.
    „Nico Delani“, wiederholte Torpey. „Der Maler. Genau der.“
    Andrew Stuart, der Bereichsleiter, stand auf, durchquerte mit drei Schritten das kleine Büro und schloss die Tür. Mit einer Handbewegung bot er Torpey den Besucherstuhl an.
    „Woher kommt diese Information?“, fragte Stuart.
    Wow, dachte Torpey. Volltreffer.
    „Italien“, sagte er. „Reiner Zufall, dass es nicht untergegangen ist. Unser Informant war auf einer Studentenparty und hat es im Gespräch mitbekommen. Hat eigentlich nur geschaltet, weil jemand das Wort Libanon hat fallen lassen. Eine libanesische Studentin hat ihre Eltern besucht und ist dort unverhofft einem Mann begegnet, den sie für Nico Delani hält.“
    „Ach du Scheiße“, sagte Stuart. Er griff nach dem Telefonhörer, legte ihn dann aber zurück auf die Gabel. „Ach du Scheiße“, wiederholte er.
    „Er war irgendwie in das Rosenfeldt-Attentat verwickelt, oder?“
    „Tatsächlich“, erwiderte Stuart, „glauben wir, dass er der Attentäter war. Aber das ist eigentlich die Baustelle der Israelis.“
    Torpey grinste. „Vielleicht sollten wir unseren Freunden am King-Saul-Boulevard einen Tipp geben.“
    „Vielleicht sollten wir das.“ Stuart kaute auf einem Bleistift. Er wandte Torpey den Rücken zu und starrte aus dem Fenster. „Sie würden bestimmt dankbar sein“, murmelte er. „Und dann müssten wir uns nicht darum kümmern.“ Mit einem Ruck drehte er sich wieder um.
    Torpey erhob sich von seinem Stuhl.
    „Erzähls bloß niemandem“, sagte Stuart und griff erneut nach dem Telefon.
3 Tel Aviv | Israel
     
    Am King-Saul-Boulevard, einer staubigen, dicht befahrenen Straße in Tel Aviv, steht ein graues Betonhochhaus, das Hadar Dafna Center. In seiner Eingangshalle befindet sich eine Bank, im zweiten Stock eine öffentlich zugängliche Cafeteria. An den Seiten des Gebäudes liegen einige Geschäfte, die den Eindruck erwecken, es handle sich bei dem Komplex um ein Einkaufszentrum. Nur wenige Anwohner wissen, dass hier das Hauptquartier des Mossad untergebracht ist, des israelischen Auslandsgeheimdienstes.
    Der Besprechungsraum auf Ebene IV-a hatte keine Fenster, dafür aber eine Klimaanlage, die erst kürzlich repariert worden war. Als Lev Katzenbaum eintrat, standen bereits zwei Männer im Raum.
    Katzenbaum kannte sie beide, Adi Simmenauer, den Leiter der Abteilung für Internationale Sicherheit und Binyamin Shalev, den Vizedirektor.
    Das Meeting war unerwartet einberufen worden; es musste etwas passiert sein. Und zwar etwas Großes, wenn Shalev persönlich dabei war. Katzenbaum legte seine Schreibmappe ab und murmelte einen Gruß. Einen Moment später erschien Natalie Zinker, Shalevs Assistentin. Sie schloss die Tür hinter sich und schob einen Stoß Akten auf den Besprechungstisch.
    „Hallo, die Herren“, sagte sie.
    Binyamin Shalev machte eine Handbewegung, mit der er alle dazu aufforderte, Platz zu nehmen. „Jemand Kaffee?“
    Natalie schaltete den Projektor ein. Katzenbaum fröstelte, weil die Klimaanlage so kalt eingestellt war.
    Shalev räusperte sich. „Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben.“
    Der Vizedirektor war ein kleiner, untersetzter Mann mit goldgeränderter Brille und ergrautem Haar. Seine unauffällige Erscheinung und die leise Stimme täuschten leicht über die Machtfülle hinweg, die er in der Organisation innehatte. Shalev war eine Institution am King-Saul-Boulevard,die zwei Direktoren überlebt hatte. Katzenbaum kannte ihn, seit er selbst vor fast dreißig Jahren vom Dienst rekrutiert worden war.
    „Ich habe heute einen Anruf aus Langley bekommen“, fuhr Shalev fort. „Die Amerikaner haben eine interessante Information aufgefangen.“ Er warf Natalie einen Blick zu. „Sind Sie soweit?“
    Natalie schaltete auf die erste Folie. Das Schwarzweiß-Foto eines Mannes. Katzenbaum holte scharf Luft. Er fing einen Blick Simmenau- ers auf, die Andeutung eines schiefen Grinsens.
    „Die Akte Fabio“, murmelte der Strategiechef. „Dass ich das noch erleben darf.“
    Katzenbaum sah wieder hinüber zu der streifigen Schwarzweiß-Fotografie an der Wand, die aus einer Überwachungskamera des Flughafens Tegel in Berlin stammte.
    Fabio.
    Die Akte war geschlossen worden, die Operation für gescheitert erklärt. Es war der Anfang vom Ende der Karriere des Ephraim Seltzer gewesen, dem Mann, der 2001 an der Spitze des Mossad gestanden und der Gerüchten zufolge den
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