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Das Camp

Titel: Das Camp
Autoren: Harald Tondern
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Schwertransporter. Aber wie sollten die sich auf diese schmale Waldstraße verirrt haben?
    Luk fiel auf, dass hin und wieder abgerissene Zweige und sogar ganze Äste auf dem Asphalt lagen. Die meisten mit gelbbraun verdorrtem Blattwerk, aber an einigen hatten die Blätter ein so frisches Grün, dass sie höchstens seit einigen Stunden auf der Straße liegen konnten.
    Harry ließ vorn die Seitenscheibe runter, um die nächste brennende Kippe nach draußen zu werfen.
    »Lass das!« Schmelings Rechte schoss zur Seite und umklammerte Harrys Handgelenk.
    »Wieso das denn auf einmal?«
    »Ich hab’s dir oft genug gesagt: Ich will meinen Job noch eine Weile behalten.«
    »Klar, ich auch.«
    »Wirst du aber nicht, wenn hier heute Nacht der Wald brennt. Glaubst du, die können nicht eins und eins zusammenzählen? Die wissen genau, dass du qualmst wie ein Schlot. Mich feuern sie dann gleich mit. Und wo soll ich dann einen neuen Job herkriegen? Bei der Flaute hier bei uns?«
    Harry brummte gefrustet. Aber als Schmeling sein Handgelenk schließlich losließ, drückte er seine Kippe im Aschenbecher aus und verkniff es sich, gleich die nächste Zigarette anzuzünden.
    Luk fand, dass es Zeit war für einen neuen Vorstoß. »Vielleicht
können Sie mir endlich mal sagen, wohin Sie mich bringen.«
    »Je später du das erfährst«, sagte Schmeling gegen die Frontscheibe, »desto besser für dich. Stimmt’s, Harry?«
    Harry war anscheinend immer noch gefrustet. Vielleicht war er aber auch schon auf Entzug. Er schwenkte seinen Sitz herum und grinste Luk an.
    »Willst du’s wirklich wissen?«
    »Ja, sicher«, sagte Luk.
    Harrys Grinsen wurde noch breiter.
    »Direkt in die Hölle bringen wir dich.«

4
    Die Fahrt dauerte dann doch noch eine ganze Weile. Immer tiefer drangen sie in den Wald ein, der vor allem aus Laubbäumen zu bestehen schien. Schließlich gabelte sich die Straße sogar noch. Ein weiteres gelbes Richtungsschild zeigte nach links. Jemand hatte mit einem schwarzen Filzstift eine große, schiefe römische Zwei darauf geschrieben.
    Schmeling fuhr mit unverminderter Geschwindigkeit weiter geradeaus durch den Wald. Plötzlich nahm er den Fuß vom Gaspedal und lenkte den Kleinbus, ohne auch nur die Bremse anzutippen, durch eine scharfe Linkskurve. Er musste die Strecke schon sehr oft gefahren sein. Kein Schild hatte vor der Kurve gewarnt.
    Zwei, drei vereinzelte Lampen tauchten vor ihnen in der Dunkelheit auf. Die Straße wurde breiter. Nein, sie hörte einfach auf. Sie rollten auf einen heruntergekommenen Platz,
der mit Betonplatten ausgelegt war. Einige der vielleicht ein mal zwei Meter großen Platten waren vom Frost oder anderen Naturgewalten hochgedrückt worden.
    Wozu brauchten sie in dieser gottverlassenen Gegend einen so gigantischen Parkplatz? Oder war das gar kein Parkplatz? War das etwa ein Flugplatz? Eine aufgegebene Militäranlage aus der DDR-Zeit vielleicht? Wollten sie ihn mit einem Flugzeug über die Grenze bringen? Aber es musste ja nicht gleich ein Airbus sein. So eine Mini-Maschine wie die von Hansen reichte dafür. Die brauchte gar keine Betonpiste. Damit waren sie ja sogar auf einer normalen Viehweide gestartet und gelandet.
    Noch während er das dachte, schalteten sich plötzlich Flutlichtlampen ein. Nein, keine dieser grellen Strahler, die man auf Fußballfeldern sieht. Sondern irgendwelche alten Funzeln, die schon mal bessere Zeiten erlebt hatten. Einige von ihnen flackerten wild. Sie tauchten den Platz in ein unwirkliches, bläulich kaltes Licht. Luk sah drei einsame Autos, die sich um eine der flackernden Lampen drängten wie unter einem dieser Heizpilze, unter denen die Leute im Herbst draußen ihren Latte trinken.
    Weit und breit war niemand zu sehen.
    Plötzlich hörte man von irgendwoher wütendes Hundegebell.
    Sie fuhren auf das Gebell zu. Vor ihnen tauchte ein großes graues Gebäude aus der Dunkelheit auf. Das Licht der Lampen reichte nicht so weit, dass man erkennen konnte, welche Ausmaße der Bau hatte.
    Sie stoppten vor einem verschlossenen hellgrauen Metalltor, in das jemand mal eine Beule gefahren hatte. Die Ränder der Delle waren verrostet. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, den Schaden auszubessern.

    »Hup mal«, sagte Harry ungeduldig. Er ließ sein Fenster ein Stück runter.
    »Die haben uns doch längst gesehen«, meinte Schmeling.
    Die Einfahrt war so riesig, dass ganze Lastwagen oder Busse bequem hindurchfahren konnten. War das ein Gefängnis?
    Die beiden Flügel des Tores
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