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0429 - In der Monsterhöhle

0429 - In der Monsterhöhle

Titel: 0429 - In der Monsterhöhle
Autoren: Werner Kurt Giesa
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»He!« hörten sie Tinas Ruf. Rico Rossi sah in die Richtung, aus der die Stimme erklang. Seine mit einem knapp geschnittenen Bikini bekleidete Schwester stand gut 20 Meter entfernt bis zu den Oberschenkeln im Wasser, nahe an einer Uferunterspülung des Aniene, der im Norden Roms in den Tiber mündete. Zusammen mit Carla Tizione und Francesca Gordo waren sie in Rossis Fiat Uno aus der Millionenstadt förmlich geflohen, um hier draußen in der Ruhe und Abgeschiedenheit ungestört zu sein. Auf der Uferwiese hatten sie zwei kleine Zelte aufgebaut, und Rico war dabei, eine Feuerstelle vorzubereiten, an der sie später, wenn es dunkel wurde, ein kleines Lagerfeuer machen konnten. Hier draußen, rund 15 Kilometer vom Moloch Rom entfernt und etwa auf halbem Weg zwischen Lunghezza und Tivoli, störte sie kein Mensch. Nicht mal Touristen, die hin und wieder die Ruinen der Villa Hadriani aufsuchten, verirrten sich hierher an den Fluß. Und deshalb störte es auch niemanden, daß Francesca nur ein buntes T-Shirt trug, nachdem sie vor einer halben Stunde mit Rico das Zelt wieder verlassen hatte, und daß Carla sich derweil bemühte, nahtlos braun zu werden.
    »Kommt doch mal her!« rief Tina Rossi von weitem.
    Carla protestierte. »Wenn du was gefunden hast, bring’s doch her, dann brauche ich nicht aufzustehen!«
    Rico seufzte. Er bewegte sich am Ufer entlang und stieg erst kurz vor dem Ziel ins Wasser. Tina schob ein paar Zweige zur Seite. Die Uferunterspülung wurde von allerlei Strauchwerk bewachsen. Und jetzt sah Rico, daß dahinter noch mehr war.
    Eine Art Höhleneingang.
    »Da wohnt man zwanzig Jahre lang in dieser Gegend, wächst hier auf und weiß nicht, daß es hier eine Höhle gibt. Oder war dir das bekannt?« fragte er kopfschüttelnd.
    »Hätte ich euch dann gerufen?« gab seine Schwester zurück. »Du, ich geh’ da mal rein.«
    »He, warte! Das ist zu gefährlich! Nimm wenigstens eine Lampe mit«, versuchte er sie aufzuhalten. Aber Tina war schon unterwegs. Das Wasser des Aniene reichte in einen Teil des Höhleneingangs hinein. Die Öffnung im überhöhten Erdreich unter den Sträuchern schien in sanftem Gefälle abwärts zu führen.
    »Du kommst nicht weit«, warnte Rico. »Entweder hört die Höhle gleich auf, oder sie ist restlos vom Wasser ausgefüllt bis unter die Decke.«
    Hinter ihm planschte Francesca heran. Sie zupfte am Bund von Ricos Badehose. »Was habt ihr da für geschwisterliche Geheimnisse? Oh!« Sie hatte die Höhlenöffnung gesehen. »Was ist da drin? Ein Riesenkrake? Oder der Eingang zu Neptuns Reich?«
    »Au!« schrie Tina von drinnen.
    »Was ist los?« Rico machte einen Schritt vorwärts.
    »Nichts. Habe mich bloß an einer Wurzel gestoßen, die aus der Decke ragt. Du, Rico, das ist hier unheimlich hell drin. Viel heller, als es eigentlich sein dürfte.«
    »Komm lieber wieder zurück«, mahnte ihr Bruder.
    »Nein, Rico, das ist wirklich komisch hier! Viel zu hell. Und der Wasserspiegel reicht mir auch nur noch bis zu den Knien.«
    »Die spinnt ja«, sagte Francesca. »Es geht abwärts, und das Wasser geht ihr nur noch bis zu den Knien? So’n Quatsch…«
    Und das mit dem Licht konnte auch nicht stimmen. Schließlich konnten sie beide Tina in der Höhlen-Dunkelheit nicht mehr sehen, und ihre Stimme klang auch schon weiter entfernt. Aber wenn sie wirklich bereits zehn bis fünfzehn Meter vorgedrungen war, mußte ihr das Wasser schon bis zu den Schultern reichen. Es sei denn, die Schräge setzte sich nicht fort. Aber die Geländeformation ließ etwas anderes eigentlich nicht zu. Der Hügel, unter dem diese Höhlenöffnung lag, paßte gar nicht in die Flußlandschaft, schon gar nicht hier ans Ufer, und er war auch nicht sonderlich groß.
    »Hör auf, uns diesen Quatsch zu erzählen und komm wieder ’raus«, verlangte Rico.
    »Das ist kein Quatsch!« protestierte Tina in der Ferne. »Komm doch her und überzeug dich selbst!«
    »Das gibt es doch nicht.« Rico richtete sich wieder auf und schätzte die Landschaft genauer ab. So weit konnte Tina gar nicht vorgedrungen sein, wie ihre Stimme vermuten ließ. Und daß sie überhaupt nicht mehr im Dunkeln zu sehen war, widersprach erstens ihrer Behauptung und zweitens…
    »Ich hole dich jetzt, wenn du nicht von allein kommst!« kündigte Rico an. Er setzte sich sofort in Bewegung. Dabei mußte er den Kopf etwas einziehen. Er war zwar nicht größer als der Durchschnitt der Römer, aber immer noch einen halben Kopf länger als Tina, und wenn die sich
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