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Das Camp

Titel: Das Camp
Autoren: Harald Tondern
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blieben verschlossen. Eine kleine Tür, die in das Tor eingelassen war, öffnete sich. Zwei Hunde stürzten heraus und schossen auf den Kleinbus zu.
    Bellend rannten sie zweimal um den Wagen herum. Dann trennten sie sich und sprangen rechts und links am hinteren Teil des Fahrzeugs an den verdunkelten Fenstern hoch, als wüssten sie genau, wo sie ihr Opfer suchen mussten.
    Harry drehte sich mit einer ausladenden Armbewegung auf dem Beifahrersitz um. »Dein Empfangskomitee.« Er fummelte nach dem Türöffner. »Soll ich sie reinlassen?«
    »Lass den Quatsch!«, knurrte Schmeling.
    Draußen brüllte jemand einen scharfen Befehl.
    Das Bellen ging in ein wütendes Knurren über. Widerwillig ließen sich die beiden Schäferhunde am Wagen hinuntergleiten. Luk hörte, wie ihre Pfoten über den Lack schrammten.
    Etwa sieben Schritte vom Kleinbus entfernt bezogen die beiden Tiere Posten. Im Abstand von etlichen Metern, so als seien sie darauf dressiert, ihr Opfer gezielt von zwei Seiten her anzugreifen, legten sie sich auf die Betonplatten. Ihre Ohren waren steil aufgerichtet. Wachsam sahen sie zum Wagen herüber, sicherten aber zwischendurch immer mal wieder zum Tor hin.
    Dort waren zwei Männer erschienen. Der größere von ihnen reckte sich ausgiebig. Anscheinend hatte er zu lange gesessen, vor dem Fernseher oder den Bildschirmen einer Überwachungsanlage. Er sagte etwas zu dem zweiten, einen ganzen Kopf kleineren Mann. Die Hunde sprangen auf. Ein
scharfer Befehl des kleineren Mannes und sie legten sich wieder knurrend auf den Boden.
    Betont langsam kamen die beiden Männer zum Kleinbus herüber. Der Größere trat an die Beifahrertür. »Wie viele sind es?«
    »Nur einer«, sagte Harry. »Die anderen …«
    »… habt ihr wieder mal entwischen lassen, was? Na, euer Problem. Solange ihr eure Miete bezahlen könnt. Welcher ist es?«
    »Der hier.« Harry hielt dem Mann ein Papier hin, vielleicht eine Art Lieferschein. »Da unten, da müssen Sie den Empfang quittieren.«
    »Okay. Das wär’s dann für euch. Wir übernehmen ihn. Ihr könnt Feierabend machen.«
    »Er hat noch den Overall an«, sagte Schmeling. »Das ist unser letzter, glaube ich.«
    »Dann muss er ihn eben ausziehen. Aber das ist euer Job. Das gehört noch zur Anlieferung.«
    Die Hunde sprangen auf, als Harry die Beifahrertür aufstieß. Sie knurrten drohend. Harry überlegte es sich anders. Er schlug die Tür wieder zu und schwenkte seinen Sessel herum. Er kam nach hinten und setzte sich neben Luk. Eine ganze Weile stocherte er herum, dann schaffte er es endlich, den Schlüssel in das Schloss der Handschellen einzuführen.
    Luk wurde immer unruhiger. Was passierte hier eigentlich mit ihm? Er rieb sich die taub gewordenen Handgelenke und kam sich vor, als wäre er im falschen Film gelandet.
    »He, ich will endlich wissen, was das hier werden soll.«
    »Schnauze!«, sagte Harry. Es klang ziemlich grob, so als müsse er einem Vorgesetzten demonstrieren, wie hardboiled er war.
    »Aber Sie können mich diesen Leuten hier nicht einfach
überlassen. Das ist Menschenhandel!« Etwas anderes war ihm in der Eile nicht eingefallen.
    »Ausziehen!«, sagte Harry unbeeindruckt.
    Nicht schon wieder!
    »Nein«, sagte Luk. Ihm war eingefallen, dass er unter dem Overall nichts anhatte. Noch nicht mal einen Slip.
    »Bin schon unterwegs«, sagte Schmeling.
    Es wurde ziemlich eng im hinteren Teil des Kleinbusses. Luk wollte kämpfen. Aber als Schmeling seinen Arm um Luks Hals legte und ihn in den Schwitzkasten nahm, war sofort klar, dass er keine Chance hatte. Es fühlte sich an, als lege sich eine Stahlklammer um seinen Hals. Er bekam keine Luft mehr.
    Es dauerte nur Sekunden, dann hatte Harry ihm den Overall abgestreift. Halb gebückt stand Luk im Bus und hörte draußen die Schäferhunde gegen den Wagen springen.
    Harry zog die Tür des Busses auf. Einer der Hunde schien nur darauf gewartet zu haben. Mit einem gewaltigen Satz sprang er in den Wagen und schnappte nach Luks Bein.
    »Aus, Laila!«, rief Harry.
    Knurrend zog sich der Hund zurück. Ungefähr zwei Meter vom Bus entfernt ließ er sich auf dem Boden nieder.
    »Und jetzt raus!«, sagte Harry.
    Luk dachte gar nicht daran, den schützenden Raum des Kleinbusses zu verlassen. Er war splitternackt. Nie und nimmer würde er dort hinausgehen und sich den Zähnen dieser beiden Bestien ausliefern.
    Er bekam einen Stoß in den Rücken. Er versuchte, sich am Türrahmen festzuhalten. Jetzt hatte er ja endlich wieder die Hände frei.
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