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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand
Autoren: Andrea Schacht
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Braue hochzuziehen, Ivo. Es hat jemand mein Bier ausgesoffen. Ich weiß sogar, wer.«
    »Unsere Novizen, nehme ich an. Muss mein Donnerwetter wieder zwischen sie fahren?«
    »Könnte ihnen nicht schaden, aber sie waren es nicht. Es war dieser verdammte Vergolder.«
    »Der Hölle sei er geweiht!«
    »Das ist er schon aus vielen anderen Gründen, vermute ich. Das Bier hat die Liste seiner üblen Taten nur noch um einen Punkt verlängert. Ich war ein Idiot, dass ich ihn eingestellt habe.«
    »Ehrwürdiger Vater, das kann ich nicht glauben.«
    »Spotte du nur. Aber die Zünftigen hier in Köln haben mir eine Abfuhr erteilt. Die einen überarbeiten den Altar bei den Clarissen, die anderen hat der Dompropst bestellt, die Chorschranken neu zu vergolden, weil der Erzbischof in naher Zukunft wieder Einzug in die Stadt halten wird. Da stand plötzlich dieser Thomas vor der Tür. Er erschien mir wie ein Geschenk des Himmels. Und hin wie her, er macht seine Arbeit gut.«
    »Ich bin fast drei Wochen fort gewesen, Theo. Du wirst mich aufklären, welch wichtige Arbeit das ist.«
    »Unser Bertram hat eine Apostelgruppe geschnitzt, und ich hatte mir gedacht, dass es sich bei dem Pfingstgottesdienst sehr gut machen würde, wenn wir sie ausstellen würden.«
    »Bertrams Figuren, Theo, bedürfen keiner Vergoldung.«
    »Nein, nein, nur hier und da ein Tüpferchen. Aureolen, Hirtenstäbe und so. Aber ich habe den Jungen gebeten, Feuerzungen zu schnitzen, sodass wir sie über der Gruppe aufhängen können. Und die müssen vergoldet sein, sonst wirkt es nicht.«
    Um Pater Ivos Augen spielten einige kleine Fältchen, doch ansonsten blieb seine Miene ernst. Er kannte Theo schon lange und sehr gut. Der Abt würde sich nie etwas zu Schulden kommen lassen, was gegen das Gelöbnis der Keuschheit und den Dienst an Gott und seiner ihm Anvertrauten verstieß, doch er hatte einen nur mühsam unterdrückten Hang zu guten Speisen und Getränken und eine offensichtliche Neigung zu edlen Kunstwerken. Das Gelübde der Armut war schwer zu halten, denn das Kloster verfügte über ein ansehnliches Vermögen. Die Ausstattung seiner Wohnräume zeugten von erlesenem Geschmack und einem guten Auge für Qualität.
    »Zieh ihm das Bier vom Lohn ab«, schlug der Benediktiner vor und nahm den letzten Schluck von dem bitteren Hopfenbier.
    »Das werde ich tun. Nun berichte: Was tut sich auf den Gütern?«
    Das dauerte bis zur Non, gemeinsam suchten sie dann die Kirche auf, und nach der Messe schlenderte Ivo zu den Werkstätten. Bertram sah lächelnd von seiner Schnitzerei auf und erhob sich, als der Mönch zu ihm trat.
    »Nun, mein Junge, wie geht es dir?«
    »Ich grüße Euch, Pater Ivo. Danke, ich fühle mich sehr wohl.«
    »Keine Anfälle mehr?«
    »Nein, Pater. Ich mag die Gleichförmigkeit des Lebens hier. Und alle sind sehr nett.«
    »Deine Arbeit geht gut voran, hörte ich.«
    »Der ehrwürdige Vater ist die Güte selbst. Meine Apostel sollen den Gläubigen gezeigt werden.«
    »Vergoldet!«, grummelte der schwarze Benediktiner, und der Novize lachte leise.
    »Nur ein bisschen, ehrlich. Seht, dies macht Thomas mit ihnen.«
    Die Figuren, gut drei Handspannen hoch, trugen fein geschnitzte Heiligenscheine, und mit äußerster Belustigung stellte Ivo fest, dass ihre Gesichter die Züge der Klosterbewohner trugen.
    »Du bist ein Schlingel, Novize!«
    Bertram senkte demütig den Kopf, sah dann aber wieder auf und geradewegs in die grauen Augen seines Besuchers. Er entdeckte keine Missbilligung darin, also lächelte er.
    »Was hältst du von dem Vergolder?«, fragte Pater Ivo ihn, ohne weiter darauf einzugehen.
    »Er ist ein Schlitzohr. Aber er versucht, es zu verstecken.«
    »Aber du hast es herausgefunden?«
    »Wir teilen uns die Werkstatt. Er trägt zwar immer eine Kappe, die die Ohren bedeckt, aber neulich ist sie ihm heruntergefallen. Er hatte gesoffen.«
    »Also aus der Zunft ausgestoßen, aber nicht aus der Kölner.«
    »Er behauptet, er käme aus Nürnberg.«
    »Wo ist er untergebracht?«
    »In der Zelle neben der Euren, denn das Gästehaus ist in diesem Monat belegt.«
    »Werde ich ihn jetzt dort finden?«
    »Wohl kaum. Fragt den Bruder, der das Bier braut, da lungert er vor der Vesper häufig herum.«
    Pater Ivo überquerte zügigen Schrittes den Hof und fand Bruder Gereon, der die gekeimte Gerste auf der Darre ausbreitete, wo sie über dem Ofen getrocknet werden sollte.
    »Alchemistische Übungen, Bruder?«
    »Weit geheimnisvoller. Und für manche ein Grund,
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