Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Bourne-Attentat

Das Bourne-Attentat

Titel: Das Bourne-Attentat
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
wusste, einer der beiden Eingänge zum Flügel des Gefängnisses lag. Wie dieser Wärter sich vorstellte, an den Kontrollpunkten vorbeizukommen, war ihm ein Rätsel, aber Maks verschwendete keine Energie damit, an ihm zu zweifeln. Bisher hatte der Mann genau gewusst, was er tat – warum sollte es jetzt anders sein? Der Mann war offensichtlich ein absoluter Profi. Er hatte die Gefängnisanlage genau studiert und hatte zweifellos auch die richtigen Männer hinter sich. Anders war es nicht zu erklären, dass er hier hereingekommen war und ihn offenbar niemand an seinem Vorhaben hinderte. Das sah ganz nach Maks’ Chef aus.
    Als sie sich auf dem Gang den Duschen näherten, fragte Maks: »Wer bist du?«
    »Mein Name ist unwichtig«, antwortete der Wärter. »Das Einzige, was zählt, ist, wer mich geschickt hat.«
    Maks nahm alles wahr, was in der unnatürlichen Stille passierte, die an diesem Abend im Gefängnis herrschte. Der Wärter sprach perfektes Russisch, doch für sein geübtes Auge sah er nicht wie ein Russe aus – und auch nicht wie ein Georgier, Tschetschene, Ukrainer oder Aserbaidschaner. Verglichen mit Maks war er eher klein, doch im Vergleich zu ihm war fast jeder klein. Sein Körper war kräftig und seine Bewegungen sparsam und präzise. Er besaß die außergewöhnliche Ruhe einer Energie, die stets im richtigen Maße eingesetzt wurde. Maks selbst war genauso, deshalb erkannte er diese Merkmale, die einem anderen vielleicht entgingen. Die Augen des Wärters waren blass, sein Gesicht konzentriert und nüchtern, wie das eines Chirurgen im Operationssaal. Sein dichtes helles Haar stand stachelig nach oben – eine Frisur, die Maks nur aus ausländischen Zeitschriften und Filmen kannte. Ja, wenn er es nicht besser gewusst hätte, wäre er der Ansicht gewesen, dass der Mann Amerikaner war. Aber das war nicht möglich. Maks’ Chef beschäftigte keine Amerikaner. Er benutzte sie nur für seine Zwecke.
    »Dann hat dich also Maslow geschickt«, sagte Maks schließlich. Dimitri Maslow war der Kopf der Kazanskaja. »Ich hätte es sowieso nicht viel länger ausgehalten, das kann ich dir sagen. Fünfzehn Monate hier drin – das kommt einem vor wie fünfzehn Jahre.«
    Als sie zu den Duschen kamen, wirbelte der Wärter plötzlich herum und hämmerte den Schlagstock gegen Maks’ Schläfe. Völlig überrascht taumelte Maks über den Betonboden des Duschraums, in dem es nach Schimmel und Desinfektionsmittel stank und nach Männern, die sich nicht um Körperpflege kümmerten.
    Der Wärter prügelte weiter auf ihn ein und schwang den Schlagstock fast spielerisch, mit müheloser Leichtigkeit. Er traf Maks mehrmals am linken Oberarm, gerade hart genug, um ihn zu der Reihe von Duschköpfen zu treiben, die aus der feuchten Wand vorstanden. Doch Maks ließ sich nicht treiben, nicht von diesem Wärter oder von sonst jemandem. Als der Schlagstock wieder niederging, sprang er vor und wehrte ihn mit dem angespannten Unterarm ab.
    Er stieß mit dem selbst gemachten Messer zu, das er in der linken Hand hielt. Als der Wärter es abwehren wollte, riss Maks es hoch, um die Unterseite des Handgelenks zu treffen und die Adern und Sehnen zu durchtrennen, so dass sein Gegner die Hand nicht mehr einsetzen konnte. Die Reflexe des Wärters waren jedoch genauso schnell wie seine eigenen, und so traf das Messer nicht das Handgelenk des Mannes, sondern nur seine Lederjacke. Doch die Klinge vermochte das Leder nicht zu durchdringen. Maks konnte gerade noch registrieren, dass die Jacke mit Kevlar oder einem anderen undurchdringlichen Material gefuttert sein musste, ehe die schwielige Handkante des Mannes ihm das Messer aus der Hand schlug.
    Ein weiterer Schlag ließ ihn rückwärtstaumeln. Er stolperte über eines der Abflusslöcher, und der Wärter trat mit voller Wucht seitlich gegen Maks’ Knie. Mit einem hässlichen Knirschen gab Maks’ rechtes Bein unter ihm nach.
    Als der Wärter auf ihn zukam, sagte er: »Es war nicht Dimitri Maslow, der mich geschickt hat, sondern Pjotr Zilber.«
    Maks versuchte verzweifelt, den Schuh aus dem Abflussloch zu bekommen, in dem er steckte, obwohl er seinen Fuß nicht mehr spürte. »Ich weiß nicht, wovon du redest.«
    Der Wärter packte ihn vorne am Hemd. »Du hast seinen Bruder umgelegt – Alexej. Ein Schuss in den Hinterkopf. Sie haben ihn mit dem Gesicht nach unten in der Moskwa gefunden.«
    »Das war geschäftlich«, rechtfertigte sich Maks. »Rein geschäftlich.«
    »Ja, verstehe, aber das hier ist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher