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Das Buch aus Blut und Schatten

Das Buch aus Blut und Schatten

Titel: Das Buch aus Blut und Schatten
Autoren: Robin Wasserman
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unseren Triumph nicht miterleben wirst. Zabij je oba.«
    Als von beiden Seiten Männer in Kutten auf Max zugingen, war klar, was der Befehl des Anführers bedeutete.
    Â»Halt!«, brüllte ich.
    Der Schlag war so heftig, dass ich fast wieder ohnmächtig geworden wäre. Ich schmeckte Blut auf meinen Lippen. Im Raum wurde es totenstill. Ein scharfer Knall durchschnitt das Schweigen, dann hörte ich hinter mir ein Stöhnen, gefolgt von einem dumpfen Geräusch. Der Anführer der Hleda č i steckte einen kleinen Revolver in seine Kutte zurück. »Du bist vyvolená«, sagte er. »Niemand darf dich anrühren.« Er drehte sich um und starrte die Schar seiner Leute an, die sich für die Zeremonie versammelt hatten. »Je to jasný?«
    Sie nickten hastig. Verstanden. Dann war ich für ihn also mehr wert als seine eigenen Leute. Das musste ich mir zunutze machen.
    Â»Sie dürfen sie nicht töten«, sagte ich.
    Der Anführer kam mit eleganten, flüssigen Bewegungen auf mich zu. Als sein Gesicht in mein Blickfeld geriet, konnte ich im Licht der Kerzen, von denen mein Körper umgeben war, jede einzelne Warze, jede einzelne Falte darin erkennen. Er hatte einen seiner eigenen Männer erschossen, weil dieser mich geschlagen hatte, aber das Messer konnte ich nicht so schnell vergessen. Oder die Lederriemen, die mich festhalten würden, wenn er die Klinge über meine Kehle zog. »Du bist vyvolená, aber ich bin der Meister. Du gibst mir keine Befehle.«
    Â»Ja. Ich bin vyvolená«, erwiderte ich, wobei ich inständig hoffte, dass meine Stimme nicht zitterte. »Elizabeth Westons Blut fließt durch meine Adern. Und das bedeutet, dass das Lumen Dei ein Teil von mir ist. Daran glaubt ihr doch, nicht wahr?«
    Das Gesicht des Anführers zeigte keinerlei Überraschung angesichts meiner Worte. Es verriet nichts.
    Â»Als ihr es das erste Mal benutzt habt, ist etwas schiefgelaufen, stimmt’s?« Ich redete schnell, überlegte noch schneller, doch es war ein Wettlauf ins Nirgendwo, denn alles, was ich am Ziel sehen konnte, war der Tod. »Das Blutopfer wurde nicht freiwillig gegeben.«
    Â»Ein freiwilliges Opfer ist nicht notwendig.«
    Ganz ruhig. »Sind Sie sicher? Elizabeth Weston sagt da etwas ganz anderes. Das ist das Geheimnis der Schöpfung ihres Vaters – nur jemand mit einer spirituellen Verbindung zu der Maschine kann beurteilen, ob jemand würdig ist, sie zu benutzen.«
    Â»Das sind Lügen.« Aber er wirkte unsicher.
    Â»Ohne spirituelle Reinigung kann es keine Vorherrschaft geben. Gott hat gewisse Ansprüche.«
    Â»Was weißt du schon von Gott?«
    Â»Sie wissen, dass ich die Karte gestohlen habe. Sind Sie denn nie auf den Gedanken gekommen, dass es noch mehr Briefe gab? Vielleicht ein paar, von denen ich Ihrem kleinen Lakaien dort nichts erzählt habe? Sie haben selbst gesagt, dass er ein Stümper ist. Er hat ein paar Dinge übersehen. Wichtige Dinge.« Es war eine Lüge, aber irgendwie war es auch die Wahrheit. Ich wusste mehr, als ich wissen sollte, mehr als er – weil ich Elizabeth kannte. Und mit einem hatten sie recht: Das Lumen Dei war ein Teil von ihr.
    Der Anführer schüttelte den Kopf. »Was schlägst du vor?«, sagte er dann aber.
    Â»Ich werde es tun«, erwiderte ich. »Ich fühle mich geehrt, mein Geburtsrecht anzunehmen. Sie glauben, Sie müssten mich dazu zwingen, aber das ist genau das, was ich will. Dieser Ort, dieser Moment, mit dem Lumen Dei.« Er würde es glauben wollen – jedenfalls hoffte ich das –, denn eine vyvolená, die ihre Aufgabe mit Stolz akzeptierte, war ihm mit Sicherheit lieber. »Und wir werden der Ewigkeit gemeinsam ins Gesicht blicken. Aber nur, wenn sie am Leben bleibt.«
    Â»Was zum Teufel tust du da?«, schrie Adriane.
    Â»Halt den Mund, Adriane.« Aber es war unnötig. Sie hielten ihr wieder den Mund zu.
    Es war verrückt; es war das Richtige. Das, was ich sagte, fühlte sich echt an. Ich war in einer Kirche aus Knochen an einen Tisch gefesselt. Der Anführer hatte das Messer. Aber – ich konnte es spüren – ich hatte die Macht.
    Â»Deine Freundin.« Der Anführer nickte. »Das Mädchen, ja? Und was ist mit dem Jungen?«
    Ich drehte den Kopf und sah Max an. Max, der mich hierhergebracht und zugesehen hatte, wie sie mich fesselten. Der mich sanft unter dem Sternenhimmel geküsst
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