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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Marlene Klaus
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an und verlangsamte seinen Schritt. „Träume enthüllen Zukünftiges wie Vergangenes. Ich träumte vom roten Drachen. Er spie Feuer und erhellte einen dunklen Pfad vor mir. Das ist eine eindeutige Botschaft. Er führt mich heim. Ich bin zuversichtlich.“
    „Der rote Drache?“, fragte Philipp, der sich Ryss’ langsamer Gangart angepasst hatte.
    „Das Wahrzeichen meiner Heimat.“
    „Oh“, machte Philipp.
    „Trödelt nicht so, ihr beiden. So schwer verletzt seid ihr nicht! Auf, auf zu heißem Wein und knisterndem Herdfeuer!“, spornte Hedwig die Männer an.
    Sie beschleunigten ihren Schritt.
    „Hiraeth“, sagte Ryss nach einer Weile unvermittelt und drehte den Kopf zu Philipp.
    „Hirais“, hörte Hedwig, als Ryss das Wort wiederholte.
    „In Eurer Sprache man würde sagen Sehnsucht. Oder Heimweh. Hiraeth bedeutet beides und noch viel mehr. Es ist ein verzehrendes Sehnen – und es gilt nur einem bestimmten Ort. Dass ich es wieder spüre, habe ich zu danken Eurem Weib, Philipp. Durch ihre Neugier …“ Er unterbrach sich, sah an Philipp vorbei zu Hedwig und schmunzelte. „Nennen wir es eher ihr Beharren. Es ließ mich spüren, wie sehr ich vermisse die Hügel um Llandeilo.“
    Philipp nickte, und sein Gesichtsausdruck war deutlich versöhnlicher.
    Im Wald fielen feuchte Schneeklumpen mit dumpfem Pochen von Ästen. Ein Rabe krächzte über den Wipfeln. Eine Weile gingen sie schweigend.
    Es war wieder Ryss, der das Gespräch begann, indem er sagte: „Was meint Ihr, werden die Richter folgen der Anweisung Eures Fürsten?“
    Philipp warf ihm einen raschen Blick zu, erwiderte: „Das ist anzunehmen. Es klang nach Befehl. Dass er überhaupt da war, ist beachtlich. Ihn scheint die Sache persönlich schwer getroffen zu haben. Dass seine Vasallen ihn derart hintergehen, ist ein Schlag für ihn. Nach den Jahren der Zwietracht ist es ihm angelegen, die Herren von Stand wieder an den Hof und in die Ämter zu binden. Es sind jedoch nicht alle seine Räte mit ihm einer Meinung. Viele sehen in der Hinneigung Friedrichs zum Adel eine Gefahr.“ Philipp zuckte die Schultern. „Nach meinem Dafürhalten sehen sie nur ihre Stellung gefährdet. Unter dem vorigen Fürsten kamen viele von ihnen zu Ansehen, Ehre, Macht und Geld. Und Gütern. Sie fürchten, dessen könnten sie verlustig gehen. Es ist ein arges Ringen in der Regierung, und es gibt mindestens zwei Lager.“
    „Gerangel um Macht also?“
    „Am Hof, ja. Natürlich.“
    „Hat das Auswirkungen auf die Strafen für jene Herren, die so übel mitspielten Euch?“
    „Sie werden ihre Strafen erhalten. Mir ist es schon recht zu wissen, dass sie im Gefängnisturm sitzen. Und zwar wochenlang.“
    Ryss nickte.
    „Sie bluten. Die Summen, die sie zahlen müssen, tun weh. Der Urteilsbrief muss gegen eine Gebühr aus der Kanzlei gelöst werden. Kostet ebenfalls Geld.“
    „Und Ihr, Ryss, verlasst Heidelberg mit einem Beutel, der um zwanzig Gulden schwerer ist“, fügte Hedwig an.
    Er hatte sich das Geld noch gestern Nachmittag auszahlen lassen. Obwohl noch kein rechtlicher Beschluss vorlag, hatte man es ihm gegeben, da er Ausländer war und weiterreisen wollte. Hedwig und Philipp hatten für ihn gebürgt und bezeugt, dass er das Geld erhalten hatte.
    „Zwanzig Gulden dafür, dass Friedrich dank Ryss in Zukunft Hunderte von Gulden wieder sicher sind, weil das Lehen, das die Herren von Massenfels und vom Fleckstein unterschlagen wollten, nun teilweise wieder an ihn zurückfallen wird und seine Einkünfte sichert! Dank eines Fürsten!“, spottete Philipp.
    Es war das erste Mal, dass Hedwig bei ihm solche Worte hörte, die gegen seinen Landesherrn gerichtet waren. Und so etwas wie Fürsprache für Ryss. Es freute sie.
    „Herrscher haben doch nie Geld“, steuerte sie bei. „Immer verschlingen ihre Bauten und Vorlieben und Liebhabereien Unsummen. Und im Falle unseres Friedrichs spricht man von enormen Staatsausgaben, denn seine Hofhaltung nimmt wöchentlich an Gepränge zu.“
    „Wie auch immer“, sagte Philipp. „Euch hat er es zu danken, dass die Unterschlagung aufgeklärt werden konnte.“
    „Nicht ganz“, widersprach Ryss. „In dem Augenblick, da sie stellten uns am Tor, die Sache war eigentlich schon verloren. Man kannte ihre Gesichter, ihre Namen. Sie mussten denken, dass es gab nicht mehr viel zu retten. Uns zu locken aus der Stadt mit der Lüge, man habe Euch, war vermessen. Ihr wart ihnen entkommen. Alles konnte jeden Augenblick – wie sagt man? –
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