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Das Blut Von Brooklyn

Das Blut Von Brooklyn

Titel: Das Blut Von Brooklyn
Autoren: Charlie Huston
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ist das eine ganz normale Sache. Nur leider nicht für Evie.
    Ich könnte sie alle umbringen.
    Sicher, das würde nichts ändern. Zumindest nicht für mein Mädchen, das dort oben auf der AIDS-Station des Beth-Israel-Krankenhauses liegt. Aber ich würde mich besser fühlen. Eine Leiche für jede virusverseuchte Zelle in ihrem Körper, und ich wäre mit der Welt wieder quitt.
    Eine Harley kommt grollend neben mir zum Stehen. Der Fahrer in Ledermontur tippt gegen die Krempe seines Zylinders.
    – Joe.
    Ich blicke noch kurz einem Typen nach, der mit seiner Freundin im Arm an mir vorbeigeht. Sie kichern über irgendeinen Scheiß, den sie wohl für witzig halten. Ich verkneife mir, sie zu fragen, was denn wohl so gottverdammt lustig ist, dann schlendere ich rüber zu Christian.
    – Wie geht’s?
    Er nimmt die Fliegerbrille ab.
    – Da gibt’s eine Sache, um die du dich kümmern solltest. Unterhalb der Houston.
    – Nicht mein Zuständigkeitsbereich.
    Christian nimmt die Zigarette, die ich ihm anbiete. Ich öffne mein Zippo und gebe ihm Feuer.
    – Nicht mehr lange, wie man hört.
    – Was soll das heißen?
    – Soll heißen, dass jeder weiß, dass Terry mit den Gestalten von der anderen Seite der Brücke was am Laufen hat. Diese Hinterwäldler drängen auf das Territorium der Society. Und Terry muss ihnen irgendwo ein Plätzchen verschaffen.
    – Wer hat dir denn das gesteckt?
    Er grinst.
    – Mann, glaubst du im Ernst, Bird kann so nahe an der Pike Street operieren, ohne dass ich oder die Jungs Wind davon kriegen?
    – Und selbst wenn, ich kümmere mich nur um Society-Angelegenheiten.
    Er nimmt einen tiefen Zug.
    – Hast du die alten Zeiten ganz vergessen, Joe?
    Blöde Frage.
    Wie könnte ich die Nacht vergessen, in der ich ihn von der Straße aufgekratzt habe. Die Chinatown Wall hatte ihn und seine Gang durch den Fleischwolf gedreht. Irgendein Arschloch hatte ihm die Venen geöffnet, sein Blut abgezapft und dann infiziert. Dachte wohl, es wäre lustig, mal zu sehen, ob das Vyrus anschlägt und ihn am Leben erhält – oder zumindest in einer Art lebensähnlichem Zustand. Der Idiot dachte wohl, es wäre egal, ob Christian draufgeht oder nicht, denn sollte er überleben, würde er spätestens wegen dem, was sie mit seinen Jungs angestellt hatten, durchdrehen und sich aus Verzweiflung selbst das Licht ausblasen. Doch der Vollidiot hatte nicht damit gerechnet, dass ich daherkomme, die richtige Entscheidung treffe und die ganze Schweinerei beseitige, bevor sich die Cops oder irgendwelche Zivilisten wundern konnten, warum Christian noch am Leben war.
    Ich hätte ihn ausbluten lassen und in den East River schmeißen können – eine weitere Wasserleiche für die Patrouillenboote der Wasserschutzpolizei. Doch mir hat auch mal jemand einen Gefallen getan, und ich dachte einfach, ich wäre der Welt was schuldig. Also hab ich ihn aufgepäppelt, ihm das Wichtigste über das Vyrus beigebracht und ihn dann ziehen lassen.
    Und das Wichtigste hat er schnell kapiert – dass das Vyrus seinen Körper übernommen hat, ihn wachsam, unglaublich kräftig, schnell und jung macht. Vorausgesetzt, er füttert es ordentlich.
    Er stellte die naheliegende Frage.
    Ich gab ihm die einzige Antwort darauf.
    Blut. Menschenblut. So viel wie möglich.
    Ich gab ihm etwas davon. Es schmeckte ihm. Scheiße, es schmeckt uns allen. Nur, dass manche mit der Tatsache nicht klarkommen, dass es ihnen schmeckt. Oder mit dem, was wir tun müssen, um es uns zu verschaffen.
    Du kannst so viele Adern anzapfen, wie du willst. Nimm dir, was du brauchst, und lass es wie einen Raubüberfall aussehen. Oder such dir einen belämmerten Junkie. Versuch’s in einer Blutbank, oder zieh dir einen Arztkittel über und probier’s in einem Krankenhaus. Such dir eine nette Lucy, die so oft wie möglich die Adern für dich öffnet, weil sie dich liebt und weil es ihr gefällt, auf diese Art ausgenutzt zu werden. Leck an deinen eigenen aufgeschlitzten Handgelenken oder saug eine Ratte aus – dann geht’s dir so dreckig wie einem Schiffbrüchigen, der nur Salzwasser säuft. Du kannst alles versuchen, um die eine Sache zu vermeiden, die du unter gar keinen Umständen tun willst. Und am Ende tust du’s doch.
    Sobald du erst mal ein Messer in warme, gesunde Haut gerammt und den heißen Strom lebendigen Bluts auf der Zunge gespürt hast, wirst du dich fragen, warum zum Teufel du so lange gewartet hast.
    Und dann verfluchst du die lange Wartezeit bis zum nächsten Mal. So wenige es
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