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Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Titel: Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)
Autoren: Aimee Agresti
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passender Schleife, das in eine Hand passte.
    Ich ließ den Rucksack auf den Boden plumpsen und hielt direkt auf den Geburtstagstisch zu. Unterwegs zog ich die Jacke aus und warf sie über einen Stuhl im Wohnzimmer. Als ich gerade die luftige Creme auf dem Kuchen probierte, stand Joan auch schon in der Tür.
    »Teil zwei deiner Party!«
    »Köstlich. Und unglaublich. Aber ich hab doch erst Montag Geburtstag.« Das war zumindest das Datum, an dem wir immer gefeiert hatten, da wir ja nicht wussten, wann ich geboren war. Am Montag jährte sich der Tag, an dem man mich gefunden und ins Krankenhaus gebracht hatte, wo Joan mich als Erste versorgt, meine Schnitte und Schrammen verbunden, mich nach Knochenbrüchen abgetastet und mich langsam zum Sprechen gebracht hatte, obwohl das meine Herkunft auch nicht geklärt hatte.
    »Ich habe mir gedacht, wenn wir schon mal in Partystimmung sind, dann machen wir am besten gleich weiter. Lass uns feiern!« Sie stellte ihre Tasche ab, schälte sich aus dem Mantel und hängte ihn neben der Tür an die Garderobe. Ich nahm die glitzernde Schachtel in die Hand und schüttelte sie.
    »Darf ich das aufmachen?«
    »Das will ich doch schwer hoffen!«, lächelte sie, trat zu mir an den Tisch und probierte selbst von der Creme. »Na los!«
    Ich riss das Papier auf und öffnete eine weiße Samtbox. In ihrem Inneren funkelte es.
    »Für Schmuck hast du ja nicht so viel übrig, du bist halt ein richtiger Junge«, sagte sie. »Aber 16 wird man schließlich nicht alle Tage, und da wollte ich dir gerne was Hübsches schenken.«
    Ich zog eine Halskette hervor und ließ ihre goldenen Glieder meine Finger umfangen. Es stimmte schon, ich trug keinen Schmuck, und die wenigen Stücke, die ich besaß, lagen seit jeher unberührt in ihrer Schatulle. Aber diese Kette fühlte sich irgendwie anders an. Zum einen baumelte daran kein Herzchen oder einer von diesen Geburtssteinen, wie sie die anderen Mädchen in der Schule trugen. Dieser harfenförmige Anhänger, der etwa so lang war wie meine Fingerspitze, stellte hingegen etwas ganz anderes dar: einen einzelnen goldenen Flügel, dessen sanft geriffelte Oberfläche die Federn imitierte.
    »Die Kette hab ich aus dem Antiquitätenladen, in den ich dich dauernd mitschleppe«, erklärte Joan.
    »Ich weiß schon, das Lädchen neben der Buchhandlung, in die ich mich immer davonmache, wenn du zu lange brauchst?«
    »Genau.« Sie lächelte. »Irgendwie ist sie was ganz Besonderes, eben einzigartig, genau wie du.« Sie küsste mich auf den Scheitel. »Der Flügel hat mir deshalb gefallen, weil du es wirklich weit bringen wirst, das weißt du doch, oder? Du bist ein Überflieger, Haven. Und du hast noch so viel vor dir.«
    »Danke, Joan. Die ist wunderschön, wirklich.« Ich nahm sie in den Arm und hielt sie etwas länger fest als sonst.
    »Vielleicht trägst du sie ja sogar?«, meinte sie und strich mir übers Haar.
    »Was ich dir sofort beweisen werde.« Ich ließ die Kette vom Finger baumeln und hob meine Haare hoch. »Könntest du vielleicht?«
    »Es ist mir eine Ehre.« Sie machte den Verschluss zu, drehte mich dann bei den Schultern herum und rückte die Kette zurecht, so dass der Anhänger genau in der kleinen Mulde an meinem Hals ruhte. »Perfekt, schau’s dir an.«
    Ich betrachtete mich im Badezimmerspiegel. Meine Augen wanderten umgehend zu dem Anhänger. Normalerweise war an meinem Aussehen alles unvollkommen oder zumindest unscheinbar. Meine Nase sah immer aus wie ein Klecks roher Plätzchenteig. Die Farbe von Haaren, Haut und Augen lag bei mir nur ein paar Nuancen auseinander: karamellfarbene Haut, schnurgerades honigbraunes Haar, dunkle Bernsteinaugen. Der rosafarbene Krankenhauskittel, der an meiner knabenhaften Figur herunterhing, machte die Sache auch nicht besser.
    Und ich hatte das völlig falsche Langarm-Shirt mit V-Ausschnitt an. Meine Lieblingsteile waren alle in der Wäsche, und aufgrund schlechter Planung war mir nur noch dieses mit etwas zu tiefem Dekolleté geblieben. Jetzt sah ich in den Spiegel und fragte mich, ob meine Narben – drei hässliche Streifen mit der Textur von Verbrennungen, die wie Akzente über meinem Herzen prangten – wohl den ganzen Tag so hervorgelugt hatten. Sie waren zwar nur fünf Zentimeter lang, zusammen mit den beiden Striemen auf meinen Schulterblättern gaben sie jedoch ein jämmerliches Bild ab. An diesem unwürdigen Modell hätte die Halskette eigentlich fehl am Platz wirken sollen, aber irgendwie sah sie aus, als
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