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Das Böse unter der Sonne

Das Böse unter der Sonne

Titel: Das Böse unter der Sonne
Autoren: Agatha Christie
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der Halle auf die Uhr sah, war es erst fünfundzwanzig Minuten nach zehn. Die zweite Gelegenheit zu finden war einfach: Christine konnte Lindas Armbanduhr wieder richtig stellen, als Linda schwimmen ging.
    Es blieb also nur noch das Problem mit der Leiter. Christine hatte immer behauptet, dass sie keine Höhe vertrage, weil ihr sofort schwindlig werde. Wieder eine genau geplante Lüge. Alle Puzzlestücke passten jetzt an ihren Platz – das Bild war vollkommen. Aber unglücklicherweise hatte ich keine stichhaltigen Beweise. Es existierte alles nur in meinem Kopf.
    Da kam mir wieder eine Idee. Das Verbrechen war mit solcher Könnerschaft, mit solcher Sicherheit ausgeführt worden. Ich war überzeugt, dass Patrick Redfern das Schema irgendwann noch einmal verwenden würde. Aber was war mit der Vergangenheit? Es konnte doch möglich sein – ich gebe zu, ein weit hergeholter Gedanke –, dass dies nicht sein erster Mord war. Die Mordmethode passte zu ihm, zu seiner Veranlagung – ein Killer, dem das Töten Spaß machte und der aus Geldgier tötete.
    Wenn er je einen Mord begangen hatte, musste er diesmal dieselbe Methode angewendet haben, davon war ich überzeugt. Ich bat Inspektor Colgate, mir eine Liste der Frauen zu besorgen, die in den letzten Jahren erwürgt worden waren. Das Ergebnis war positiv. Die tote Nellie Parsons, die man erwürgt in einem einsamen Wäldchen gefunden hatte, konnte Patrick Redferns Werk sein oder auch nicht – nur die Wahl des Tatortes wies auf ihn hin. Aber im Fall von Alice Corrigan fand ich genau, was ich suchte. Im wesentlichen war es dieselbe Methode: das Spiel mit der Zeit. Ein Mord geschieht nicht früher als angenommen, sondern später! Die Leiche wurde angeblich um Viertel nach vier gefunden. Und der Ehemann hatte ein Alibi bis fünfundzwanzig Minuten nach vier.
    Aber was war wirklich passiert? Angeblich kam Edward Corrigan ins Café ‹Pine Ridge›, weil er annahm, dass seine Frau schon auf ihn wartete. Aber sie war noch nicht da, und deshalb ging er wieder hinaus und behauptete später, er sei vor dem Haus auf und ab gegangen. In Wirklichkeit lief er, so schnell er konnte, zum Cäsarhain – der nicht weit entfernt war –, tötete sie und eilte zum Café zurück. Die Anhalterin, die das Verbrechen bei der Polizei meldete, war eine unbescholtene junge Frau, Turnlehrerin an einer bekannten Mädchenschule. Dem Anschein nach bestand keine Verbindung zwischen ihr und Edward Corrigan. Sie hatte ziemlich weit laufen müssen, um den Mord zu melden. Der Polizeiarzt untersuchte die Tote erst um Viertel vor sechs. Genau wie in unserem Fall wurde die angegebene Todeszeit nicht weiter nachgeprüft.
    Ich beschloss, noch einen letzten Test zu machen. Ich musste genau wissen, ob Mrs Redfern eine Lügnerin war oder nicht. Ich arrangierte unseren kleinen Ausflug zum Dartmoor. Wenn jemand nicht schwindelfrei ist, läuft er nur ungern über eine schmale Bachbrücke. Miss Brewster, die tatsächlich eine Höhenphobie hat, wurde es schwindlig. Aber Christine Redfern lief heiter und unbeschwert hinüber. Es war nur eine Kleinigkeit, aber doch wichtig. Wenn sie in diesem Fall gelogen hatte, waren auch die anderen Lügen denkbar.
    Inzwischen hatte Colgate das Gruppenfoto an die Polizei von Surrey gesandt, die Redfern als Edward Corrigan wieder erkannte. Nun spielte ich meine Trümpfe nach einem Plan aus, der mir den größten Erfolg zu versprechen schien. Erst wiegte ich Redfern in Sicherheit, dann ging ich auf ihn los und setzte ihm so lange zu, bis er seine Fassung zu verlieren begann. Als er erfuhr, dass er als Corrigan identifiziert worden war, gab ihm das den Rest.»
    Hercule Poirot strich sich nachdenklich über den Schnurrbart. «Was ich tat», sagte er ernst, «war sehr gefährlich, aber ich bedaure es nicht. Ich hatte Erfolg! Ich habe nicht vergeblich soviel riskiert.»
    Es herrschte einen Augenblick Schweigen. Dann seufzte Mrs Gardener tief auf. «Oh, Monsieur Poirot», sagte sie. «Es war großartig, Ihre Schilderung der Ereignisse zu hören. Es hat mich genauso fasziniert, als wäre es ein Vortrag über Kriminologie gewesen.
    Ja, eigentlich war es sogar ein richtiger Vortrag. Und zu denken, dass meine hellrote Wolle und unser Gespräch über das Sonnenbaden bei der Aufklärung eine Rolle spielten! Ich bin so aufgeregt, dass mir die Worte fehlen, und ich bin sicher, dass es Mr Gardener genauso geht, nicht, Odell?»
    «Ja, meine Liebe», antwortete Mr Gardener.
    «Auch Mr Gardener war mir
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