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Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)

Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)

Titel: Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)
Autoren: Erin Kelly
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Gesicht wusste ich nicht, ob und wie ich seinen Kopf berühren durfte. Also legte ich mich zu ihm auf den Boden und schmiegte mich an seinen Rücken, während er zitterte. Er war so tapfer.
    Im W ellhouse Hospital wartete ich vor dem OP -Saal, und ich war sicher, die Polizei würde Kellaway mit Rowans Hilfe finden, verhaften und vor Gericht stellen.
    » Unzureichendes Beweismaterial« sind die beiden frustrierendsten W örter in der Sprache der Ermittler. Die Polizei zweifelte nicht an dem, was Rowan sagte, aber nach seiner Aussage war Kellaway nicht am Tatort, sondern nur in der Umgebung gewesen. Kellaways Mutter gab ihm ein Alibi, und die Beweislast lag bei Felix. Als er wieder sprechen konnte, wusste er nicht einmal, ob sein Angreifer männlich oder weiblich gewesen war. Er weigerte sich überhaupt, von dem Überfall zu sprechen – es sei denn in äußerst grotesker Art und W eise. Sein Humor richtete sich gegen sich selbst, und er wurde defensiv und sarkastisch.
    Wenn ich Kellaway bis dahin verabscheut hatte, so wurde er jetzt zu einer Obsession.
    Seit dem Überfall kämpften wir natürlich für die Einrichtung von Überwachungskameras in der Cathedral Passage. Tatsächlich hatte es an dieser unübersichtlichen Stelle schon mehrere Überfälle gegeben: ein halbes Dutzend Teenager, ein älterer Gentleman, eine kleine Gruppe von Touristen, die sich abseits der ausgetretenen Pfade bewegt und angesichts gezückter Messer dafür mit ihren Kameras und Brieftaschen bezahlt hatten. Nach und nach gewöhnte ich mich an den Anblick von Polizeiwagen, die das Cathedral Green umrundeten und oft vor unserer Einfahrt parkten, auch wenn ich dafür nicht unempfindlich wurde.
    Eines Abends war ich allein zu Hause. Sophie war in Durham, und Rowan war unterwegs, um Tara und Felix vom Kino abzuholen. Ich hörte einen Schrei hinter dem Haus und eilige Schritte, und ich war gerade noch rechtzeitig am Fenster, um eine Gestalt mit Kapuze zwischen den Platanen weglaufen zu sehen. Dabei ließ sie etwas fallen. Ich kannte das schwarze Sweatshirt mit den neon-orangegelben Paspeln; es gehörte Ricky Jinks, einem hartnäckigen Straftäter und Junkie, der mir aus dem Gericht deprimierend vertraut war. W ie die meisten Drogensüchtigen hatte er die Gewohnheit, in seiner Arbeitskleidung vor Gericht zu erscheinen. Ich verließ das Haus, um der Polizei zu sagen, was ich gesehen hatte, und da kam eine zweite Gestalt zwischen den Bäumen hervor.
    Ich erkannte Kellaway aus der Ferne und auf den ersten Blick. Sein Gesicht beschwor Felix vor mein geistiges Auge, wie er ausgesehen hatte und wie er aussah. In diesem Moment hatte ich das seltsame Gefühl, ich könnte eine von diesen Platanen mit dem Finger umstoßen. Als ich draußen die Treppe hinuntergelaufen war, war Jon Slingsby – Police Constable war er damals – schon dabei, mit dem Jungen zu sprechen. Es gab nichts Einfacheres, als zu sagen, ich hätte ihn vom Tatort weglaufen sehen. Der Donner der Rache übertönte die Stimme der V ernunft, die mir sagte, ich sollte sie auf Jinks hinweisen, bevor er noch einmal zuschlug. Kellaway protestierte, und ich glaube, er war im Begriff, sein früheres V erbrechen zu gestehen, aber er ließ es bleiben. Als er in den Streifenwagen gestopft wurde, schrie er irgendwelchen Unfug über Lachs und behauptete höchst melodramatisch, seine Mutter werde sterben, wenn er nicht nach Hause gehen dürfe.
    Ich ging wieder ins Haus und wartete auf meine Familie. Und jetzt kommt das Sonderbare. Es kam mir nicht vor wie eine Lüge. Ich sagte mir, ich hätte ihn nicht fälschlich bezichtigt, sondern einfach nur getan, was die Polizei vor all den Jahren, als er Felix überfallen hatte, nicht hatte tun können. Schlicht gesagt, ich spielte Gott. Oder Richterin. Eine Nacht in der Zelle war noch eine viel zu geringe Strafe dafür, dass er das Gesicht meines Sohns zerstört hatte. Hatte ich vor, ihn vor Gericht stellen zu lassen? Hätte ich wirklich einen Eid geschworen? Ein Kind belastet? Es ist schwer zu sagen, denn so weit ist es nie gekommen. Ich weiß nur, dass ich in dieser Nacht überraschend leicht einschlief. Jinks verbannte ich vollständig aus meinen Gedanken.
    Der Schrei ertönte kurz nach Mitternacht. Ich wusste, dass es Tara war, bevor ich richtig wach war, ganz so, wie ich es wusste, als sie Babys waren. Überall im Haus und auch in den Nachbarhäusern gingen die Lichter an. Im Nachthemd rannten wir durch den Garten, und in der Cathedral Passage fanden wir unsere
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