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Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Titel: Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)
Autoren: Aimee Agresti
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sterbe, wenn du nicht dabei bist! Sag mir doch bitte, bitte, dass du diesem Kaff den Rücken kehrst und in der Windy City ein gewisses supertolles Praktikum antrittst.« Verschwörerisch wackelte er mit den Augenbrauen in meine Richtung – hoch/runter, hoch/runter. Erleichterung überkam mich.
    »Du ziehst doch nicht etwa ins Lexington Hotel, oder?«, erwiderte ich.
    »Doch!« Er hopste auf seinem Stuhl herum. »Oh mein Gott, das wird ein Riesenspaß. Ich meine, wer wohnt denn schon in einem Hotel? Nur Rockstars und Promis und diese völlig fertigen Filmsternchen, die vor ihren Eltern flüchten und so. Raus aus dieser furchtbaren Highschool, rein in die Chicagoer Gesellschaft!«
    »Ja, bitte«, lächelte ich. Wir betrachteten all die vollbesetzten Tische. Unsere Schulkameraden hatten kein Problem damit, uns zu Vorsitzenden der Französisch-Bestenriege zu wählen, würden sonst aber freiwillig kein Wort mit uns wechseln.
    »Und bist du vielleicht auch ein kleines bisschen …«
    »Aufgeregt?«
    »Ja.«
    »Hallo?! Na klar, total. Ich meine, das ist doch eine Riesensache – Tollman war ja ganz aus dem Häuschen, und ich will das auf keinen Fall versauen. Das könnte uns Wahnsinnsempfehlungen fürs College einbringen. Ach, wahrscheinlich könnten diese Leute uns problemlos an jeder Uni unserer Wahl unterbringen: Northwestern, U. Chicago, die kennen da sicher jeden. Aber keine Sorge, wir sind schließlich clever und pflichtbewusst, wir arbeiten hart. Alles wird gut.«
    Ich atmete auf. Meiner Meinung nach lag darin Dantes wahres Talent – und für mich war das viel imposanter als sein Anspruch auf die Bestenliste, sein kometenhafter Sieg bei der Wiederwahl zum Schülervertreter oder das extravagante Kuchenbuffet für Feinschmecker, das er für einen guten Zweck jedes Jahr mit den zauberhaftesten Kreationen organisierte (er war ein Künstler, der Zuckerguss zu seinem Medium erwählt hatte). Wirklich, für mich war seine beruhigende Wirkung auf mich sein größter Triumph. Wie durcheinander ich auch war, er holte mich immer auf den Teppich zurück. Das war schon vor Jahren bei unserer ersten Begegnung im Krankenhaus so gewesen.
    Nachdem man mich gefunden hatte, war ich damals durch die Flure der Kinderstation gewandert, um herauszufinden, wer ich war und wohin man mich wohl schicken würde. Dante war mit seiner völlig hysterischen Mutter in der Notaufnahme erschienen, weil er von einem Baum gefallen war. Unten hatte er vorher jede Menge Stöcke und Steine zusammengetragen, um daraus eine Burg zu bauen, deshalb hatte er sich beim Sturz schlimm den Rücken zerkratzt und den Arm zerfetzt. Wegen Problemen mit der Sehne hatte er über Nacht bleiben müssen und hatte plötzlich mit dem Gipsarm in einer Schlinge bei mir im Zimmer gestanden. Wir waren die ganze Nacht aufgeblieben und hatten uns Gruselgeschichten erzählt. Am nächsten Morgen war er entlassen worden, hatte mich im Laufe des nächsten Monats aber regelmäßig in der Klinik besucht. Alle paar Tage war er mit seiner Mutter Ruthie aufgetaucht und hatte mir Malbücher, Stofftiere oder selbstgemalte Bilder mitgebracht.
    Jetzt fuhr Joan in die Einfahrt unseres Reihenhauses. Selten hatte es in meinen Augen so heimelig ausgesehen – man weiß eben immer erst in Momenten des Abschieds, was man an den Dingen hat. Unser hohes, schmales Häuschen war vorn in inzwischen verblichenem Blau gestrichen, hatte braune Fensterläden und eine enge, überdachte Veranda. Für uns zwei gab es hier genug Platz, und es war nicht weit bis zum Lake Michigan, der jetzt zwar ruhig unter Eis dalag, bei warmem Wetter aber perfekt für nachmittägliche Sonnenbäder und Picknicks war.
    »Geh schon mal rein, ich muss noch ein paar Sachen aus dem Wagen holen«, schickte mich Joan vor.
    »Soll ich dir helfen?«
    »Nee«, winkte sie ab. »Es dauert nur einen Moment.«
    Also rannte ich so schnell wie möglich die Vortreppe hinauf und über die Veranda, denn die eisige Luft ging mir durch Mark und Bein, der Wind heulte und umfing mich fauchend. Meine behandschuhten Finger hatten Schwierigkeiten mit dem Schlüssel, aber schließlich ging die Tür auf, und herausströmende Wärme hieß mich willkommen.
    Ich schaltete das Licht ein. Durch das Wohnzimmer konnte ich sehen, dass hinten in der Küche ein silberner Luftballon in der Form einer Sechzehn über dem Tisch tanzte. Dort wartete ein selbstgebackener Kuchen auf mich und außerdem ein in silbernes Geschenkpapier eingeschlagenes Schächtelchen mit
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