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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Marlene Klaus
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versetzte.
    Er musste noch einmal mit dem Mann neben sich anstoßen, und während er trank, suchte er über den tönernen Krugrand hinweg mit den Augen nach Hedwig. Wo war sie überhaupt?
    Er entdeckte sie seitlich der Tür. Umlärmt von drei Jungen lehnte sie vornübergebeugt mit aufgestützten Ellbogen auf einem hohen hölzernen Geschirrkasten. Sie sah geradewegs zu ihm her. Ihre Miene war verschlossen. Sie stimmte nicht in das Gelächter mit ein, das um sie her wogte. Sie wandte den Blick nicht von ihm ab. Sie stellte sich aufrecht hin. Dann drehte sie sich zur Tür und ging hinaus.
    Ryss starrte auf jenen Punkt, an dem sie gestanden hatte.
    Nach einer Weile erhob er sich und sagte, er müsse pissen.
    Matthias musste dringend austreten.
    Er verließ die Küche, Gesprächsfetzen im Kopf, und trat in den Vorraum. Wieder und wieder hatte er alles darlegen müssen – und sicher war es nicht das letzte Mal. Noch seiner Enkel Enkelkinder würden davon erzählen, wie man Hedwig entführt hatte, um den Kurfürsten zu betrügen.
    Er trat vor die Tür. Eine letzte Fackel blakte schwach im sandgefüllten Eimer, rot glomm die restliche Glut im Steinkreis. Der Spieß darüber war weg, das Fleisch verzehrt. Guter Einfall war das gewesen. Man konnte draußen in der Wärme des Feuers stehen und schwatzen, konnte hineingehen, wieder herauskommen und dem Fleisch beim Garwerden zuschauen. Nein, auch wenn das ausgestreute Stroh in der Küche nun matschig von all den Füßen war, es hatte sich gelohnt. Er wandte sich gen Abtritt. Aus dem Augenwinkel sah er vorne beim Eingang zum Hof zwei Gestalten. In der Dunkelheit hielt er sie zunächst für Nachbarn und wollte schon etwas rufen. Da erkannte er seine Tochter und diesen Engländer. Warum standen die dort in der Kälte? Er hörte sie nicht reden. Misstrauen wollte sich regen. Er spürte, dass er durch die vergangenen Ereignisse empfindlich geworden war. Er trat näher.
    „Soso“, begann er, „morgen früh brecht Ihr also auf.“ Er legte den Arm um die Schulter seiner Tochter. Rüttelte sie sacht. „Auch Hedwig muss morgen zurück nach Heidelberg. Kann schließlich nicht dauernd der Arbeit fernbleiben, was?“
    Hedwig senkte den Kopf, und er merkte, dass ihr unangenehm war, dass er herangekommen war. Sie löste sich aus seiner Berührung, indem sie einen Schritt von ihm weg machte. Ihm wurde unbehaglich. Er sah Ryss an, vermochte in der Dunkelheit dessen Gesichtsausdruck nicht zu erkennen, begriff jedoch an seiner Haltung, dass er störte. Auch Hedwig wartete höflich, dass er wieder ginge. Das Misstrauen wuchs, Ärger wallte empor. Was hatte dieser Engländer hier mit seiner Tochter zu schaffen? Und dann begriff er jäh. Es war nicht, wie er dachte. Still war die Nacht ringsum. Leise tropfte schmelzender Schnee. Die Schrecken, die sie gemeinsam durchlitten hatten, woben ein Band der Kraft um Hedwig und Ryss. Wie Krieger, die Seite an Seite im Kampf stehen, waren auch sie auf besondere Weise verbündet. Hedwig mochte noch so viel über dies Erlebnis berichten – niemand würde sie je so verstehen wie dieser fremde junge Mann. Matthias wusste es. Er wandte sich an Ryss. „Habe ich Euch eigentlich meinen Dank ausgesprochen, Ryss? Ohne Euer beherztes Helfen – nun, Ihr habt den Mut aufgebracht, von Massenfels und vom Fleckstein anzuklagen. Ohne Eure Aufzeichnungen hätte sich alles nicht so rasch lösen lassen. Habt also Dank dafür! Und wisset“, er legte ihm die Hand auf die Schulter und sah ihm ins Gesicht, „in meinem Haus und in dieser Familie habt Ihr immer einen Platz.“ Er ließ ihn los, nickte ihm zu.
    „Das ist sehr freundlich von Euch“, erwiderte Ryss. „Habt auch Ihr Dank.“
    Und Matthias täuschte sich nicht: Ryss’ Stimme klang belegt. Er klopfte ihm noch einmal auf die Schulter und verschwand in Richtung Abtritt.
    Dass ihr Vater eben mitten hineingeplatzt war in ihr Gespräch, war ihr unangenehm. Aber zum Glück hatte er begriffen, dass er sie allein lassen musste, und war gegangen. Hedwig war erleichtert darüber und schätzte ihn dafür.
    „Nun, dies ist also unser letzter Abend“, sagte sie noch einmal, im Versuch, da anzuknüpfen, wo ihr Vater sie zuvor unterbrochen hatte. Nachtgraue Atemwölkchen begleiteten ihre Worte.
    „Sieht so aus, ja.“
    „Was meint Ihr, werdet Ihr mir Nachricht zukommen lassen? Einen Brief ans Haus des Tuchhändlers Belier zu senden, ist leicht. Es kommen viele Boten mit Briefen, es ist …“
    „… ein wohlhabendes und
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