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Das Crusenriff

Das Crusenriff

Titel: Das Crusenriff
Autoren: Hubert Haensel
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zurückkehrten. Die Amazonen hatten mehrere Gefangene gemacht.
    Erst als Mythor Gelegenheit fand, mit Tertish zu reden, gewann er einen genaueren Überblick über das Ausmaß der Kämpfe. Außer einem Rohnen gab es in den eigenen Reihen zum Glück keine Verluste zu beklagen. Über ihre Verwundungen verloren weder Cäerylls Söldner noch die Amazonen auch nur ein Wort – keine war so schwerwiegend, daß der oder die Betroffene nicht in wenigen Tagen wieder voll einsatzfähig gewesen wäre.
    Fronja und Gerrek erwarteten Mythor bereits auf der Brücke. Unmittelbar nach ihm kamen Mokkuf und Hukender, gefolgt von Tertish, mehreren Kriegerinnen und vier Gefangenen.
    Mokkuf zuckte merklich zusammen, als er den rothäutigen, vierarmigen Krieger mit den Pferdehufen erblickte, dem er bereits außerhalb Carlumen gegenübergestanden hatte. Schon der kurze, von den Amazonen unterbrochene Zweikampf hatte genügt, ihm zu beweisen, daß er einen durchaus ebenbürtigen Gegner vor sich hatte. Auch der andere schien das zu wissen und nicht minder als der Ibserer auf eine Fortsetzung zu brennen. Abschätzend, zugleich ein wenig verächtlich, streifte sein Blick Mokkuf.
    »Wer bist du?«
    Keine Antwort. Er schien sich lieber die Zunge abbeißen zu wollen.
    Mythor musterte die Gefangenen der Reihe nach.
    Da war dieses vierarmige Mischwesen. Dann eine untersetzte, breitschultrige Frau, deren verfilztes, rotes Haar bis fast in die Kniekehlen reichte. Sie hätte eine Amazone sein können, wäre nicht ihre geringe Körpergröße von knapp fünf Fuß gewesen. Sie spie aus, als Mythor an ihr vorüberging.
    Der dritte war ein einarmiger, glatzköpfiger Krieger, dessen Kopfform kaum noch etwas Menschliches hatte. Seine spitzen, schneckenförmig gewundenen Ohren und sein einziges, mitten auf der Stirn sitzendes Auge verliehen ihm einen abstoßenden Ausdruck. Wütend fauchend, zerrte er an seinen Fesseln.
    Überrascht musterte Mythor den letzten der Riffbewohner – einen uralten Mann mit weißem, geflochtenem Haar und einem nicht minder ansehnlichen Bart, der dem gegerbten Gesicht einen würdevollen Ausdruck verlieh. Seine zerschlissene Kleidung erinnerte den Sohn des Kometen an die Umhänge der Wüstenvölker Gorgans.
    Mit einem flüchtigen Wink befahl er, die anderen drei hinauszuschaffen.
    »Ich würde mich gern mit dir unterhalten, alter Mann«, sagte er auf Schattenwelsch, »denn ich kann mir nicht vorstellen, daß du an den Kämpfen teilgenommen hast.«
    »Das ist wahr«, sprudelte Gerrek heraus. »Die Amazonen haben ihn wie eine reife Frucht aufgelesen. Er trug nicht einmal ein Schwert.«
    Überrascht zog Mythor eine Braue in die Höhe.
    »Du bist anders als die Riffbewohner.«
    »Frage, was du willst«, erwiderte der Mann. »Von mir wirst du nichts erfahren, was unserer Heimat schaden könnte.«
    »Heimat? Du meinst das Crusenriff? Ich glaube nicht, daß einer von euch hier geboren wurde.«
    Der Mann hielt Mythors forschendem Blick mühelos stand. Der Sohn des Kometen bemerkte die Sehnsucht, die sich in dessen Augen widerspiegelte.
    »Du kommst aus Gorgan«, sagte er übergangslos, sich zugleich der Sprache der Nordwelt bedienend. »Vermutlich aus dem Shalladad. Dann müßtest du auch Logghard kennen…«
    »Die ewige Stadt, ja, aber vom Shalladad weiß ich kaum…« Verblüfft hielt er inne und musterte Mythor.
    »Du kannst mir vertrauen. Auch ich stamme aus Gorgan. Mit meinen Gefährten streite ich für die Werte des Lichts.«
    Das Gesicht des alten Mannes wurde zur ungläubigen Maske. Seine Hände zitterten.
    »Es wäre schön, dürfte ich deinen Worten Glauben schenken, denn auf diese Begegnung habe ich schon viel zu lange gewartet. Aber weshalb verbündet ihr euch mit den Dämonen?«
    »Niemals würden wir das tun!« begehrte Gerrek erschrocken auf.
    »Ihr kamt mit ihnen, um das Crusenriff zu zerstören, weil ihr genau wißt, daß wir zu schwach sind, um zwei Gegnern zu widerstehen.«
    »Dämonen?«
    »Shrouks.«
    »Du hast keine gute Meinung von uns. Doch vielleicht ändern sich deine Ansichten, wenn ich dir sage, daß ich Mythor bin, der Sohn des Kometen.«
    Erstaunt hob der Alte den Kopf.
    »Ja«, murmelte er, »möglicherweise deshalb.« Er dachte an das Kometentier des Lichtboten, das er in seiner Vision erblickt hatte.
    Dann streckte er Mythor die Rechte hin.
    »Ich bin Ioban, ein Ay. Vor langer Zeit wurde ich durch Quidas Böses Auge in die Schattenzone verschlagen. Erzähle, wie sieht es aus auf der Nordwelt, hat sich vieles
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