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Das Camp

Titel: Das Camp
Autoren: Harald Tondern
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Gang gesetzt. Und sie hatte erreicht, dass die Mitschüler einen Nachhilfeservice für Luk anleierten. Das Mathe-Ass stopfte die Lücken, die sich bei ihm in Mathematik gebildet hatten. Der Englisch-Crack kümmerte sich um sein Englisch und Judith brachte ihn in Deutsch auf Kurs.
    »Warum machst du das eigentlich?«, fragte er einmal, als Judith ihn den Erlköni g aufsagen ließ.
    »Weil wir das alle auswendig gelernt haben.«
    »Quatsch, das mein ich doch nicht. Warum reißt du dir beide Beine für mich aus.«
    »Für Bennis besten Freund tu ich alles.«

    »ALLES?«
    »Blödmann, das bestimmt nicht. Du hast deine Chance gehabt, Lukas Paysen.« Sie grinste. »Aber ich kenn da ein Mädchen aus der Parallelklasse.«
    »Willst du mich jetzt auch noch verkuppeln?«
    »Klar. Spätentwickler wie du brauchen das. Sonst geraten sie bloß auf Abwege.«
    Anfangs hatte Luk diese Rundumbetreuung ziemlich genervt. Ein paar Mal hatte er die Nachhilfestunden beim Mathe-Ass geschwänzt. War einfach nicht aufgetaucht.
    Aber dann passierte etwas Merkwürdiges. Luk fand bei einer Logarithmenaufgabe einen Lösungsweg, der sogar für Jan, das Mathe-Ass, neu war.
    »He!« Jan hatte Luk bis dahin immer ein wenig von oben herab behandelt. Jetzt kratzte er sich aufgeregt am Kopf. »Wie bist du denn darauf gekommen? Hmmm … Wirklich, gar nicht mal schlecht. Mann, du hast ja doch was drauf.«
    Von da ab hatte Lukas Feuer gefangen. Er staunte selbst, wie viel Spaß es machen konnte, sich in ein Problem reinzuknien und etwas herauszufinden. Früher war er solchen Situationen immer aus dem Weg gegangen.
    Als die Probezeit um war, lud seine Tutorin zu einem Elternabend ein. Sie selbst sagte fast gar nichts. Sie ließ einfach nur die Schülerinnen und Schüler berichten, die Lukas geholfen hatten.
    Später erfuhr Luk, dass Jan, das Mathe-Ass, wohl den Ausschlag gab. »Ich sag’s ungern«, hatte er gesagt. »Aber Lukas macht sich wirklich. Respekt!«
    Frau Dr. Schrein hatte Benjamin und Lukas geraten, im Prozess gegen Harley und seine Helfer als Nebenkläger aufzutreten. »Dann könnt ihr später in einem Zivilprozess Schadensersatz für euch einklagen. Obgleich euch das natürlich
auch nicht viel nützt, wenn bei den Jungs nichts zu holen ist.«
    Sie hatte Benjamin angesehen, dann Luk und danach wieder Benjamin.
    »Also, ich will das nicht«, sagte Benni schließlich. »Ich will keine Rache oder so was. Ich will einfach nur raus aus dieser Nummer.«
    Luk ging es genauso. Als er Harley jetzt auf dem Gerichtskorridor in Handschellen sah, wie er von zwei Wärtern in den Gerichtssaal geführt wurde, war er froh, dass er sich auf keine weiteren Ansprüche eingelassen hatte.
    Er war hier Zeuge, das war alles.
    Zuerst wurde Benni reingerufen, dann er.
    Luk erzählte dem Gericht, was in jener Nacht im Camp passiert war. Er vermied es, zu Harley und den anderen hinüberzusehen.
    Als er aus dem Gerichtssaal kam, wartete Benni auf ihn.
    »Das war’s«, sagte Benni. »Komm, wir verschwinden von hier.«
    Judith konnte ihr Erstaunen nicht verbergen. »Wollt ihr denn nicht auf das Urteil warten?«
    »Wozu?«, fragte Benni.
    Als sie gingen, stießen sie mit zwei Männern zusammen, die gerade eilig die Treppe heraufkamen.
    Erst viel später, als sie schon aus dem Gebäude traten, wurde Luk bewusst, dass er die beiden Männer schon mal gesehen hatte.
    Der eine war der Lager-Chef und der andere Zugführer Pannewitz, beide in Zivil.
    Hier draußen, außerhalb des Camps, hätte Luk sie fast übersehen.
    ENDE

Nachwort
    Bootcamps wie die Forst-Akademie in diesem Roman gibt es in Deutschland - Gott sei Dank - nicht. Aber viele kennen solche Einrichtungen aus verschiedenen Fernsehserien, die seit Jahren auch bei uns laufen. In den USA wurden Bootcamps etwa Anfang der 90er-Jahre des vorigen Jahrhunderts eingerichtet. Sie wurden den Ausbildungslagern nachempfunden, in denen angehende amerikanische Marinesoldaten vor allem Disziplin lernen sollen.
    Junge Straftäter sollen in Bootcamps für den »richtigen Weg« gedrillt werden. Sie stimmen einer Einweisung in solch ein militärähnliches Trainingslager zu, weil die Zeit, die sie dort verbringen werden, meist erheblich kürzer ist als die zu erwartende Haftstrafe.
    Andere Bootcamps richten sich an verzweifelte Eltern, die mit den eigenen Erziehungsmethoden am Ende sind. Sie können ihre Kinder dort abliefern und sie - gegen beträchtliches Entgelt - »auf Vordermann bringen lassen«. Beide Arten von Erziehungslagern
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