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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Marlene Klaus
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dem Engländer“, Friedrich musste erneut auf das Papier niederblicken und von Collis Fingerzeig folgen, „Ryss Williams zwanzig Gulden aus Unserer Kasse gezahlt werden zum Zeichen Unseres ergebenen Dankes.“
    Er nickte Hofrichter von Colli zu zum Zeichen dafür, dass er ihm das Wort erteile. Der Hofrichter verneigte sich vor seinem Fürsten und erklärte, der Verhandlung habe der gesamte Vormittag gehört. Jede weitere Zeugenvernahme erhelle die Sache mehr, und so hege er keinen Zweifel, dass man den Fall zum kommenden Quartalshofgerichtstermin zum Abschluss bringen könne, ganz so, wie der Fürst es anordne. Der nächste Verhandlungstag werde hiermit festgesetzt in sechs Wochen auf Anfang Januar. Nunmehr begebe sich das gesamte Gericht in Mittagspause, am Nachmittag stünden andere Fälle zur Verhandlung an. Damit schloss Hofrichter von Colli die Sitzung.

Katharinentag 1595

Einundfünzig
    Schneeflocken schaukelten schwer und pappig um sie her. Nasser Schnee, der sich nicht entscheiden konnte, ob er nicht lieber Regen sein wollte.
    Hedwig stapfte neben Philipp durch den Matsch, die schlafende Juli im Tragetuch. Rechts von Philipp quietschten Ryss’ Schritte im aufgeweichten Erdboden des Hardtwaldes. Bis Kirchheim hatten sie einen Rollwagen genommen, hauptsächlich, weil Philipps Schwäche und Ryss’ Knie noch immer Schonung verlangten. Hedwig war das nur recht gewesen, und gerne hätte sie auch den Rest des Weges nach Reilingen im Wagen zurückgelegt. Doch der fuhr bei dieser Witterung nicht weiter, also gingen sie zu Fuß. Nach Mittag würden sie in ihrer Eltern Haus ankommen.
    „Wie alt ist Eure Großmutter, Hedwig?“, fragte Ryss.
    „Ich weiß es nicht genau. Bald Mitte sechzig, glaube ich.“
    „Ihr habt sie lange nicht gesehen?“
    „Zu Julis Taufe im Sommer.“
    „Sie wird sich freuen.“
    Hedwig schmunzelte. Ja, das würde sie. Sie freute sich auch. Ihre ganze Familie würde da sein. Freunde, Nachbarn. Sie konnte es kaum abwarten, bei ihnen zu sein. Zumal sie genug davon hatte, durch einen Winterwald zu tappen. Sie wollte in warmer Geborgenheit sitzen.
    Philipp räusperte sich. Hedwig merkte, dass ihm etwas auf der Zunge lag. Und tatsächlich sagte er mit Seitenblick auf Ryss: „Ich wollte Euch noch danken für alles, was Ihr getan habt.“
    „Ihr habt mir gedankt.“
    „Hab ich?“
    Hedwig hakte sich bei ihm unter und lachte: „Ja, hast du! Aufregung und Fieber ließen’s dich wohl vergessen.“
    „Nun, besser einmal zu viel als zu wenig“, entgegnete Philipp leichthin. Bemüht leichthin, wie Hedwig feststellte. Er bekam sein Misstrauen nicht ganz weg. Sie hörte es an seinem Tonfall. Sie war bestrebt gewesen, ihm zu verdeutlichen, wie dankbar sie Ryss war. Auch, dass sie ihn mochte, hatte sie Philipp nicht verschwiegen. Er hatte sich verständig gezeigt, durchaus, obwohl er ihr gestanden hatte, dass Ritter Massenfels’ Worte über Zauberer und Verführung in ihm festklebten wie Pech. Er fürchtete Rivalität und war eifersüchtig auf die Zeit, die sie und Ryss gemeinsam verbracht hatten. Er wollte es verstehen – aber er schaffte es nicht ganz. Sie bemühte sich, seine Bedenken zu zerstreuen, doch insgeheim gefiel ihr seine Eifersucht, ja, durchaus. War schon gut, dass er sah, was er an ihr hatte!
    „Zumal Ihr bald fort sein werdet. Ihr wollt Euch also wirklich einschiffen? Jetzt, im Winter?“
    „Ja.“
    Beim Nachtmahl gestern Abend hatte Ryss sie darüber in Kenntnis gesetzt, dass er gerne mit ihnen nach Reilingen kommen wolle, um anderntags von dort nach Speyer weiterzuziehen. Von der Domstadt aus wollte er mit einem Schiff den Rhein hinauf nach Flandern fahren. Je nachdem, wie es sich gestaltete, würde er den Winter über dort bleiben oder ein Schiff nach England nehmen.
    „Die Witwe wollte Euch ja fast nicht fortlassen.“
    Trotz des Schmunzelns in Philipps Stimme hörte Hedwig den Unterton.
Er
ließ ihn gerne gehen. Sie nicht. Sie hätte es schön gefunden, wenn er erwogen hätte, sich in Heidelberg niederzulassen. Noch immer hing sie dem Gedanken nach, dass er hier seine eigene Apotheke haben könnte, aber sie wusste, dass das töricht war. Er besaß eine Apotheke. In England. Er würde in der seines Vaters arbeiten und sie eines Tages erben. Und dazu musste er heimkehren. Doch noch war er hier, und sie war entschlossen, sich diese letzte Zeit mit ihm nicht verderben zu lassen. Früh genug würde sie seinen Kräutergeruch nicht mehr um sich haben.
    „Wisst Ihr“, hob Ryss
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