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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Marlene Klaus
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bekanntes Haus in Heidelberg, ich weiß“, beendete er ihren Satz.
    Sie schmunzelte und rieb sich wärmend über die Arme. Sie stand ohne Mantel hier draußen. „Es würde mich freuen zu hören, ob Ihr wohlbehalten in Wales angekommen seid, was Euer Vater über Eure Rückkehr sagt. Und vielleicht, ob Elin … Nun ja, ich will keine Wunden aufreißen. Aber es würde mir gefallen. Wirklich.“
    „Ich weiß es nicht“, sagte er und sah sie an. Ein Hauch von Kräuterduft stieg ihr in die Nase. „Doch eines weiß ich sicher: Ich werde Euch … Ich werde dich niemals vergessen.“
    Er blickte zur Seite.
    „Ich …“, stotterte Hedwig. „Ich dich auch nicht“, brachte sie klopfenden Herzens heraus.
    Sie sahen einander an. Hedwig wünschte, sie könnte seine Augen deutlicher erkennen.
    Ryss sagte: „Und die liebliche Juli auch nicht.“
    Sie nickte und spürte, wie Tränen stiegen. Verlegen wandte sie den Blick ab und sah in die Nacht. Wie teuer ihr Ryss geworden war, wie weh es tat, ihn ziehen zu lassen. Dass es so etwas gab, hatte sie nicht gewusst. Dass sie solche Gefühle für einen Mann haben konnte, der nicht ihr Ehemann war, und dass diese Gefühle auch rein gar nichts mit jenen gemein hatten, die sie für ihren Ehemann hegte. Dies hier war etwas anderes. Sie schluckte, bezwang die Tränen.
    „Ehrlich gesagt fällt es mir schwer, von dir Abschied zu nehmen“, bekannte sie. Sie wagte nicht, ihn dabei anzusehen. Sie knüllte ihre Hände ineinander und lauschte ihrem Herzschlag nach. Warum sagte er nichts?
    „Wir haben erlebt ein ganz schönes Abenteuer, was?“ Er stieß leise Luft aus, lächelte. „Eignet sich trefflich zum Erzählen an langen Winterabenden.“
    Sie erwiderte das Lächeln mit einem ebenso schwachen Atemstoß.
    „Hast du je angesehen die Vorderseite vom Haus deines Brotherrn?“
    „Ja, warum?“ Was sollte nun diese Wendung?
    „Als ich anklopfte das erste Mal, ich konnte im Dämmerlicht nicht mehr lesen die Inschriften, die aufgemalt sind dort. Bis auf eine, „amicitia“. In geschwungenen Buchstaben und verziert mit Gold. Kurz darauf du kamst zum Tor. Ich sah dich erstmals. Gibt es deutlichere Winke des Schicksals? Das Begegnen mit dir war mir in vielem Fingerzeig. Du weißt, was bedeutet ‚amicitia‘?“
    Sie wusste es nicht. „Nein“, antwortete sie.
    „Freundschaft.“
    „Ach!“, machte sie und sah Ryss lächeln. Das war es also! Das war das Gefühl, für das sie all die Zeit keinen Namen gewusst hatte. Sie hatte einen Freund gewonnen. Auch wenn sie ihn vielleicht niemals …
    „Auch wenn wir uns vielleicht niemals wiedersehen“, nickte Ryss, als wisse er, was sie dachte, und bestätigte ihr damit das Gefühl des Einvernehmens zwischen ihnen, „es bedeutet mir viel, dir gelaufen zu sein über den Weg.“
    Da hob sie ihm ihr Gesicht entgegen, offen, froh, traurig zugleich, sie lächelte und ließ ihn mit allem, was sie war, wissen, was sie empfand. Sie wusste, dass er es sah, es spürte.
    „Komm!“, sagte er und streckte den Arm aus. „Wir sollten wieder gehen hinein.“
    Sie trat neben ihn. Als er den Arm um ihre Schulter legte, verstärkte sich der Kräuterduft, der ihr inzwischen so vertraut und lieb war. Immer würde sie ihn mit Ryss verbinden. Immer. Sie konnte nicht anders, sie zog ihn in eine Umarmung.
    „Leb wohl, Ryss“, flüsterte sie an seiner Schulter.
    „Leb wohl, Hedwig.“
    Sie ließen sich los und betraten das Haus ihres Vaters.
    Ende

Glossar

Abracadabra: Wie überall glaubte man auch in Wales an die Macht von Zauber und Talismanen. Magische Wörter schrieb man auf und trug sie in Amuletten bei sich.
    Amicitia : Freundschaft. Die Hausfassade des → Hauses Belier wies keine einzige bilder- oder schriftfreie Fläche auf. Unter anderem konnte man auch „Soli Deo Gloria“ (Gott allein die Ehre) oder „PERSTA INVICTA VENUS“ (Bleibe unbesiegt, Liebe/Schönheit) lesen. Die Referenz an die lateinische Göttin weist den Bauherrn als gebildeten Humanisten aus. (H.-M. Mumm, Der Ritter am ‚Ritter’ und seine Frau, in: Heidelberg, Jahrbuch zur Geschichte der Stadt, Band 10)
    Bendith y Mamau : walisische Bezeichnung für ein Feenvolk (Mutters Segen).
    Bestallung : in Dienst nehmen, Einstellung.
    Blauer Hut : der mittlere von drei Tortürmen in der östlichen Stadtmauer, eigentlich „Pulverturm“ oder „Kalte-Tal-Turm“, seines schiefergedeckten Turmhelms wegen „Blauer Hut“ genannt. (L. Merz, Die Residenzstadt Heidelberg)
    Braguette : auch
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