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Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir
Autoren: Linda Ladd
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nicht hörten, zu heulen anfingen oder neidisch wurden. Besonders stolz war seine Mom auf seine Schulnoten. Wenn sie am Elternsprechtag am Schuljahresende vom Termin mit seinem Beratungslehrer zurückkam, verkündete sie meist, er habe im Intelligenztest im Frühjahr wieder einmal als Genie abgeschnitten. Er hatte längst begriffen, dass er klüger als alle anderen war, ja sogar als sie, doch sie freute sich wirklich. Sie sagte, mit einem scharfen Verstand wie seinem könne er später als Erwachsener alles tun und werden, was er wolle.
    Seine jüngeren Geschwister waren eigentlich in Ordnung, vor allem Lyla. Sie war erst vier und hatte wunderschöne lange blonde Haare. Sie reichten ihr bis über die Taille und kringelten sich, genau wie seine eigenen, zu dicken blonden Locken, die in der Sonne leuchteten wie goldenes Feuer. Sie war seine absolute Lieblingsschwester, und er hatte eine ganze Menge Schwestern. Aus irgendeinem Grund war er einfach gern mit ihr zusammen, vor allem, weil sie immer so niedlich kicherte. Die anderen waren meistens auch okay, aber eben nicht wie Lyla. Er liebte sie so sehr, sogar mehr als seine Mom und sein Dad sie liebten. Manchmal war das Gefühl so gewaltig, dass es sich in seiner Brust ausdehnte, bis es wehtat und ihm die Tränen in die Augen traten. Normalerweise passierte das, wenn er daran dachte, wie süß sie war und wie sehr sie ihn bewunderte. Er war ihr Superheld, und das gefiel ihm. Auf den Bildern, die sie im Kindergarten malte, stellte sie ihn immer mit einem roten Umhang dar, als ob er Supermann gewesen wäre. Außerdem trug ihr Supermann stets den Anfangsbuchstaben seines Namens auf der Brust.
    Es wurde spät, beinahe Essenszeit. Die Verwandten seines Dad hatten Unmengen leckeres Essen zum jährlichen Picknick mitgebracht. Inzwischen waren die anderen Kinder nicht mehr im Pool, sondern spielten mit ihren Dads und Onkeln Wiffleball oder tollten mit den Hunden im Garten herum. Seine Familie hatte drei Hunde: Cocoa, Puffs und Cheerio. Zurzeit hatte Cheerio, der kleine Beagle, sechs winzige neugeborene Welpen. Nun waren die meisten Kinder drinnen im Garderobenraum und beobachteten, wie die Welpen in einem Pappkarton herumwuselten, den seine Mom mit einer alten rotweißen Steppdecke als Hundebett hergerichtet hatte.
    Eigentlich schaute der Junge auch gerne den Welpen zu, aber im Moment war er froh, einfach nur mit Lyla allein zu sein. Er hatte sowieso genug davon, mit Basketbällen nach dem schwimmenden Korb zu werfen. Er traf fast nie daneben, und seine Cousins waren deshalb keine ernst zu nehmenden Gegner. Jetzt konnten er und Lyla ungestört nach den funkelnden neuen Pennys tauchen, die sein Dad im Pool versenkt hatte. Sie schwamm wie ein kleiner Fisch. Genau wie er. Das hatte er ihr selbst beigebracht, als sie knapp zwei Jahre alt gewesen war, und darauf geachtet, dass sie auch alles richtig machte. Nur für den Fall, dass sie je in den Pool stürzte oder einen Bauchkrampf bekam und er nicht in der Nähe war, um sie zu retten.
    »Komm, Lyla, wir gehen ins Tiefe. Ich halte dich fest, damit dein Kopf nicht untertaucht.«
    Lyla, die sich am seichten Ende an die oberste Sprosse der Leiter klammerte, stieß sich ab und paddelte auf ihn zu. Für so ein kleines Mädchen war sie wirklich brav. Außerdem lachte sie immer so laut und lustig. Jetzt auch wieder, als sie ihn erreichte und ihm so fest die Arme um den Hals schlang, dass er fast erstickte. Aber er lachte nur. Er spürte gerne ihre pummeligen Ärmchen um sich. Er schob sie nach hinten auf seinen Rücken und fing an, mit vollendet ausgeführten Zügen ins Tiefe zu schwimmen. Schließlich besaß er ein Zeugnis, das ihn als Jugend-Rettungsschwimmer auswies, und wusste deshalb ganz genau, was er tat. Er war der jüngste Teilnehmer im Rettungsschwimmerlehrgang beim Roten Kreuz und außerdem der beste Schwimmer mit der höchsten Punktzahl gewesen. Als er das dicke, verdrehte weiße Tau erreichte, das den Nichtschwimmer- vom Schwimmerbereich trennte, hielt er sich mit beiden Händen fest und spähte durch die dichten roten Rosenbüsche, um festzustellen, ob die Erwachsenen sie beobachteten.
    Sein Dad war damit beschäftigt, auf seinem schicken neuen Grill Hamburger und Riesenhotdogs mit Käse zu braten. Der Grill war grün und hatte die Form eines großen Eis. Seine Mom hatte ihn in einem Spezialgeschäft gekauft und seinem Dad zum Geburtstag geschenkt. Er benutzte ihn sehr gern. Sein Dad hatte sechs Brüder, und jeder von ihnen
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