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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand
Autoren: Andrea Schacht
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hier im Refektorium, zusammen mit acht der zwölf Frauen, die der Gemeinschaft angehörten, wollte Almut nicht weiter in sie dringen. Es würde sich am Abend noch Gelegenheit finden, Clara nach ihrem Kummer zu befragen.
    Eine Weile stickten, nähten und webten alle emsig weiter, denn das strahlende Sonnenlicht, das durch die geöffneten Fenster fiel, erlaubte ihnen, die kunstfertigen Handarbeiten anzufertigen, mit denen sie einen Teil ihres Lebensunterhalts verdienten. Ausgenommen von dieser Tätigkeit waren nur die Meisterin, die oben in ihrer Stube den Abrechnungen nachging, Gertrud, die in der Küche waltete und Bela, die ihren Dienst an der Pforte nachging und ein Auge auf die mäkelige Ziege und das fette Schwein hielt, die beide zu gerne Elsas Kräuterbeete geplündert hätten. Ursula Weverin summte leise eine heitere Melodie, in die nach und nach alle einfielen. Außer Almut. Ihr war die Gabe des melodischen Gesangs nicht gegeben. Aber sie erfreute sich an der friedfertigen Stimmung, den flimmernden Sonnenstäubchen und dem wachsenden Seidenband unter ihren Fingern.
    »Hast du schon etwas Neues über den Bescheid des Erzbischofs gehört?«, wollte Ursula schließlich wissen, als sie ihr Lied beendet hatten.
    »Nein, aber ich habe auch schon seit Tagen nicht mehr mit Vater Theodoricus gesprochen. Aber Pater … mhm - Ivo wird in diesen Tagen zurückerwartet, und ich denke, dann werde ich mehr erfahren.«
    »Du bist erstaunlich geduldig.«
    »Nein, bin ich nicht.«
    Nein, das war sie wirklich nicht, aber sie besaß genug Einsicht, um zu wissen, dass sie im Moment nichts bewirken konnte. Die Befreiung von den feierlichen Gelübden, die Ivo vom Spiegel vor über einem Jahrzehnt abgelegt hatte, war ein diffiziles Geschäft - ein Geschäft im wahrsten Sinne des Wortes. Es musste Geld fließen, nicht unbeträchtliche Summen, und es musste in die richtigen Hände gelangen. Verhandlungen waren geführt, Versicherungen gegeben worden, und nun hatte der Erzbischof das letzte Wort. Friedrich von Saarwerden jedoch hatte im Zuge des Schöffenstreits Köln verlassen und sich nach Poppelsdorf verzogen. Inzwischen war zwar der Friede zwischen ihm und dem Rat der Stadt wiederhergestellt, aber Einzug hatte der Erzbischof noch nicht gehalten. Er schmollte noch ein wenig und widmete sich lieber den Regelungen familiärer Angelegenheiten.
    »›In eines Mannes Herzen sind viele Pläne, aber zustande kommt der Ratschluss des Herrn‹«, murmelte Clara, ohne von ihrer Stickerei aufzusehen.
    »Vermutlich mahnt uns so der weise Salomo? Hast du seine Reden übersetzt?«, wollte Almut wissen.
    »Ja, ja, ja. Ich habe es, und was krieg ich dafür?«
    Mit einem unerklärlichen Wutanfall warf Clara ihre Handarbeit auf den Tisch und stürmte aus dem Refektorium.
    »Was für eine Laus ist der denn über die Leber gelaufen? So kenne ich sie gar nicht«, stellte Elsa fest und schaute ihr verdutzt nach.
    »Sie brütet etwas aus. Ich glaube, ich schau mal nach ihr.«
    »Nimm ihr einen süßen Wecken mit. Gertrud hat heute welche gebacken. Dich besänftigen die immer.«
    »Eine gute Idee, Elsa!« Almut grinste sie an und legte sorgsam ihre Webbrettchen zusammen.
     
    Die Häuser der Beginen umschlossen ein kleines Geviert, in dem sich Beete, ein Waschplatz, ein Brunnen und der gemauerte Backofen befanden. Dieser schloss sich an das Häuschen an, in dem die Köchin wohnte und arbeitete. Der Duft von frischem Brot hing in der Luft, als Almut die Tür öffnete. Gertrud war nicht anwesend, aber Teufelchen grüßte sie mit einem stolzen Maunzen aus ihrem weich gepolsterten Korb nahe der Feuerstelle. Drei winzige Katzenkinder lagen zusammengerollt an ihrem Bauch, die Augen noch geschlossen, die winzigen Öhrchen schlapp am Kopf anliegend. Zwei waren schwarz wie ihre Mutter, eines, grau getigert mit weißen Pfötchen, verriet den Vater, einen strammen Kater, der in der Scheuer hinter den Feldern über die Mäuse herrschte.
    Almut kniete nieder und streichelte die glücklich schnurrende Mutter, hütete sich aber, die Kleinen zu berühren, denn Teufelchen war in dieser Sache sehr eigen. Einen schmerzenden Kratzer hatte sie sich bereits eingehandelt.
    »Sie frisst mir die Haare vom Kopf«, murrte die Köchin, die mit einem Korb geräucherter Würste aus der Vorratskammer kam und ihn mit Schwung auf den Tisch pflanzte. Schon hatte sie ein scharfes Messer in der Hand und schnitt einen ordentlichen Zipfel in kleine Bissen.
    »Aber eine säugende Katze braucht
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