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Das Buch Ohne Gnade: Roman

Das Buch Ohne Gnade: Roman

Titel: Das Buch Ohne Gnade: Roman
Autoren: Anonymus , Michael Kubiak
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den Kopf. »Er war ein anständiger Kerl, dieser Robert Johnson.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Nun, die Geister sagen mir, dass er uns den Weg nach Hause zeigen wird.«
    Sanchez beobachtete, wie Robert Johnson den Wegweiser auf dem Erdboden absetzte und sich nach der geeigneten Stelle umsah, um ihn dort in den Boden zu rammen. »Ja, er stellt den Wegweiser wieder an der Kreuzung auf.«
    »Genau.« Annabel wusste es offenbar längst.
    »Ich frage mich nur, wo er ihn gefunden hat«, dachte Sanchez laut.
    »Höchstwahrscheinlich dort, wo er ihn deponiert hat.«
    »Meinen Sie, er hat ihn weggenommen?«
    »Wie ich bereits meinte, er war ein guter Mann.«
    »Wie zum Teufel kann das Entfernen von Wegweisern ihn zu einem guten Mann machen?«
    Annabel seufzte. »Denken Sie doch nach, Sanchez. Dieser Wegweiser leitet Leute zum Hotel Pasadena. Indem er ihn immer zu Halloween von seinem Standort entfernt und irgendwo versteckt hat, dürfte Robert Johnson eine ganze Menge Leben gerettet haben. Und jetzt zeigt er uns den Heimweg.«
    Sie deutete nach draußen, und sie konnten beide zuschauen, wie der schwarze Mann im Anzug den Wegweiser am Straßenrand, wo zwei Straßen der Kreuzung
     zusammentrafen, ins lockere Erdreich rammte. Nachdem er ihm sicheren Stand verschaffthatte, drehte er ihn. Annabel trat sacht aufs
     Gaspedal und der Van rollte langsam auf die Wegkreuzung zu. Als sie nahe genug herangekommen waren, um die Beschriftungen lesen zu können, sahen sie, dass
     der Mann, den sie für Robert Johnson hielten, zu einem der weiß gestrichenen Richtungsschilder hinaufdeutete. In schwarzen Lettern standen darauf die
     Worte » NACH HAUSE «.
    Annabel ließ das Fernlicht aufblitzen, um sich zu bedanken, und begann das Lenkrad nach rechts zu drehen. Während der Van herumschwang, winkte Sanchez dem Blues Man bedauernd zu, um sich dafür zu entschuldigen, dass er ihn in die Spalte im Fußboden des Hotels gestoßen hatte. Johnson winkte einmal zurück, dann zog er den Hut zum Zeichen, dass er keinen Groll gegen ihn hegte. Nach dieser letzten Geste verschwand er in der Nacht.
    Der Van rollte eine weitere Stunde lang durch die Dunkelheit, ehe die Mystische Lady ihn vor dem ersten Motel parkte, das sie nach Verlassen des Devil’s Graveyard erreichten. Sanchez hatte endlich einen sicheren Ort, wo er seinen müden Kopf zur Ruhe betten konnte.
    Und er brauchte sich auch nicht mehr anzuhören, wie Janis Joplin ständig schrie: »Stoß mich fester, du verdammter Scheißkerl!«

VIERUNDSECHZIG ♦
    Ein Frühstück in einem Motel war alles, was Sanchez sich hatte wünschen können. Er hatte sein Gepäck, sein Jackett und alles verloren, das er in seinem Zimmer im Hotel Pasadena zurückgelassen hatte. Da das Etablissement mittlerweile in den Tiefen der Hölle verschwunden war, bestand die berechtigte Chance, dass der Teufel und seine Lakaien mittlerweile in Sanchez’ schönster Kollektion Hawaiihemden herumstolzierten. Daher gab er sich mit dem roten Hemd zufrieden, auch wenn es ein wenig verschwitzt war und muffig roch. Was seine Shorts betraf, so war er daran gewöhnt, sie wochenlang zu tragen, sodass es ihm nichts ausmachte, sie noch einmal anzuziehen.
    Er saß an einem Tisch am Fenster des Motelrestaurants, ließ sich ein Frühstück mit gebratenen Eiern mit Speck schmecken und trank gelegentlich einen Schluck heißen Kaffe, der in einer Tasse dampfte. Dabei ließ er sich noch einmal alles durch den Kopf gehen, was am Vortag auf dem Devil’s Graveyard vorgefallen war. Ihm gegenüber am Tisch saß sein guter Kumpel Elvis. Zumindest betrachtete Sanchez Elvis als seinen Kumpel. Aller Wahrscheinlichkeit nach würden sie jedoch, sobald sie nach Santa Mondega zurückgekehrt wären, nur noch wenig Kontakt miteinander pflegen, es sei denn, Elvis käme auf einen Drink ins Tapioca. Aber, hey , dachte Sanchez, bei dem, was gestern geschah, sind wir uns doch ziemlich nahegekommen.
    Ebenso wie Sanchez trug Elvis dieselbe Kleidung, die er am Vortag getragen hatte. Aber im Gegensatz zu Sanchez sah erso cool wie eh und je aus, sodass sein ramponiertes Outfit um einiges weniger schäbig erschien als die Sachen des Barbesitzers. Sein Haar war noch immer glatt und geordnet trotz einer Nacht voll wildem Sex mit Janis. Er sah jedoch müde aus – so müde, als würde er jeden Moment einnicken, dachte Sanchez. Er trug seine obligatorische Sonnenbrille und hatte es sich auf der mit rotem Vinyl bezogenen Bank in der Nische gemütlich gemacht und streckte die
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