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Das Buch aus Blut und Schatten

Das Buch aus Blut und Schatten

Titel: Das Buch aus Blut und Schatten
Autoren: Robin Wasserman
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i in Panik gerieten und zu flüchten versuchten. Doch ich wurde von ihrem Anführer festgehalten, dessen Arme und Beine zu zucken begannen, als hätten sie sich von seinem Nervensystem gelöst und wollten ebenfalls das Weite suchen. Sein Gesicht war hohl geworden, Wangen, Nase und Stirn waren in sich zusammengefallen und für einen Moment, den Mund zu einem perfekten O des Grauens aufgerissen, das Gesicht unnatürlich lang, die Haut straff über die Knochen gespannt, sah der Hleda č i aus wie ein schauriges Kunstwerk, wie die entmenschte Verkörperung der Angst in Formen und Farben, die nur in einem Albtraum existieren konnten – und dann fiel der Mund und der ganze Rest von ihm in sich zusammen. Es gab nicht einmal einen dumpfen Schlag, als er auf dem Boden landete, eher ein feuchtes Schmatzen, wie von einem Stapel durchnässter Lappen.
    Â»Er war nicht würdig«, sagte ich laut. »Wer ist der Nächste?«
    Plötzlich dröhnte eine Explosion. Ich drehte den Kopf nach hinten, so weit ich konnte. Die Tür der Kirche war aus den Angeln gerissen worden. Die Fidei Defensor strömten in die Kirche, mit Eli an vorderster Front. Die Hleda č i stoben auseinander. Schreie ertönten, als sie aufeinander losgingen und die Hleda č i sich zu einer Wand vor dem Lumen Dei formierten, eine vereinte Front, die die Fidei daran hindern sollte, ihren Schatz zu stehlen. Schüsse peitschten. Kerzen wurden umgeworfen. Flammen züngelten an Knochen. Kutten bauschten sich, zerrissen, Männer des Glaubens rangen sich gegenseitig zu Boden und irgendwo inmitten des Lärms die Stimme von Max: »Lauf!«
    Seine Finger kämpften mit den Lederriemen, mühten sich damit ab, sie zu lösen, während die Hleda č i abgelenkt waren. Die Fesseln an meinem Hals fielen zuerst, dann die an meinen Armen, sodass ich mich aufsetzen und meine Beine selbst losbinden konnte. Ich konnte kaum glauben, dass ich, egal, was als Nächstes passierte, nicht auf diesem Tisch, nicht durch dieses Messer sterben würde.
    Â»Ich sagte, lauf!«, brüllte Max wütend, als sein Griff an meinem Arm plötzlich fester wurde, schmerzhaft. Er hatte eine Pistole in der Hand, die er mir in den Bauch stieß. Adriane stand vor uns, das Gesicht tränenüberströmt, die Arme ausgestreckt, die Handflächen flehend nach oben gerichtet. Sie schüttelte immer wieder den Kopf in einem hartnäckigen Nein. Und da verstand ich: Er meinte gar nicht mich.
    Â»Wenn du uns nachgehst, bring ich sie um«, sagte er zu Adriane. »Verschwinde.«
    Sie rannte nicht weg. Sie kam uns nicht nach.
    Max griff sich das Lumen Dei und drückte mir den Lauf der Waffe ins Kreuz. »Links vom Eingang ist eine Tür«, fuhr er mich an, mit den Lippen an meinem Ohr. »Wir bleiben an der Wand. Mach keine Dummheiten.«
    Keine plötzlichen Bewegungen, meinte er. Das hier ist kein Actionfilm, meinte er und dass ich nicht den Fehler machen sollte zu glauben, dass ich mich retten konnte. Wir bewegten uns schnell, mit dem Rücken zur Wand, die Waffe stets auf mich gerichtet. Jeder Hleda č i, der uns sah, wurde von den Fidei zu Boden gerungen, und umgekehrt. Ich sah Eli, der auf einem zusammengestürzten Pfeiler aus Knochen stand und das Messer eines Hleda č i abwehrte. Ich sah, dass er mich sah, und die Erkenntnis auf seinem Gesicht, dass er mir nicht folgen konnte, wo immer Max mich auch hinbringen würde.
    Â»Tu das nicht«, flehte ich immer wieder. »Max, ich bin’s. Bitte.«
    Er stieß mich durch eine niedrige Tür hinter dem Hauptschiff, dann eine schmale Treppe hoch in eine andere Kapelle, wo wir nicht einmal stehen blieben. »Da lang«, befahl er, während er mich durch eine lädierte Tür schob, hinter der sich eine Leiter verbarg.
    Â»Max, du wirst mich doch nicht erschießen.« Aber hinter mir stand nicht Max. Hinter mir stand der Mörder von Chris, der Junge, der sechsmal auf ihn eingestochen und ihn dann in einer Blutlache hatte liegen lassen. Ich stieg auf die Leiter.
    Â»Ich wollte ihn nicht umbringen«, sagte er hinter mir. Es war das Gejammer eines Kindes, das seinen Willen nicht bekommen hatte. »Er hätte mir doch nur den Brief geben müssen. Aber er wollte nicht. Wenn er getan hätte, was ich ihm gesagt habe, wäre alles anders gekommen. Wir hätten alles richtig machen können. Es sollte nicht so laufen. Es sollte schön
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