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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Marlene Klaus
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Unserem Eigentum radiert wurde. Man zeigte mir die feinen Spuren des Radiermessers. Ich sah mit eigenen Augen das leichte Zerfließen des Papiers. Das macht Eurem Geschlecht keine Ehre. Ihr beleidigt Unser Haus!“
    Am energischen Ton merkte Philipp, dass diese Sache den Kurfürsten persönlich anfocht. Da bemühte er sich von Anbeginn seines Regierungsantritts an um eine versöhnliche Haltung gegenüber der Reichsritterschaft – und nun so etwas. Es musste ihm wie Verrat vorkommen. Wie ein Hintergehen seiner lauteren Absichten.
    „Das hohe Kurhaus Pfalz!“, lachte von Massenfels bitter auf. „Rechtsweg lang und schwierig. Mit ungewissem Ausgang. Bis dahin Sperrung der Zolleinnahmen? Verlust des Waldes?“ Noch einmal das Auflachen. „All die Jahre dauernden Streitigkeiten! Wie unterirdisches Donnergrollen schwelen sie Unheil kündend und vergiften unser Gemüt. Und Euer Oheim? Mit dem ging’s doch schärfer her denn je!“
    „Macht das hier nicht zu einer Bühne für Euer Gejammer über die Lage der gesamtritterschaftlichen Sache! Und auch nicht zu einer Plattform für Bedauern heischende Ansprachen!“
    „Uns blieb kein anderer Weg“, beharrte Herr von Massenfels.
    „Um zu seinem Recht zu gelangen, gibt es wohl einen anderen Weg als Entführung und Mord!“
    „Mit Verlaub, Ihro Gnaden, bisher waren fürstliche Ohren taub gegen unsere Begehren. Eure Räte beantworten die Briefe des Ritterkreises mit neuen Forderungen. Um der Landsässigkeit zu entgehen, bleiben uns fast nur Aufruhr und Kampf!“
    „Ihr nennt es Kampf, Unschuldige in Eure Ränke zu verwickeln?!“
    „Versuche, zu unserem Recht zu gelangen!“
    „Es gibt den rechtlichen Weg!“
    „Juristisches Kauderwelsch.“
    Friedrich erhob sich empört. „Das ist ein Ton, Herr von Massenfels, den Ihr zurücknehmt, auf der Stelle!“
    Von Massenfels verneigte sich entschuldigend. „Eure Räte, durchlauchtigster hochgeborener Fürst und Herr Friedrich, verfahren mit uns nach Belieben und werfen mit Paragrafen nur so um sich. Althergebrachtes zählt nicht mehr. Mehr und mehr nehmen sie unsere Plätze in Hof und Ämtern ein. Schleppen alte Urkunden als Beweise an und fordern, so man nicht damit einverstanden ist, den Gegenbeweis. Ich wiederhole: Uns schien dieser Weg, in einer erbrechtlichen Angelegenheit Klarheit zu erlangen, der sinnvollste.“
    Friedrich hatte sich wieder gesetzt. Ein Augenblick des Schweigens entstand, als sich Hofrichter von Colli zu ihm hinüberbeugte und mit ihm flüsterte. Friedrich, den Ellbogen auf den untergeschlagenen Arm gelehnt, das Kinn auf die geschlossene Hand gestützt, hörte ihm aufmerksam zu.
    Philipp, der die Auseinandersetzungen zwischen Reichsritterschaft und Kurfürst kannte, sah sich zum ersten Mal einem Vertreter der Ritterschaft in dieser Ausführlichkeit gegenüber. Man sah die Herren hoch zu Ross durch die Stadt reiten, man sah ihre hell erleuchteten Stadthäuser, man sah sie ausgelassen saufen und mit dem jungen Kurfürsten zum Ringlerennen in den Herrengarten reiten. Doch nie zuvor hatte er einen derart standhaft seine Anliegen vorbringen sehen. Und er begriff, dass auch ihn eine Not trieb. Die mochte noch immer geringer sein als die vieler anderer Menschen, doch selbst ein Herr von Massenfels sah offenbar seine Existenz bedroht. Aber auch wenn er das deutlich wahrnahm: Mitgefühl regte sich keines in ihm. Zu sehr hatte er unter diesem Mann gelitten, der bereit gewesen war, ihn zu töten, der bereit gewesen war, Hedwig und Juli aus dem Weg zu räumen, um zu erreichen, was er für sein Recht erachtete. Nein, Scheißhund, adeliger. Mitgefühl nicht von mir.
    Friedrich setzte sich wieder aufrecht hin und blickte auf Gero von Massenfels. Er sagte: „Euer angeblicher erbrechtlicher Sachverhalt ist in Wahrheit eine Schandtat, die Unser Kurfürstentum schädigt. Ihr habt Euch am Lehenbuch meines Ahnen Friedrichs III. vergriffen. Es kostete Lehenprobst Zweifel geraume Zeit herauszufinden, was gelöscht wurde. Ihm, sowie dem alten Diener, der sich noch an manche Gegebenheit erinnern konnte, gilt Unser Dank ebenso wie Registrator Heberer. Doch vornehmlich haben wir Master Williams aus England zu danken, dessen gute Erinnerung ihn ins Vermögen setzte, eine kleine Schrift anzufertigen, die Hinweise lieferte. Diese Schrift legte er bereits am vergangenen Montag vor. Eine Woche haben Unsere Diener daran gearbeitet, zum Kern Eures Betruges vorzustoßen, Herr von Massenfels.“
    Der Angesprochene sagte nichts,
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