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Das dunkle Fenster (German Edition)

Das dunkle Fenster (German Edition)

Titel: Das dunkle Fenster (German Edition)
Autoren: Andrea Gunschera
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europäische Herkunft, denn sie waren von einem intensiven Grün. Das ließ sich mit gefärbten Kontaktlinsen kaschieren, das hatte er früher manchmal getan. Aber er vertrug die Linsen nicht besonders gut, vor allem nicht über einen längeren Zeitraum. Deshalb hatte er – als Nicolá Martin – gar nicht erst damit angefangen. Im Pass war grün vermerkt, und wenn ihn jemand danach fragte – was gelegentlich vorkam – gab er das Erbteil seines französischstämmigen Großvaters an.
    Er hatte viel Sorgfalt auf die Geschichte des Nicolá Martin verwendet. Der Lebenslauf war unspektakulär, aber nicht langweilig. Es gab keine nachprüfbaren Details. Das Einzige, was ihn mit seinem früheren Leben noch verband, war die Malerei. Und selbst hier malte nicht länger Nikolaj Fedorow, sondern Nicolá Martin, der versuchte, mit dem Pinsel die Heimat seiner Vorfahren einzufangen.
    „Oh mein Gott, ich muss dir unbedingt was erzählen!“, platzte Azizah heraus, als Chiara durch die Tür trat.
    Sie hatte versucht, sie anzurufen, aber das Handy hatte den ganzen Nachmittag ins Leere geklingelt. Draußen schlugen Autotüren, jemand ließ den Motor wieder an, dazwischen Wortfetzen und Gelächter.
    Chiara zog die Jacke aus und hängte sie an die Garderobe. Sie warf einen Blick auf das Handy-Display.
    „Fünf Anrufe in Abwesenheit“, sagte sie trocken.
    „Du wirst es nicht glauben“, beharrte Azizah.
    „Du hast den Maler verführt und ihr habt den ganzen Tag in seinem Bett verbracht“, schlug Chiara vor.
    Azizah kicherte. „Du bist unmöglich.“
    „Habt ihr?“
    „Natürlich nicht. Es war ein sehr sittlicher Besuch.“
    „Wie langweilig.“ Chiara hob die Augenbrauen. „Was gibt es sonst noch Berichtenswertes?“
    „Nico Delani. Sagt dir das was?“
    „Das sollte es vermutlich, wenn du so fragst?“
    „Ich kann’s nicht glauben“, ereiferte sich Azizah. „Ich meine den Maler Nico Delani. Hör mal, wir waren zusammen in der Ausstellung!“
    „Ach, jetzt weiß ich es wieder.“ Chiara legte den Kopf schräg. „Erstes Semester. Die Geschichte mit den gefälschten Einladungen.“ Sie kicherte.
    „Ja, genau. Der Typ, der diese Landschaftsmosaiken gemalt hat. Er war mal ziemlich angesagt, aber ist dann irgendwie in der Versenkung verschwunden.“ Azizah setzte ein Lächeln auf. „Er ist es. Ich habe ihn gefunden.“
    „Was?“
    „Er behauptet, er wäre früher Programmierer gewesen und hätte seine Firma verkauft, aber das stimmt nicht.“
    Chiara legte das Handy auf die Anrichte. „Das scheint ja doch ein ziemlich interessanter Besuch gewesen zu sein.“
    „Er hat gesagt, dass er die Malerei nur als Hobby betreibt und dass ihn Ausstellungen nicht interessieren, aber ich habe sein Atelier gesehen.“
    „Aha“, meinte Chiara ratlos.
    „Nur ganz kurz.“ Azizah hob die Hände. „Da stehen seine Bilder. Er hat sie mit Laken abgedeckt, aber ich habe trotzdem einen Blick drauf geworfen. Er ist es, ich schwöre es dir.“
    „Meine Güte, das ist aber ganz schön weit hergeholt. Vielleicht kennt er diesen Delani und hat sich von ihm inspirieren lassen.“
    Azizah schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin mir absolut sicher.“ Sie drehte sich um zu den anderen, die in der Küche am Kühlschrank standen.
    „Carla!“, rief sie. „Carla, du wirst das nicht glauben! Was fällt dir ein zu Nico Delani?“
2 Langley | Virginia
     
    Marc Torpey’s Gedächtnis war legendär. Im CIA Hauptquartier in Langley nannten sie ihn Mister Brain, weil er sich an Details erinnerte, die oft Jahre zurücklagen.
    Er arbeitete als Analytiker im Bereich European Affairs; seine Aufgabe bestand darin, eingehende Informationen zu filtern und zu bewerten und wenn möglich Querverbindungen herzustellen.
    Am fünften September gegen vier Uhr nachmittags erhielt er eine Mitteilung aus Italien. Einer ihrer Informanten hatte ein Gerücht aufgeschnappt, das er als interessant, aber nicht besonders wichtig eingestuft hatte. Der Grund für die Weiterleitung war, dass es etwas mit einem verschwundenen Mann zu tun hatte, der angeblich im Libanon gesehen worden war. Der Informant hatte die Mitteilung unter mögliche terroristische Aktivitäten klassifiziert – also etwas, das sie in Langley als Grundrauschen bezeichneten.
    Als Torpey den Namen auf dem Bildschirm las, rastete jedoch etwas in seinem Gedächtnis ein. Er öffnete die Datenbank und tippte Nico Delani ein.
    Die Akte öffnete sich, er überflog den Text. Viel war es nicht, nur ein kurzer
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