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Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Titel: Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)
Autoren: Aimee Agresti
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Treppe war nicht besetzt. Niemand stand auf dem schmalen Podest aus Eichenholz, das für den Pagen vorgesehen war, niemand trat aus dem Aufzug. Konnte es denn sein, dass vielleicht längst alle in irgendeinem Konferenzraum hockten?
    »Hallo?«, rief ich, aber meine Stimme ertönte in diesem grandiosen Szenario nur ganz schwach und leise. »Hallo?« Ich ging zum Empfangstresen hinüber und fuhr mit den Fingerspitzen über den kühlen, glatten Marmor. Der Tisch war ziemlich hoch, und ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um dahinterzuspähen. Dann hörte ich es – ein ganz leises Flüstern. Hinter dem Tresen befand sich ein bogenförmiger Durchgang, und dahinter ein Flur, der in fast völliger Dunkelheit dalag. Plötzlich blitzte im düsteren Gang kurz Licht auf – eine Tür wurde geöffnet – und der Umriss einer Frau mit Sanduhrfigur war zu sehen. Dann erfüllte eine samtige Männerstimme die Luft: »Du hast da noch was vergessen.« Eine Hand berührte die Frau am nackten Oberarm, dann trat ein großer, schlanker Typ im Anzug ins Licht, zog sie zu sich heran und hauchte: »Das hier.« Er küsste sie direkt unter dem Ohr, fuhr ihr mit den Fingern durch das schulterlange gelockte Haar und gab ihr dann noch einen Kuss.
    Die Frau hob mit zarten Fingern sein Kinn an und sah ihm in die Augen. Ich war so fasziniert, dass ich das Rauschen der Drehtür gar nicht mitbekam.
    »Da ist sie ja!«, ertönte eine Stimme und riss mich aus meiner Versunkenheit. Unwillkürlich zuckte meine Hand vom Empfangstresen zurück, als hätte man mich beim Stehlen ertappt, und ich kehrte stolpernd zum Eingang zurück. Dort erwarteten mich Dante mit seinem dreiteiligen Kofferset im Leopardenmuster und der stille Typ, mit dem wir zusammen in Europäischer Geschichte saßen. Mein bester Freund streckte die Arme aus: »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Süße!«
    »Danke!« Mir klopfte das Herz immer noch bis zum Hals, und ich musste mich erst mal beruhigen.
    Dante nahm mich in den Arm und küsste mich auf die Wange. »Tut mir leid, dass ich zu spät komme. Haben wir irgendwas verpasst?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Noch habe ich niemanden gesehen.«
    »Hey, du erinnerst dich doch sicher an Lance?«, meinte Dante und wies auf den Jungen an seiner Seite.
    »Na klar, hi.« Ich erkannte ihn zwar wieder, war mir aber nicht sicher, ob wir je miteinander gesprochen hatten.
    »Hey«, grüßte Lance kaum hörbar und nickte in meine Richtung. Unser dünner Mitpraktikant trug Jeans und ein T-Shirt der Cubs. Er überragte Dante und mich bei weitem, schien seine Körpergröße jedoch durch eine gebeugte Haltung ausgleichen zu wollen und lehnte sich vor, als wollte er mit der Brust einen schützenden Käfig bilden. Die Hände hatte er tief in den Hosentaschen vergraben. »Und, äh, herzlichen Glückwunsch.« Er schob sich die Hornbrille höher auf die Nase.
    »Danke.« Ich lächelte kurz und verlegen. Wir beäugten uns einen Augenblick, dann senkte er den Blick.
    »Er ist der Dritte im Bunde, damit ist unsere Truppe dann wohl komplett«, verkündete Dante. »Aller guten Dinge sind drei, heißt es doch so schön!«
    »Außer beim Streichholz«, stellte ich klar. »Na, du weißt schon, angeblich stirbt jemand, wenn man drei Kerzen mit demselben Streichholz anzündet, oder? Wie war das noch gleich?«
    »Wie bitte?« Dante klang irritiert; er konnte es nicht leiden, wenn ich begann, banale Alltagsfakten in eine bis dahin angenehme und entspannte Unterhaltung einzustreuen (was ziemlich oft passierte).
    »Ja, das bringt Unglück«, stimmte Lance zu und schielte hinter seiner Brille zu mir herüber, fing noch einmal kurz meinen Blick ein. Die riesigen Gläser ließen sein Gesicht winzig wirken. Wenn ich ihn ansah, konnte ich einfach auf nichts anderes mehr achten.
    »Na, zum Glück hatte ich sowieso keine Zeit mehr, noch eine Kerze aufzutreiben.« Dante streckte mir einen Plastikbehälter entgegen und schüttelte ihn vorsichtig, feierlich. »Ta-da! Für dich, meine Freundin«, verkündete er und überreichte ihn mir. Unter der durchsichtigen Kuppel entdeckte ich einen einzigen, perfekten Cupcake – mit rosafarbener Creme und übersät mit runden, konfettiähnlichen Zuckerperlen und einer Sechzehn aus essbaren Ziffern.
    »Dan, das war doch nicht nötig.«
    »Also, bitte, das hab ich doch gern gemacht.«
    »Danke, du bist der Größte!«, sagte ich, aber er hatte mich längst stehen lassen und drehte fasziniert eine Runde durch die Lobby.
    Er schaute hinauf
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